OGH 18ONc5/14a

OGH18ONc5/14a13.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Hoch, Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Lovrek als weitere Richter in der Schiedsrechtssache der schiedsklagenden Parteien 1. H* Betriebsführungs GmbH und 2. DDr. G*, beide *, beide vertreten durch Bartl & Partner Rechtsanwälte KG in Graz, gegen die schiedsbeklagten Parteien 1. H* Beteiligungs GmbH und 2. H* Holding Gesellschaft m.b.H., beide *, beide vertreten durch Konrad & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung und Genehmigung, über die Ablehnung der Schiedsrichter Dr. *, Univ.‑Prof. Dr. * und Hon.‑Prof. DDr. * durch die schiedsbeklagten Parteien (§ 589 Abs 3 ZPO) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:E109349

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Ablehnung der Schiedsrichter Dr. *, Univ.‑Prof. Dr. * und Hon.‑Prof. DDr. * wird zurückgewiesen.

Die schiedsbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den schiedsklagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 4.082,34 EUR (darin 680,03 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des gerichtlichen Ablehnungsverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Mit Abtretungsvertrag vom 16. Jänner 2012 traten die nun schiedsklagenden Parteien (im Folgenden: „klagende Parteien“) ihre Anteile an verschiedenen Gesellschaften um einen Preis von 2.200.000 EUR an die erstschiedsbeklagte Partei ab. Zur Besicherung des Abtretungspreises verpfändeten die nun schiedsbeklagten Parteien (im Folgenden: „beklagte Parteien“) als Pfandbestellerinnen mit Pfandvertrag vom 29. Februar 2012 den klagenden Parteien als Pfandgläubigern Geschäftsanteile an sieben Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Kommanditanteile an drei Kommanditgesellschaften. In Punkt 10. des Pfandvertrags kamen die Vertragsparteien überein, dass die Pfandgläubiger im Verzugsfall das Recht haben, die verpfändeten Gesellschaftsanteile zu verwerten. Vor jeder Verwertung durch die Pfandgläubiger ist ein Schiedsverfahren gemäß §§ 577 ff ZPO abzuführen, das zu überprüfen hat, ob der Verzugsfall bei der Rückzahlung des durch die Pfänder besicherten Darlehens eingetreten ist; wird dieser Verzug festgestellt, hat das Schiedsgericht die Verwertung freizugeben.

Mit ihrer Schiedsklage leiteten die klagenden Parteien ein ad hoc-Schiedsverfahren ein und machten als Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. *sowie einen Ersatzmann namhaft. Für die beklagten Parteien wurde vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz (Beschluss vom 17. Dezember 2013, 10 Nc 5/13g) em. Univ.‑Prof. Dr. * und als dessen Ersatzmann Hon.‑Prof. DDr. * als Schiedsrichter bestellt (§ 587 Abs 2 Z 4 ZPO). Die beiden Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * und em. Univ.‑Prof. Dr. * bestellten am 14. Jänner 2014 Dr. * als Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Am 10. April 2014 gab der em. Univ.‑Prof. Dr. * bekannt, dass er sein Schiedsrichteramt wegen Erkrankung zurücklege. Daraufhin konstituierte sich das Schiedsgericht am 24. April 2014 in der Zusammensetzung Dr. * (Vorsitzender), Univ.‑Prof. Dr. * und Hon.‑Prof. DDr. *.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 lehnten die beklagten Parteien den Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * als befangen ab (erster Ablehnungsantrag). Dieser sei bis zumindest Herbst 2013 rechtsberatend für den Zweitkläger tätig gewesen, was er nicht offen gelegt habe. Des weiteren seien der Zweitkläger und der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * Mitglieder verschiedener Rotary Clubs in Graz, was ebenfalls nicht offengelegt worden sei. Aufgrund dieser Nahebeziehungen und der Unterlassung ihrer Offenlegung bestünden berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 wies das Schiedsgericht ‑ nach Einholung von Äußerungen des abgelehnten Schiedsrichters und der klagenden Parteien ‑ diesen ersten Ablehnungsantrag zurück. Abgesehen davon, dass den beklagten Parteien die (ursprüngliche) Zusammensetzung des Schiedsgerichts mit Univ.‑Prof. Dr. * bereits am 14. März 2013 bekanntgegeben worden sei, seien die im Schriftsatz vom 10. Juni 2014 dargelegten Gründe insgesamt nicht geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters hervorzurufen. Die bloße Mitgliedschaft in verschiedenen Rotary‑Clubs begründe ebenso wie eine viele Jahre zurückliegende Rechtsberatung noch keine Befangenheit.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2014 lehnten die beklagten Parteien den gesamten Schiedsrichtersenat als befangen ab (zweiter Ablehnungsantrag). Nach dem (ersten) Ablehnungsantrag vom 10. Juni 2014 hätten offenkundig unmittelbare verfahrensrelevante Kontakte zwischen dem Schiedsrichtersenat und den klagenden Parteien stattgefunden, ohne die beklagten Parteien darin zu involvieren, ihre Zustimmung zu dieser „ex parte‑Kommunikation“ einzuholen oder die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen. Es sei nicht auszuschließen, dass es nicht bereits zuvor direkte Kontakte zwischen dem Schiedssenat und den klagenden Parteien ohne Involvierung der beklagten Parteien gegeben habe. Jedenfalls sei zu besorgen, dass sich der Schiedssenat aufgrund dieser und allenfalls weiterer ex parte-Kommunikation eine vorgefasste Meinung in dem zu entscheidenden Rechtsstreit gebildet habe.

