OGH 5Ob126/14m

OGH5Ob126/14m18.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache zur Herstellung der Anlage „L***** Straße km 21,760 ‑ km 21,820“ nach den §§ 15 ff LiegTeilG über den Revisionsrekurs des Liegenschaftseigentümers Heinz V*****, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OG in Eisenstadt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 7. Mai 2014, AZ 13 R 237/13w, mit dem infolge Rekurses des Liegenschaftseigentümers Heinz V***** der Beschluss des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 13. November 2013, TZ 2340/13 (7 Nc 100/11t), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in der Abweisung des Einspruchs des Liegenschaftseigentümers Heinz V***** gegen die lastenfreie Abschreibung des Grundstücks 744/4 zur EZ 2 (Eigentümer: Land Burgenland) bestätigt.

Hinsichtlich des Einspruchs gegen die lastenfreie Abschreibung des Grundstücks 744/3 zur EZ 1 (Eigentümerin: Gemeinde A*****) werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Dem Erstgericht wird in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Das Vermessungsamt N***** legte dem Erstgericht am 1. 6. 2011 den Anmeldungsbogen AZ A 273/2011 betreffend die Herstellung einer Straßenanlage, den Plan vom 8 10. 2010 sowie den Bescheid vom 16. 5. 2011 vor und bestätigte gemäß § 16 LiegTeilG, dass die Straßenanlage errichtet wurde.

Das Erstgericht verbücherte den Anmeldungsbogen antragsgemäß und ordnete ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren relevant ‑ die lastenfreie Abschreibung des Grundstücks 744/3 zur EZ 1 (Eigentümerin: Gemeinde A*****) sowie des Grundstücks 744/4 zur EZ 2 (Eigentümer: Land Burgenland) an.

Gegen diesen Beschluss erhob der Liegenschaftseigentümer Einspruch im Sinn des § 20 LiegTeilG mit der Behauptung, es sei kein Einvernehmen mit der Gemeinde A***** und dem Land Burgenland über die Rechtsabtretung hergestellt worden. Ein formelles Enteignungsverfahren sei nicht durchgeführt worden.

Das Amt der burgenländischen Landesregierung legte eine Zustimmungserklärung vom 7. 10. 2010 vor, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

„ZUSTIMMUNGSERKLÄRUNGEN

VERZEICHNIS der EIGENTÜMER

gemäß § 15 ff LTG

Die im nachstehenden Verzeichnis unterfertigten Eigentümer bestätigen den in der Natur festgelegten und im zugehörigen Grenzverhandlungsprotokoll beschriebenen Grenzverlauf und stimmen einer Durchführung gemäß den Sonderbestimmungen des § 15 ff LTG zu. Die fehlenden Zustimmungserklärungen waren nicht zu erlangen.“

Unter diesem Text finden sich jeweils in Spalten die betroffenen Grundstücksnummern, Name, Geburtsdatum und Anschrift des Eigentümers sowie dessen eigenhändige Unterschrift. Es handelt sich um ein Formular des zuständigen Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen (Vermesser), der die Urkunde stempelte und unterfertigte.

Nach Vorlage dieser Erklärung brachte der Liegenschaftseigentümer vor, dass er dem neuen Grenzverlauf zugestimmt habe und die neuen Grenzen als unstrittig anerkenne. Es sei aber keine wirksame Einigung über den von der Gemeinde A***** zu zahlenden Abtretungspreis erzielt worden. Deren Bürgermeister habe ihm mündlich zugesagt, dass er für die Abtretung ins öffentliche Gut als Gegenleistung insgesamt 11.418,45 EUR erhalten solle. Nur aufgrund dieser Zusicherung habe er die vorliegende Zustimmungserklärung unterschrieben. Diese mündliche Vereinbarung sei jedoch nicht rechtsgültig zustande gekommen, weil sie im Gemeinderat weder vorgelegt noch genehmigt worden sei. Die mündlich geschlossene Vereinbarung wäre aber jedenfalls genehmigungsbedürftig gewesen. Die Zustimmung zur Durchführung des Verfahrens nach den §§ 15 ff LiegTeilG sei durch einen von der Gemeinde veranlassten Irrtum herbeigeführt worden. Der Liegenschaftseigentümer sei im Glauben belassen worden, es läge eine rechtsgültige Vereinbarung vor.

