OGH 11Ns58/14i

OGH11Ns58/14i25.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführer in der Strafsache gegen Richard R***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 62 Hv 12/14x des Landesgerichts Salzburg über Vorlage durch das Oberlandesgericht Linz, AZ 8 Bs 158/14p, gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0110NS00058.14I.1125.000

 

Spruch:

Die Sache wird dem Oberlandesgericht Wien zur Zuweisung an das zuständige Gericht übermittelt.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit der beim Landesgericht Salzburg zu AZ 62 Hv 12/14x eingebrachten Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft Salzburg Richard R***** als Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (I) sowie als Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1, Abs 2 StGB (II), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB (III) und der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1, Abs 5 Z 3, 4, 5 StGB (IV) beurteilte Verhaltensweisen zur Last (ON 83).

Danach hat er ‑ soweit hier von Bedeutung ‑ als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D***** GmbH mit Sitz in St. V***** „versucht“, mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorspiegelung, über eine Sicherheit des B***** AG Wien zu verfügen, und somit zahlungsfähiger und zahlungswilliger Vertragspartner zu sein, Verfügungsberechtigte der in W***** etablierten J***** GmbH zu einer Handlung zu verleiten, die diese oder einen anderen in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigt, und zwar zum Abschluss eines Beratungs‑ und Vermittlungsvertrags über eine Finanzierung in der Höhe von 2,7 Millionen Euro, wobei den Verfügungsberechtigten der J***** GmbH ein Schaden von 171.460,16 Euro entstand.

Ein Einspruch gegen die dem Verteidiger am 7. März 2014 zugestellte Anklageschrift wurde nicht erhoben.

Am 18. September 2014 legte der Vorsitzende des Schöffengerichts die Akten wegen Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts Salzburg gemäß § 213 Abs 6 StPO dem Oberlandesgericht Linz vor und wurden von diesem ‑ weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei ‑ nach Verneinung der Einspruchsgründe nach § 212 Z 1 bis Z 4 und Z 7 StPO ‑ gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz (iVm § 213 Abs 6 dritter Satz) StPO am 3. November 2014 dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

Gemäß § 36 Abs 3 StPO ist für das Hauptverfahren primär das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Tat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Nach § 37 Abs 1 erster Satz StPO ist im Fall gleichzeitiger Anklage einer Person wegen mehrerer Straftaten das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen. Dabei ist gemäß § 37 Abs 2 erster Satz StPO unter Gerichten verschiedener Ordnung das höhere Gericht zur Führung aller Verfahren zuständig (RIS‑Justiz RS0124935, RS0125227). Da lediglich die als Betrug angeklagte Straftat in den Anwendungsbereich des § 31 Abs 3 StPO fällt, ist der Ort der betrügerischen Tatbegehung zuständigkeitsbe-gründend.

Gemäß § 67 Abs 2 StGB hat der Täter eine mit Strafe bedrohte Handlung an jedem Ort begangen, an dem er gehandelt hat oder handeln hätte sollen oder ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist oder nach den Vorstellungen des Täters eintreten hätte sollen.

Tathandlung beim hier maßgeblichen Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB ist die Täuschungshandlung, also ein Verhalten, das in der Abgabe einer unwahren Erklärung gegenüber einem anderen besteht (Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 17; RIS‑Justiz RS0126858). Die in den Akten befindliche Kopie des Beratungs‑ und Vermittlungsvertrages weist als Ort der Vertragsunterzeichnung Wien aus (ON 26 S 167). Demnach ist von der Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht nach § 37 Abs 2 erster Fall StPO auszugehen. Soweit der Angeklagte in seiner zur Frage der Zuständigkeit abgegebenen Stellungnahme behauptet, der Vertrag sei nicht in Wien unterschrieben worden, stimmt dies mit der Aktenlage nicht überein (ON 26 S 167). Entgegen dem weiteren Vorbringen ist nicht die unterlassene Zahlung, sondern die dieser vorgelagerte Täuschung über die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit tatbildlich.

Demnach war die Sache dem Oberlandesgericht Wien zu übermitteln, das gemäß § 215 Abs 4 erster Satz StPO die Sache dem zuständigen Landesgericht zuzuweisen hat.

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