Mit Beschluss vom 11. Juli 2014 wies das Schiedsgericht auch diesen (zweiten) Ablehnungsantrag zurück. Die geltend gemachten Ablehnungsgründe lägen nicht vor.

Mit dem am 4. August 2014 beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Ablehnungsantrag begehren die beklagten Parteien als Antragstellerinnen unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Schiedsgerichts vom 7. Juli 2014 und vom 11. Juli 2014, der Ablehnung der Schiedsrichter Dr. *, Univ.‑Prof. Dr. * und Hon.‑Prof. DDr. * stattzugeben. Inhaltlich wurden die gegenüber dem Schiedsgericht geltend gemachten Ablehnungsgründe wiederholt. Eine Verwaltungsassistentin habe bestätigt, dass es bis Frühjahr 2013 regelmäßige geschäftliche Kontakte zwischen dem Zweitkläger und dem Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * gegeben habe. Der Vorwurf des Schiedsrichters, bei den geltend gemachten Ablehnungsgründen handle es sich um „haltlose Unterstellungen“, zeige, dass der Schiedsrichter nicht (mehr) unvoreingenommen sei. Dieser Umstand sei Gegenstand eines neuen, am 22. Juli 2014 an das Schiedsgericht gerichteten Ablehnungsantrags der beklagten Parteien gegen Univ.‑Prof. Dr. *.

In ihrer am 22. August 2014 eingebrachten Äußerung sehen die klagenden Parteien als Antragsgegner das Ablehnungsrecht als verwirkt an. Spätestens mit Zustellung des Beschlusses des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Dezember 2013 hätten die beklagten Parteien Kenntnis von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts gehabt und einen Ablehnungsantrag hinsichtlich des gesamten Senats binnen vier Wochen einbringen müssen. Im Übrigen würden die Ablehnungsgründe nicht vorliegen. Zwischen den klagenden Parteien und dem Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * bestehe kein privater Kontakt und es habe ein solcher auch nicht bestanden. Der Schiedsrichter habe alle Umstände offengelegt, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erwecken könnten. Eine einmalige und vor Jahren vorgenommene rechtsberatende Tätigkeit für den Zweitkläger und Herrn F*, den Geschäftsführer der beklagten Parteien, begründe noch keine Befangenheit. Die Behauptung eines intensiven Kontaktes zwischen dem Zweitkläger und dem Schiedsrichter sei unrichtig. Auch über die Rotary Clubs bestehe kein Naheverhältnis. Eine Mehrzahl von Richtern könne nur abgelehnt werden, wenn für jeden einzelnen konkrete Ablehnungsgründe gegeben seien; die bloße Befürchtung einer ungünstigen allgemeinen Stimmung reiche nicht als Ablehnungsgrund aus. Eine „ex parte-Kommunikation“ zwischen dem Schiedssenat und den klagenden Parteien habe nicht stattgefunden; der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * habe verfahrensregelkonform über Auftrag des Vorsitzenden eine Äußerung abgegeben.

Der Obmann des Schiedsgerichts weist in seiner am 10. September 2014 eingebrachten Stellungnahme darauf hin, dass seines Erachtens der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * sämtliche Umstände offen gelegt habe, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit wecken könnten. Die Verwaltungsassistentin habe in ihrer Erklärung lediglich festgehalten, dass der Zweitkläger und der Schiedsrichter offenbar in geschäftlichem Kontakt gestanden seien, und somit nur Vermutungen geäußert, die in Widerspruch zur Stellungnahme von Univ.‑Prof. Dr. * stünden. Zwischen dem Schiedsrichtersenat und dem Zweitkläger hätten keine verfahrensrelevanten Kontakte stattgefunden. Der erste Ablehnungsantrag der beklagten Parteien sei dem Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * und den klagenden Parteien zur Äußerung zugestellt worden; die Beschlussfassung des Senats sei nach Einlangen der Stellungnahmen des Schiedsrichters und der klagenden Parteien ergangen. Die in den Raum gestellte „ex parte-Kommunikation“ habe es nicht gegeben.

Aufgrund der von den schiedsbeklagten Parteien vorgelegten Urkunden

‑ Ablehnung eines Schiedsrichters vom 10. Juni 2014 (Blg ./A)

‑ Beschluss des Schiedsgerichts vom 7. Juli 2014 (Blg ./B)

‑ Ablehnung der Schiedsrichter vom 11. Juli 2014 (Blg ./C)

‑ Beschluss des Schiedsgerichts vom 11. Juli 2014 (Blg ./D)

‑ Neuerliche Ablehnung eines Schiedsrichters vom 22. Juli 2014 (Blg ./E)

‑ Pfandvertrag vom 20. Februar 2012 (Blg ./F)

‑ Entwurf eines Schiedsrichtervertrags (Blg ./G)

‑ Stellungnahme des Schiedsrichters Univ.‑Prof. Dr. *vom 24. Juni 2014 (Blg ./H)

‑ Eidesstättige Erklärung der A* vom 16. Juli 2014 (Blg ./i)

‑ E-Mail des Univ.‑Prof. Dr. * an den Beklagtenvertreter und die weiteren Mitglieder des Schiedsgerichtssenats vom 11. Juli 2014 (Blg ./J)

‑ Stellungnahme der klagenden Partei an das Schiedsgericht vom 30. Juni 2014 (Blg ./K)

ist Folgendes bescheinigt:

Der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * steht zu keiner der Parteien des Schiedsverfahrens in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Naheverhältnis. Den Zweitkläger kennt er aus dessen seinerzeitigen Tätigkeit als Universitätsassistent am Institut für *. Für den Geschäftsführer der beklagten Parteien war er vor vielen Jahren in einer Causa rechtsberatend tätig; den Geschäftsführer der beklagten Parteien kennt er auch aus gemeinsamer Funktionärstätigkeit in einem Fußballverein (Blg ./H).

Diese Umstände sowie den Umstand, dass er und der Zweitkläger Mitglieder von (verschiedenen) Rotary Clubs in Graz sind (Blg ./H), hat der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * nach seiner Ablehnung durch die klagenden Parteien offengelegt.

Nach dem Ablehnungsantrag der beklagten Parteien vom 10. Juni 2014 (Blg ./A) hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts dem Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * mit Schreiben vom 13. Juni 2014 eine Frist von 14 Tagen zur Stellungnahme eingeräumt (Schluss aus Blg ./H). In gleicher Weise wurden die beklagten Parteien zu einer Stellungnahme eingeladen (Schluss aus Blg ./K). Sowohl der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * (Blg ./H) als auch die klagenden Parteien (Blg ./K) haben Stellungnahmen abgegeben, in denen sie eine Befangenheit des Schiedsrichters Univ.‑Prof. Dr. * in Abrede stellten.

Der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * ist seit 1997 Mitglied des Rotary Clubs Graz‑*, der Zweitkläger seit 1986 Mitglied des Rotary Clubs Graz-*. In Graz gibt es sieben Rotary Clubs mit folgenden, jeweils nachgestellten Mitgliederzahlen: Graz/80, Graz-*/33, Graz-*/37, Graz-*/81, Graz-*/65, Graz-*/45 und Graz‑*/55.

Soweit der Inhalt von Urkunden angeführt ist, gründen sich die Feststellungen jeweils auf diese, deren Urkundenbezeichnung in Klammer angeführt ist.

Die Informationen über die in Graz bestehenden Rotary Clubs und deren Mitgliederzahlen sind auf www.rotary.at abrufbar; gegen die Richtigkeit dieser Informationen bestehen keine Bedenken.

Zur Frage von wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. *und dem Zweitkläger liegt eine Erklärung vor, deren vorsichtige Wortwahl zeigt, dass damit nicht konkrete Wahrnehmungen, sondern Eindrücke und Vermutungen wiedergegeben werden, die die Darstellung des Schiedsrichters Univ.‑Prof. Dr. *, er stehe zu keiner der Streitparteien in einem wirtschaftlichen Naheverhältnis, nicht zu erschüttern vermögen.

Rechtliche Beurteilung

Rechtlich hat der Senat Folgendes erwogen:

1. Zur Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs:

Da das gerichtliche Verfahren betreffend die Ablehnung des Schiedsrichters Univ.‑Prof. Dr. * und des gesamten Schiedsgerichtssenats nach dem 31. Dezember 2013 eingeleitet wurde, ist die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Entscheidung über die vorliegenden Ablehnungsanträge gegeben.

2. Zur Ablehnung und zum Ablehnungsverfahren:

2.1. Mangels einer Vereinbarung eines Verfahrens für die Ablehnung eines Schiedsrichters im Sinn des § 589 Abs 1 ZPO hat die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnt, binnen vier Wochen, nachdem ihr die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand im Sinne von § 588 Abs 2 bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Tritt der abgelehnte Schiedsrichter von seinem Amt nicht zurück oder stimmt die andere Partei der Ablehnung nicht zu, so entscheidet das Schiedsgericht einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters über die Ablehnung (§ 589 Abs 2 ZPO). Bleibt eine Ablehnung in diesem Verfahren erfolglos, kann die ablehnende Partei binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung über die Verweigerung der Ablehnung bei Gericht eine Entscheidung über die Ablehnung beantragen (§ 589 Abs 3 ZPO).

2.2. Zur vierwöchigen Frist nach § 589 Abs 1 ZPO hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 18 ONc 1/14p dargelegt, dass Kenntnis von der Zusammensetzung des Schiedsgerichts erst dann besteht, wenn die Namen aller Schiedsrichter bekannt sind (Hausmaninger in Fasching/Konecny² IV/2 § 588 Rz 63 mwN).

Entgegen der Ansicht der klagenden Parteien hatten die beklagten Parteien nicht schon am 17. Dezember 2013 vom gesamten Schiedsrichtersenat Kenntnis, sondern nur von den Schiedsrichtern Univ.‑Prof. Dr. *, em. Univ.‑Prof. Dr. * und dessen Ersatzmann Hon.‑Prof. DDr. *. Zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts wurde am 14. Jänner 2014 Dr. * bestellt. Erst am 24. April 2014 konstituierte sich das Schiedsgericht in der Zusammensetzung Dr. * (Vorsitzender), Univ.‑Prof. Dr. * und Hon.‑Prof. DDr. *.

Ausreichende Hinweise darauf, dass die Ablehnungsanträge verspätet gestellt wurden, gibt es nicht.

2.3. Ebenso wie § 1037 dZPO übernimmt § 589 ZPO strukturell und beinahe wörtlich Art 13 des UNCITRAL‑Modellgesetzes (Hausmaninger in Fasching/Konecny² IV/2 § 589 Rz 14 mwN). Aus diesem Grund kann auch deutsche Literatur und Rechtsprechung zur Auslegung der Bestimmung herangezogen werden.