Das Erstgericht wies den Einspruch des Liegenschaftseigentümers ab und verwies auf die Zustimmungserklärung im Sinn des § 43 Abs 6 Vermessungsgesetz (VermG), auf die als Willenserklärung die §§ 869 bis 875 ABGB anzuwenden seien. Bei der einvernehmlichen Festlegung der Grenze handle es sich um einen außergerichtlichen Vergleich nach § 1380 ABGB, wenn alle Eigentümer der an das umzuwandelnde Grundstück angrenzenden Grundstücke entsprechende Zustimmungserklärungen abgäben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Liegenschaftseigentümers nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Rechtlich folgerte es zusammengefasst, § 20 Abs 1 LiegTeilG beschränke den mit der Grundbuch‑Novelle (GB‑Nov) 2008 eingeführten Einspruch des Buchberechtigten inhaltlich dahingehend, dass dieser nur das fehlende Einvernehmen bzw die fehlende Enteignung aufzeigen könne. Wenngleich vielfach im Rahmen der Einigung über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust auch eine Vereinbarung über eine allenfalls zu leistende Ablöse getroffen werde, so lasse sich dem Gesetz die mangelnde Einigung über eine allenfalls zu zahlende Ablöse nicht als Einspruchsgrund entnehmen. Insbesondere die Errichtung einer Straße könne für den angrenzenden Grundeigentümer schon allein dadurch Vorteile bringen, dass sein Grundstück mit einer besseren Zufahrt versorgt werde, weshalb auch unentgeltliche Grundabtretungen denkbar wären und eine Geldablöse mit der Grundabtretung nicht zwingend verbunden sein müsse. Im vorliegenden Fall behaupte der Liegenschaftseigentümer lediglich einen Irrtum über die Gültigkeit der Zusage einer Ablöse, welche ihn zur Einwilligung veranlasst habe. Selbst die Annahme eines derartigen Irrtums mache die erteilte Zustimmung jedoch nicht unwirksam. Der Abschluss eines synallagmatischen Vertrags ‑ Grundabtretung gegen Gegenleistung ‑ werde nicht behauptet. Eine Anfechtung einer allenfalls irrtümlich erklärten Zustimmung müsse im streitigen Verfahren erfolgen und nicht im außerstreitigen Verfahren über den Einspruch des Liegenschaftseigentümers.

Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, wie der Begriff „Einvernehmen“ auszulegen sei und ob im Einspruchsverfahren auch Willensmängel behauptet werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Der nicht beantwortete Revisionsrekurs des Liegenschaftseigentümers ist aus dem vom Rekursgericht angegebenen Grund zulässig. Er ist auch teilweise berechtigt.

1. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ausschließlich der Einspruch des Eigentümers gegen die vom Erstgericht angeordnete lastenfreie Abschreibung von Grundstücksteilen nach den Sonderbestimmungen der §§ 15 ff LiegTeilG für die Verbücherung einer in der Natur bereits vollendeten Straßenanlage.

2. Die Bedeutung dieser Sonderbestimmungen liegt darin, dass in der Natur schon vollzogene Besitzänderungen im Grundbuch nachvollzogen werden sollen. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Anmeldungsbogens die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Grundabtretungen, Ablösen und Besitzübertragungen bereits geregelt sind. Die Grundbuchsordnung soll rasch und kostengünstig hergestellt werden (5 Ob 108/06b).

3. Die GB‑Nov 2008, BGBl I 2008/100, brachte eine wesentliche Änderung des Rechtsschutzes der Beteiligten. Seit der Entscheidung 5 Ob 108/06b = NZ 2007/677 [zust Hoyer] stand dem Buchberechtigten auch noch im Rekursverfahren der Einwand offen, es sei weder Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust noch ein Enteignungsverfahren erfolgt. Werde ein solcher Einwand erhoben, habe das Grundbuchsgericht den Beteiligten die Möglichkeit zu eröffnen, das erzielte Einvernehmen oder das erfolgte Enteignungsverfahren urkundlich nachzuweisen. Unterbleibe dieser Nachweis, habe das Grundbuchsgericht gemäß § 28 LiegTeilG die Herstellung der Grundbuchsordnung zu veranlassen (5 Ob 126/08b; 5 Ob 192/09k; vgl Rassi, Judikaturwende im Sonderverfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG, Zak 2007, 247 ff).

4. Anstelle der vom Obersten Gerichtshof in 5 Ob 108/06b vorgezeichneten Lösung eines mehrseitigen Rekurses mit Neuerungserlaubnis wählte der Gesetzgeber der GB‑Nov 2008 einen anderen Weg: Auch im Bereich des Sonderverfahrens wurde die Möglichkeit des Einspruchs als demonstrativer Rechtsbehelf geschaffen.

5. Nach § 20 Abs 1 Satz 1 GBG idF der GB‑Nov 2008 kann der Eigentümer oder ein Buchberechtigter, der behauptet, durch die bücherliche Durchführung der Änderungen in seinen bücherlichen Rechten verletzt zu sein, weil weder Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw ein Rechtsverlust besteht, noch ein förmliches Enteignungsverfahren durchgeführt wurde, innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Beschlusses Einspruch erheben. Über den Einspruch hat das Gericht nach § 20 Abs 1 Satz 3 iVm § 14 Abs 1 zweiter bis fünfter Satz und Abs 2 LiegTeilG von Amts wegen nach den Grundsätzen des Außerstreitverfahrens zu entscheiden (5 Ob 134/11h, 135/11f).

6. Die Materialien (542 BlgNR 23. GP, 12 ff) begründen diese Neuregelung damit, dass ein Ergebnis erzielt wird, das den Besonderheiten des vereinfachten Verfahrens besser gerecht wird als das Ergebnis, das nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 108/06b) aufgrund der geltenden Rechtslage erzielt werden kann: Nach dieser Entscheidung wären nämlich im ergänzten Verfahren die rechtlichen Voraussetzungen vor dem Erstgericht urkundlich nachzuweisen. Dies hätte ‑ mangels auf diesen Fall anzuwendender Sonderbestimmungen ‑ im Grundbuch-verfahren zu geschehen; die vorzulegenden Urkunden müssten die grundbuchsrechtlichen Erfordernisse der §§ 26 ff GBG erfüllen. Nach der Neuregelung entscheide das Grundbuchsgericht hingegen im Verfahren Außerstreitsachen; die rechtlichen Voraussetzungen können daher ohne die strengen urkundlichen Erfordernisse des Grundbuchverfahrens nachgewiesen werden. Insbesondere könne eine Einigung unter den Beteiligten angestrebt werden.

7. Die GB‑Nov 2012, BGBl I 2012/30, ließ diese Regelung unverändert. Lediglich der letzte Satz des § 20 Abs 1 LiegTeilG wurde geringfügig dahingehend geändert, dass nach rechtskräftiger Stattgebung des Einspruchs von Amts wegen der Grundbuchsstand nur hinsichtlich des Grundstücks (zuvor nur im Grundbuchskörper) wiederherzustellen ist, an dem die bücherlichen Rechte des Einspruchs bestehen.

8. Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits zitierten Entscheidung 5 Ob 134/11h zum Einspruchsverfahren nach § 20 Abs 1 LiegTeilG idF der GB‑Nov 2008 klargestellt, dass die Einwendungen beschränkt sind: Nur das Fehlen des Einvernehmens bzw die fehlende Enteignung kann aufgezeigt werden. Der Oberste Gerichtshof erachtete eine von den Einspruchswerbern und dem damaligen Bürgermeister der antragstellenden Gemeinde unterfertigte sowie vom zuständigen Vermesser gestempelte und unterfertigte Zustimmungserklärung als ausreichenden Nachweis für eine erzielte Einigung über die Grundabtretung, zumal die Einspruchswerber ihr Vorbringen in ihren Rekursen nicht aufrecht erhalten hätten, dass sie ihre Zustimmungen nicht „vorbehaltlos“ erklärt, sondern von einer „Gesamtlösung“ abhängig gemacht hätten. Vielmehr würde eine Einigung gar nicht mehr grundsätzlich, sondern nur insoweit bestritten, als sich die Zustimmungserklärung nur auf eine von zwei Vermessungsurkunden beziehen solle. Dies sei aber nicht relevant, weil die Anspruchswerber nach dem Inhalt ihrer Zustimmungserklärung den Grundabtretungen entsprechend dem Grenzverlauf einer bereits errichteten Weganlage in der Natur zugestimmt hätten. Eine inhaltliche Unrichtigkeit der Vermessungsurkunde im Sinne eines Abweichens vom tatsächlichen Grenzverlauf behaupteten sie nicht. Mangels entsprechenden Vorbringens zu einer mangelnden Einigung über die Grundabtretung erübrige sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Behauptung über eine angebliche Irreführung der Einspruchswerber überhaupt als taugliches Vorbringen des mangelnden Einvernehmens über die Abtretung angesehen werden könne.

9. Zunächst unterscheidet sich die vorliegende schriftliche Zustimmungserklärung im vorliegenden Fall schon dadurch, dass sie nur vom Einspruchswerber und dem Vermesser, nicht aber vom Antragsteller, dem Land Burgenland oder der Gemeinde (deren vertretungsbefugten Organen) als von der Rechtsabtretung Begünstigten unterfertigt wurde. Zudem hat der Einspruchswerber seine erstinstanzliche Behauptung der mündlichen Zusage einer Gegenleistung durch den Bürgermeister der betroffenen Gemeinde und des Fehlen einer rechtsgültigen Vereinbarung mangels Zustimmung des Gemeinderats auch im Rechtsmittelverfahren aufrechterhalten. Auch wenn in seinen weiteren Ausführungen von einer Irreführung bei Abgabe der Zustimmungserklärung die Rede ist, ist sein Vorbringen entgegen der Auffassung des Rekursgerichts so zu interpretieren, dass er und die Gemeinde eine Vereinbarung mit einer Art Leistungsaustausch (Zustimmung gegen Zahlung eines Abtretungspreises und Ersatz der Wiederherstellungskosten des Gehsteigs) getroffen haben sollen.

10. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob dieses Vorbringen das Fehlen eines Einvernehmens über die Rechtsabtretung begründen kann.

11. Das Gesetz definiert den Begriff „Einvernehmen“ selbst nicht. Auch die Materialien geben dazu keine Auskunft. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Anmeldungsbogens im Sonderverfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Grundabtretungen, aber auch Ablösen bereits geregelt sind (siehe oben Punkt 2). Diese Erwägungen sprechen dafür, dass das im LiegTeilG geforderte Einvernehmen eine Einigung des Eigentümers oder sonstiger Buchberechtigten mit demjenigen erfordert, zu dessen Gunsten das entsprechende Trennstück ab‑ und zugeschrieben werden soll. Macht ein Grundstückseigentümer seine Zustimmung zur lastenfreien Abschreibung von einer Gegenleistung (wie hier Zahlung eines marktkonformen Abtretungspreises und Ersatz sonstiger Aufwendungen) abhängig und wird dieser Forderung zugestimmt, dann besteht das Einvernehmen in dieser Gesamtlösung. Die Zustimmungserklärung ist demnach nicht isoliert zu betrachten.

