OGH 20Os10/14t

OGH20Os10/14t29.1.2015

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 29. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Mörth und Dr. Rothner als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, über die Beschwerde des Disziplinarverurteilten gegen den Beschluss des Disziplinarrats der OÖ Rechtsanwaltskammer vom 10. März 2014, AZ D 48/12, TZ 28, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0200OS00010.14T.0129.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass die vom Disziplinarverurteilten zu ersetzenden Verfahrenskosten auf 725,75 Euro herabgesetzt werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Vorsitzende des Disziplinarrats der OÖ Rechtsanwaltskammer ‑ nach Rechtskraft des gegen Mag. ***** ergangenen Disziplinarerkenntnisses vom 17. Dezember 2012, mit dem er auch zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet worden war ‑ gemäß § 41 Abs 2 DSt die vom Disziplinarverurteilten zu ersetzenden Pauschalkosten mit 800 Euro zuzüglich der Barauslagen in Höhe von 25,75 Euro, insgesamt sohin mit 825,75 Euro. Bei der Bemessung des Verfahrensaufwandes ging der Vorsitzende von einem einfachen Vorverfahren und einer Verhandlungsdauer in I. Instanz von 1:40 Stunden und in II. Instanz von 8 Minuten aus und wies darauf hin, dass „der Beschuldigte im Umfang der ihm im Einleitungsbeschluss vorgeworfenen Disziplinarvergehen zur Gänze verurteilt wurde,“ in welchem Verhältnis der Kostenersatz daher aufzuerlegen war.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Disziplinarverurteilten mit dem Antrag, den Pauschalkostenbeitrag auf höchstens 150 Euro herabzusetzen oder ihn in eventu nach Maßgabe des Umfangs und des Ausgangs des Verfahrens neu zu bemessen bzw in diesem Umfang von einem Barauslagenersatz abzusehen.

Der Rechtsmittelwerber verkennt das Wesen des § 41 DSt, wenn er ausführt, dass den Disziplinarbehörden ohnehin keine ‑ nachvollziehbaren - Kosten für das Verfahren entstanden wären. Das System derartiger Kostenpauschalierung ‑ die im zulässigen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt (VfGH B 1666/06) ‑ besteht gerade darin, dass die Kosten nicht für die einzelnen in Anspruch genommenen Leistungen, sondern in einem Gesamtbetrag für das ganze Verfahren errechnet und bestimmt werden, weil das Gesetz nicht konkret die Kosten für jede erdenkliche Leistung der Disziplinarbehörde in exakter Weise festlegt (RIS‑Justiz RS0120524 mwN). Die Pauschalkosten orientieren sich zwar an der tatsächlichen Belastung der im Verfahren tätigen Behörden (OBDK 14 Bkd 18/07; RIS‑Justiz RS0078291). Es spielt aber für die kostenmäßige Berücksichtigung deren Arbeitsaufwandes keine Rolle, ob und in welcher Weise die Tätigkeit des Disziplinarrats und der Anwaltsrichter tatsächlich abgegolten wird (24 Os 4/14i).

Der Beschwerdeführer ist auch im Unrecht, wenn er meint, dass die festgesetzten Pauschalkosten im Verhältnis zur festgesetzten Strafe zu hoch wären. Die Pauschalkosten orientieren sich vielmehr vor allem an dem durch das jeweilige Disziplinarverfahren entstandenen Aufwand, den sie teilweise decken sollen; eine bestimmte Relation (innerhalb der Grenzen des § 41 Abs 2 DSt iVm § 16 Abs 1 Z 2 DSt) zur konkreten Geldstrafe ist aber nicht vorgesehen (Feil/Wennig, Anwaltsrecht8 § 41 DSt, 949; vgl auch VfGH B 13/10; OBDK 14 Bkd 6/13).

Berechtigt ist allerdings der Einwand, dass der bekämpfte Beschluss nicht auf den Ausgang des Verfahrens Bedacht nahm, weil er ausdrücklich darauf abstellte, dass der Disziplinarbeschuldigte im vollen Umfang des Einleitungsbeschlusses verurteilt worden wäre. Das entspricht nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer war nämlich ‑ unbekämpft ‑ bereits vor dem Disziplinarrat von einem von drei Vorwürfen (vgl TZ 15 und 18 der D‑Akten) freigesprochen worden. Das durfte bei der Ermittlung des Ersatzanspruchs nicht unberücksichtigt bleiben (RIS‑Justiz RS0057035).

Nach § 389 Abs 2 StPO, der gemäß § 77 DSt 1990 im Disziplinarverfahren sinngemäß anzuwenden ist, sind nämlich dann, wenn sich das Verfahren auf mehrere Vorwürfe bezieht, die Kosten hinsichtlich derer, deren der Angeklagte nicht schuldig erkannt wird, vom Ersatz auszuscheiden (OBDK 14 Bkd 5/94; 14 Bkd 1/99 ua). Die nach den zitierten Entscheidungen geltende Einschränkung, dass eine solche Vorgangsweise in das pflichtgebundene Ermessen des Gerichts gelegt sei („soweit es tunlich ist“), wurde durch das StPRefBG I 2007 beseitigt, sodass nunmehr eine unbedingte Verpflichtung zur Sonderung besteht (Lendl, WK‑StPO § 389 Rz 12). Ein derartiges Ausscheiden einzelner Kosten kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sie dem freisprechenden Teil der Entscheidung klar zugeordnet werden können. Sonst ist ‑ wie in der Vergangenheit ‑ auf Teilfreisprüche durch eine entsprechend geringere Bemessung des Pauschalkostenbeitrags Rücksicht zu nehmen.

Im Gegenstand hat jenes Faktum des Einleitungsbeschlusses, von dem der Disziplinarbeschuldigte freigesprochen wurde, keine ‑ zumindest keine abtrennbaren - Kosten oder Mehrkosten verursacht. Der Freispruch basierte lediglich auf der interpretativen Würdigung des Inhalts eines Schreibens. Der Pauschalkostenbetrag war somit auf einen nach Maß der gesetzlichen Kriterien angemessenen Betrag von 700 Euro zu reduzieren.

Die tatsächlichen Barauslagen bestehen im Wesentlichen aus den Portogebühren und sind in einer Übersicht in den D‑Akten ohnehin im Detail erfasst worden. Die vorgeschriebenen Barauslagen entsprechen den tatsächlich aufgezeichneten. Eine förmliche Abrechnung einzelner Posten im Rahmen der Kostenentscheidung wird weder vom Gesetz verlangt noch entspricht sie der genannten Pauschalkostenregelung.

Der Beschwerde war sohin nur im spruchgemäßen Ausmaß Folge zu geben.

Stichworte