2.3.1. Erst nach Absolvierung des „vorgeschalteten“ Ablehnungsverfahrens vor dem Schiedsgericht kann die (erfolglos) ablehnende Partei beim staatlichen Gericht eine Entscheidung „über die Ablehnung beantragen“ (§ 589 Abs 3 Satz 1 ZPO; § 1037 Abs 3 Satz 1 dZPO). Die österreichische Kommentarliteratur hat sich bislang nicht mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit der Gegenstand des Verfahrens vor dem staatlichen Gericht durch den seinerzeitigen Ablehnungsantrag vor dem Schiedsgericht eingegrenzt ist. Diese Frage hängt auch damit zusammen, inwieweit das Verfahren der zweiten Stufe (vor dem staatlichen Gericht) ein Kontrollverfahren, ähnlich einem zweitinstanzliches Verfahren, oder ein inhaltlich vollkommen eigenständiges Verfahren ist.

2.3.2. In Deutschland überwiegt die Ansicht, dass angesichts des vorgeschalteten Verfahrens und der für die Anrufung des staatlichen Gerichts gesetzten Frist ein „Nachschieben“ neuer Ablehnungsgründe ausgeschlossen ist (Voit in Musielak, ZPO11 [2014] § 1037 ZPO Rz 5); statthaft sind neue Tatsachen nur insoweit, als sie sich im Rahmen des geltend gemachten Ablehnungsgrundes bewegen (Münch in Münchener Kommentar ZPO4 [2013] § 1037 ZPO Rz 28). Lediglich nach Lachmann (Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis3 [2008] Rz 1103) ist ein Nachschieben nicht präkludierter Ablehnungsgründe vor dem staatlichen Gericht zulässig, weil seines Erachtens eine eigenständige, vom Vorschaltverfahren unabhängige Prüfung vorzunehmen ist.

2.3.3. Die deutsche Rechtsprechung hat sich der von Münch (in Münchener Kommentar ZPO4 [2013] § 1037 ZPO Rz 28) vertretenen Ansicht angeschlossen (OLG München 34 SchH 3/07, SchiedsVZ 2008, 102 [104]).

2.3.4. Für diese Ansicht sprechen auch in Österreich die besseren Argumente, insbesondere der Wortlaut „Entscheidung über die Ablehnung“: Der Ablehnungsantrag ist jedenfalls vor dem Schiedsgericht zu stellen, das darüber ‑ auf der ersten Stufe ‑ zu entscheiden hat. Auch das staatliche Gericht hat auf der zweiten Stufe „darüber“ zu entscheiden. Selbst die Annahme einer Eigenständigkeit des Verfahrens vor dem staatlichen Gericht sagt nichts darüber aus, ob in diesem Verfahren ‑ im Verhältnis zum Ablehnungsverfahren vor dem Schiedsgericht ‑ neue Befangenheitsgründe geltend gemacht werden können, die noch nicht den Gegenstand des Verfahrens vor dem Schiedsgericht bildeten. Die Konzeption des Verfahrens vor dem staatlichen Gericht als Kontrollverfahren des schiedsgerichtlichen Verfahrens bedingt, dass der Verfahrensgegenstand auf den Inhalt des (auf der ersten Stufe gestellten) Ablehnungsantrags eingegrenzt ist. Neue Umstände im Antrag an das staatliche Gericht müssen sich daher im inhaltlichen Rahmen des Ablehnungsantrags an das Schiedsgericht halten.

3. Berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit der Schiedsrichter liegen nicht vor.

3.1. Ein Schiedsrichter kann nur aus den in § 588 Abs 2 ZPO genannten Gründen abgelehnt werden, nämlich

‑ wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken, oder

‑ wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt.

Im vorliegenden Fall ist nur die erste Alternative relevant.

3.2. Zwar ist mit dem SchiedsRÄG 2006 der in § 588 ZPO aF enthaltene Verweis auf §§ 19 und 20 JN entfallen, doch ist damit keine wesentliche Änderung der Rechtslage herbeigeführt worden. Diese Bestimmungen sind weiterhin von Relevanz, allerdings unter Beachtung des für Schiedsverfahren eigenen Prüfungsmaßstabs (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 588 ZPO Rz 80).

3.3. Nach den zu § 20 JN entwickelten Grundsätzen ist ein Richter dann befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiven Merkmalen rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dabei genügt die Besorgnis, dass bei der Entscheidungsfindung andere als rein sachliche Überlegungen eine Rolle spielen könnten; es reicht bereits aus, dass die Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss oder dass der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Dies ist etwa bei freundschaftlichen Kontakten oder privaten persönlichen Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder ihren Vertretern der Fall.