12. Zu klären bleibt, ob eine Rechtsunwirksamkeit oder Anfechtbarkeit einer solchen Vereinbarung das „Einvernehmen“ beseitigt und dies im Einspruchsverfahren nach § 20 LiegTeilG geltend gemacht werden kann.

13. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bindet eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters mangels Vertretungsbefugnis die Gemeinde grundsätzlich nicht (RIS‑Justiz RS0014664). Hat der Bürgermeister ohne Vertretungsmacht gehandelt, war das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam. Es kann aber nach der auch für Gemeinden geltenden Regel des § 1016 ABGB auch nachträglich genehmigt und geheilt werden (RIS‑Justiz RS0014709). Voraussetzung einer derartigen Genehmigung ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung unter anderem, dass dem unwirksam Vertretenen (dem Gemeinderat als vertretungsbefugten Organ der Gemeinde) bekannt war, dass der Bürgermeister im Namen der Gemeinde ein Geschäft abgeschlossen hat und dass der Vorteil aus diesem Geschäft stammt. Der Vertretene muss daher Kenntnis vom Geschäftsabschluss als Quelle des Vorteils haben und sich diesen Vorteil zuwenden (RIS‑Justiz RS0014699; 9 ObA 9/09b mwN). Die Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters durch die Gemeindeordnung wirkt grundsätzlich gegen jeden Dritten (RIS‑Justiz RS0014699 [T11]).

14. Nach den Zielsetzungen der GB‑Nov 2008, die den Rechtsschutz betroffener Grundeigentümer und sonstiger Buchberechtigter im Sonderverfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG verbessern wollte, steht Grundeigentümern und Buchberechtigten nach Ansicht des erkennenden Senats im Einspruchsverfahren nach § 20 LiegTeilG auch der Einwand offen, ein Einvernehmen läge deshalb nicht vor, weil eine getroffene Vereinbarung mangels erforderlicher Genehmigung des Gemeinderats rechtsunwirksam sei.

15. Diese Behauptung ist aber von der Geltendmachung eines Irrtums bei Abgabe einer Zustimmungserklärung zu unterscheiden. Im ersten Fall der fehlenden Vertretungsbefugnis ist die Vereinbarung noch nicht rechtswirksam zustande gekommen, während eine irrtümliche Vereinbarung anfechtbar ist und erst durch die erfolgreiche Irrtumsanfechtung ex tunc beseitigt wird. Für eine Anfechtung nach den §§ 870 ff ABGB ist das Einspruchsverfahren nicht vorgesehen, weil es ‑ abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Enteignung ‑ auf eine Frage beschränkt ist: Wurde das Einvernehmen erzielt oder nicht.

16. Aus diesen Erwägungen ist im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob ‑ wie vom Einspruchswerber behauptet ‑ tatsächlich eine Vereinbarung mit dem Bürgermeister geschlossen wurde und diese nach den maßgeblichen Bestimmungen der Gemeindeordnung vom Gemeinderat genehmigt werden musste. Sollte dieser Kenntnis von der Vereinbarung gehabt haben, kommt auch eine Heilung durch Vorteilszuwendung in Betracht, weil die Gemeinde sich nicht gegen die lastenfreie Zuschreibung zu ihren Gunsten gewendet hat.

17. Auf eine fehlende Einigung mit dem Land Burgenland hat sich der Liegenschaftseigentümer hingegen nicht ausreichend konkret berufen. Es war immer nur von einer Zusage mit dem Bürgermeister der Gemeinde die Rede und nicht von einer Ablösevereinbarung für die Abtretung des Grundstücks 744/4 (im Ausmaß von 23 m²) an das Land Burgenland.

18. In diesem Umfang haben die Vorinstanzen den Einspruch zu Recht abgewiesen, weil ein konkretes Vorbringen zu einer „eingeschränkten“ schriftlichen Zustimmungserklärung fehlte.

19. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG. Kosten wurden nur im Revisionsrekurs verzeichnet.

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