OGH 15Os153/14k

OGH15Os153/14k18.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jürgen S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 23. September 2014, GZ 12 Hv 136/11p‑165, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00153.14K.0218.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten enthält, wurde Jürgen S***** des Verbrechens des (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von 1. April 2009 bis 21. Oktober 2010 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Nachstehende durch Täuschung über Tatsachen, nämlich zahlungswilliger und ‑fähiger Vertragspartner zu sein, zur Erbringung von Dienstleistungen und Lieferung von Waren verleitet, die diese in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. „im April 2009 in G***** die F***** Privatstiftung zur Überlassung des Lokals B*****, wobei durch Nicht‑Bezahlung der Pacht und der vereinbarten Verbindlichkeiten ein Schaden von zumindest 100.898,52 Euro verursacht wurde,

2. im August 2010 in G***** die Sp***** GmbH zur Erstellung einer Onlinewerbung und einer Website im Gesamtbetrag (gemeint: Wert) von 4.314,88 Euro,

3. im August 2010 in K***** die P***** GmbH zur Fahrzeugbeschriftung mit Digitaldruck im Wert von 2.192,50 Euro,

4. Im Juli 2010 in K***** das Unternehmen St***** K***** zur Erstellung eines Positionierungsmarketings und Betriebskonzepts im Wert von 8.200 Euro,

5. im September 2010 in K***** die K***** GmbH zur Lieferung eines Satzes Reifen (und Fahrzeugreparaturen; US 9) im Wert von 1.200 Euro,

6. im Mai 2010 in K***** Walter K***** zur Erbringung von Arbeitsleistungen, wodurch ein Schaden in unbestimmter, jedoch zumindest 3.000 Euro übersteigender Höhe verursacht wurde,

7. im Mai 2010 in V***** die Erich H***** GmbH zur Überlassung eines Fahrzeuges der Marke BMW, wodurch ein Schaden in Höhe von zumindest 2.228,50 Euro verursacht wurde“,

8. im Mai 2010 in L***** die Br***** AG zum Abschluss eines Bierabnahmevertrags und zur Überweisung der dafür angefallenen Mehrwertsteuer, wobei Jürgen S***** diesen Betrag nicht an das Finanzamt abführte, sondern andere Verbindlichkeiten damit beglich, wodurch der Br***** AG ein Schaden „in Höhe von 234.747,24 Euro“ entstand.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5, 8 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge zu 1. wurden die Depositionen der Zeugin W***** zum Betrieb des Lokals „B*****“ vom Erstgericht nicht übergangen (Z 5 zweiter Fall); die Tatrichter zogen aus deren Aussage, das Lokal operativ geführt zu haben, jedoch andere Schlüsse (US 6 und 12 f) als sie der Nichtigkeitswerber anstrebt (RIS‑Justiz RS0098471). Gleiches gilt für die Angaben des Zeugen Mag. O***** zur Errichtung des Pachtvertrags, die in die Erwägungen des Erstgerichts einflossen (US 13).

Die Verantwortung des Angeklagten (zu 5.) blieb gleichfalls nicht unerörtert (US 15). Das Detail der Aussage des Zeugen Kurt K*****, der sich ‑ über Nachfrage (ON 149 S 34) ‑ nicht mehr genau erinnern konnte, ob der Angeklagte selbst oder dessen Angestellter Harald M***** ihm den Auftrag für die zwei Fahrzeugreparaturen und den Satz Winterreifen erteilt hatte (US 9), hingegen war nicht gesondert erörterungsbedürftig.

Indem die Rüge (zu 6.) mit dem Hinweis auf Depositionen des Zeugen Walter K*****, er habe als Geschäftsführer selbst Überweisungen für Honorarforerungen vom Geschäftskonto des Angeklagten auf sein eigenes Konto veranlasst (ON 149 S 36), den Bereicherungsvorsatz des Angeklagten verneint, zeigt sie keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auf, sondern kritisiert die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht statthaften Berufung wegen Schuld.

Dem Beschwerdevorbringen (Z 8) zuwider liegt zum Urteilsfaktum 6. auch keine Anklageüberschreitung vor. Nach diesem Schuldspruch hat der Beschwerdeführer (durch Täuschung darüber, zahlungswilliger und ‑fähiger Vertragspartner zu sein) im Mai 2010 in K***** Walter K***** zur Erbringung von Arbeitsleistungen in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag verleitet. In der Anklageschrift vom 3. Oktober 2011 (ON 63) war dem Angeklagten (zu 7.) zur Last gelegt worden, im Mai 2010 in K***** Walter K***** (durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und ‑fähigkeit) zur Gestaltung eines Webauftritts im Wert von 7.000 Euro verleitet zu haben.

Aus der Begründung der Anklageschrift (ON 63 S 4 und 6), die mit dem Tenor eine Einheit bildet (RIS‑Justiz RS0097672), ergibt sich, dass vom Anklagewillen ersichtlich all jene Leistungen umfasst waren, die K***** im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Angeklagten erbrachte. Zu diesen gehörten etwa die Erbringung von EDV‑Dienstleistungen, Unternehmensberatungen und die „Erstellung einer Website und Online-Werbung“ (vgl US 6 f, 14), wobei letzterer Aspekt im Tenor der Anklageschrift illustrativ herausgehoben wurde. Mit der konkreten Umsetzung dieses Projekts wurde dann die Sp***** GmbH beauftragt (jeweils Punkt 2. der Anklageschrift [ON 63 S 2] und des Urteils [US 2, 6 f]). Unter Beachtung des ‑ maßgeblichen ‑ prozessualen Tatbegriffs (vgl hiezu Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 502) liegt somit kein vom Anklagesachverhalt verschiedener Urteilssachverhalt vor.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hält nicht ‑ wie dies bei Geltendmachung materiell‑rechtlicher Nichtigkeit erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0099810) ‑ am festgestellten Sachverhalt fest, wenn sie zu 2. ausführt, dass eine vorsätzliche Täuschungshandlung des Angeklagten, die auf Seiten der S***** GmbH zu einem Irrtum geführt habe, nicht vorliegen könne. Nach den wesentlichen Konstatierungen des Ersturteils täuschte der Angeklagte nämlich Walter K***** darüber, dass die Fr***** AG ein solventes Unternehmen sei, weshalb dieser in der Folge als gutgläubiger Niederlassungsleiter den Auftrag an die S***** GmbH erteilte (US 6 f).

Die zu 5. vermissten Täuschungshandlungen gegenüber Kurt K***** (Täuschung über Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit) befinden sich auf US 1 iVm US 11 und 18.

Indem die Beschwerde zu 6. die Motivation des Zeugen Walter K*****, für den Angeklagten als Geschäftsführer tätig zu werden, thematisiert und davon ausgehend die Ursächlichkeit des Irrtums für die Erbringung von Arbeitsleistungen bestreitet, hält sie neuerlich nicht an den ‑ dazu konträren ‑ Urteilsannahmen fest (US 10 f).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich zu sämtlichen Fakten Urteilsannahmen zu einem Kausalzusammenhang zwischen Täuschungshandlung und Irrtum einerseits und Irrtum und Verhalten des Getäuschten andererseits vermisst, übergeht er die hiezu getroffenen Konstatierungen (US 10 f). Aus welchem Grund es einer individualisierten Feststellung für jede einzelne Tathandlung bedurft hätte, sagt die Rüge nicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte