European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00144.14I.0115.000
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
In dem von der Staatsanwaltschaft Feldkirch zu AZ 11 St 137/14k gegen Uche M***** wegen des Verdachts des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB geführten Ermittlungsverfahren erhob der Beschuldigte am 21. August 2014 „Einspruch wegen Rechtsverletzung“ gegen den am 29. Juli 2014 gestellten Antrag der Staatsanwaltschaft auf kontradiktorische Vernehmung der Zeugin Bianca H***** gemäß § 165 Abs 1 StPO (ON 1 S 1) und eine „Beschwerde“ gegen die am 30. Juli 2014 vom Einzelrichter des Landesgerichts Feldkirch verfügte (ON 1 S 3 und 5), dem Verteidiger (nach dem Stand des VJ‑Registers) durch im elektronischen Rechtsverkehr am 5. August 2014 erfolgte Zustellung einer Ladung bekannt gewordene „Anordnung der kontradiktorischen Zeugenvernehmung“, weil diese einen Eingriff in die Rechte der Verteidigung nach Art 6 EMRK (werde „doch damit den Schöffen in einem allfälligen nachfolgenden Prozess der direkte Eindruck und das Fragerecht gegenüber dem 'Opfer' abgeschnitten“) sowie einen gesetzwidrigen „Entzug des gesetzlichen Richters“ darstelle (ON 7).
Rechtliche Beurteilung
Über diesen ‑ weder gegen die Verweigerung der Ausübung eines Rechts noch gegen die (rechtsverletzende) Anordnung oder Durchführung einer Ermittlungs‑ oder Zwangsmaßnahme durch die Staatsanwaltschaft (§ 106 Abs 1 StPO), sondern gegen einen Antrag der Staatsanwaltschaft auf Durchführung einer gerichtlichen Beweisaufnahme nach § 104 Abs 1 erster Satz StPO gerichteten und somit unzulässigen (§ 107 Abs 1 erster Satz StPO) ‑ Einspruch entschied das Landesgericht Feldkirch mit Beschluss vom 4. September 2014, GZ 27 HR 219/14v (ON 12), irrig in der Sache und gab diesem mit der Begründung nicht Folge, dass mit Blick auf die der Zeugin Bianca H***** zustehende Aussagebefreiung nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO die Voraussetzungen für deren kontradiktorische Vernehmung vorlägen (RIS‑Justiz RS0124478).
Die gegen die Anberaumung der kontradiktorischen Vernehmung gerichtete Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 24. September 2014, AZ 6 Bs 262/14a (ON 17), als verspätet zurückgewiesen.
Diesbezüglich ist anzumerken, dass Anordnung und Ladung zu einer kontradiktorischen Vernehmung keinen mit Beschwerde anfechtbaren Beschluss darstellen (vgl RIS‑Justiz RS0128228). Die in § 87 Abs 2 zweiter Satz StPO normierte Beschwerde steht ‑ entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts ‑ nur gegen die Art der Durchführung zu (sog „Maßnahmenbeschwerde“; vgl Fabrizy, StPO12 § 87 Rz 2; Tipold, WK‑StPO § 87 Rz 21; 14 Os 75/09z = EvBl 2009/162, 1073).
Der gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 4. September 2014 gerichteten Beschwerde des Beschuldigten vom 22. September 2014 (ON 14) gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 10. Oktober 2014, AZ 6 Bs 285/14h (ON 18) ‑ nach ebenfalls verfehlter, jedoch dem Beschuldigten nicht zum Nachteil gereichender inhaltlicher Prüfung ‑ nicht Folge, weil zu besorgen sei, dass die Zeugin in einer Hauptverhandlung von ihrer Aussagebefreiung als Angehörige Gebrauch machen würde und § 165 Abs 4 StPO ihre kontradiktorische Vernehmung als Opfer eines angeblichen Sexualverbrechens vorschreibe. Eine Einschränkung des ‑ durch die kontradiktorische Vernehmung garantierten ‑ Fragerechts des Beschuldigten finde nicht schon durch diese statt. Die durch Interessen des Opferschutzes gerechtfertigte Einschränkung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes betreffe nur die Hauptverhandlung (BS 4 f).
Gegen diesen Beschluss richtet sich der am 5. November 2014 beim Obersten Gerichtshof eingebrachte, auf eine Verletzung des Art 6 EMRK gestützte Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO.
Der Antrag des Uche M***** auf Erneuerung des Strafverfahrens ist unzulässig, weil § 363a Abs 1 StPO auf eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichts, nicht aber auf einen ‑ gerade auf gerichtliche Entscheidung zielenden ‑ Antrag einer Staatsanwaltschaft abstellt, woran auch ein darauf bezogener ‑ wie dargestellt nicht zulässiger ‑ „Einspruch wegen Rechtsverletzung“ nichts zu ändern vermag (vgl 13 Os 51/14w). Ein Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens steht daher insoweit nicht zu (vgl RIS‑Justiz RS0128957).
Der Erneuerungsantrag war somit ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung als unzulässig zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO).
Mangels Präjudizialität („von Teilen“) des § 165 StPO besteht kein Anlass für das angeregte Vorgehen gemäß Art 89 Abs 2 B‑VG (Mayer, B‑VG4 Art 89 Anm II.1. ff).
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