3.4. Die beklagten Parteien werfen dem Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. *zusammengefasst vor,

‑  dieser sei bis zumindest Herbst 2013 rechtsberatend für den Zweitkläger tätig gewesen,

‑  der Zweitkläger und der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * seien Mitglieder verschiedener Rotary Clubs in Graz,

‑  beide Umstände seien vom Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * nicht offengelegt worden.

3.5. Wie der Oberste Gerichtshof in der bereits unter 2.2. genannten Entscheidung 18 ONc 1/14p ausgeführt hat, sind nicht nur solche Umstände offenzulegen, die von vornherein schlagende Ablehnungsgründe sind. Dennoch kann nicht jedes einzelne Detail, das nicht offengelegt wird (etwa weil es der Schiedsrichter als unbedeutend einstufen konnte), zur berechtigten Annahme führen, der Schiedsrichter werde sein Amt nicht unparteilich und unabhängig ausüben. Vielmehr müsste sich im Einzelfall der Verdacht ergeben, dass der Schiedsrichter diesen Umstand bewusst verschwieg, um eine allfällige Ablehnung zu vermeiden.

3.6. Der Ablehnungsgrund, der Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * sei bis zumindest Herbst 2013 rechtsberatend für den Zweitkläger tätig gewesen, ist aufgrund der von der beklagten Partei vorgelegten Urkunde nicht bescheinigt.

Die Mitgliedschaft des Schiedsrichters Univ.‑Prof. Dr. * und des Zweitklägers in verschiedenen Rotary Clubs in Graz ist ohne eine weitergehende Verbindung zwischen diesen beiden Personen nicht geeignet, die Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. In Graz gibt es nach den Feststellungen sieben Rotary Clubs mit etwa 400 Mitgliedern, sodass nicht per se angenommen werden kann, dass alle diese Personen in einem engen persönlichen Kontakt stünden.

Unter Bedachtnahme auf die unter 3.5. genannten Aspekte liegt auch keine Verletzung der Offenlegungspflicht vor. Angesichts der Anzahl der Rotary Clubs in der zweitgrößten Stadt Österreichs und der Mitgliederzahl bestand für den Schiedsrichter Univ.‑Prof. Dr. * kein Anlass für die Annahme, dass der Umstand, dass auch der Zweitkläger Mitglied eines (anderen) Rotary Clubs in Graz ist, für die Beurteilung einer möglichen Parteilichkeit von Interesse sein könnte.

3.7. Die beklagten Parteien werfen weiters dem gesamten Schiedsrichtersenat vor, eine unzulässige „ex parte‑Kommunikation“ mit den klagenden Parteien gepflogen zu haben.

Daraus kann keine Befangenheit abgeleitet werden. Den beklagten Parteien musste bewusst sein, dass das Schiedsgericht nach dem Ablehnungsantrag Erhebungen‑ auch bei dem vom Antrag betroffenen Schiedsrichter ‑ vornehmen muss und aus Gründen des rechtlichen Gehörs (vgl RIS-Justiz RS0046065 [T20]) auch die klagenden Parteien in das Verfahren einbezieht. Unter den gegebenen Umständen war es auch nicht notwendig, dass das Schiedsgericht den beklagten Parteien, die bereits in ihren beiden Ablehnungsanträgen Befangenheitsgründe darstellen konnten, die Möglichkeit einer (weiteren) Stellungnahme einräumt.

4. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die von den beklagten Parteien in ihren beiden Ablehnungsanträgen geltend gemachten Umstände keine berechtigten Zweifel an der Unabhängigkeit oder Unbefangenheit der Mitglieder des Schiedsrichtersenats erwecken. Die Ablehnung ist daher zurückzuweisen.

5. Die Entscheidung über die Verpflichtung der mit ihren Ablehnungsanträgen erfolglosen beklagten Partei zum Ersatz der im gerichtlichen Ablehnungsverfahrens aufgelaufenen Kosten (Kosten der vom Obersten Gerichtshof aufgetragenen Äußerung der klagenden Parteien) beruht auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG.

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