OGH 9ObA95/14g

OGH9ObA95/14g29.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions‑ und Revisionsrekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei Mag.a Ing. M***** W*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17‑19, wegen 13.925,23 EUR sA und Feststellung (21.800 EUR), über den Revisionsrekurs und die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekurs‑ und Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 2. Juli 2014, GZ 13 Ra 20/14k‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00095.14G.1029.000

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Nach dieser Bestimmung ist auch die Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses auf Nichtzulassung einer Klagsänderung unanfechtbar, weil die Nichtzulassung einer Klagsänderung einer Klagszurückweisung nicht gleichgehalten werden kann (RIS‑Justiz RS0039426; s auch RS0044535 [T1]).

Da das Berufungsgericht als Rekursgericht die vom Erstgericht ausgesprochene Unzulässigkeit der Klagsänderung bestätigte, ist der dagegen gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin jedenfalls unzulässig. Auf die Frage, ob das mit der Klagsänderung geltend gemachte Begehren als Amtshaftungsanspruch zu qualifizieren ist, ist daher nicht weiter einzugehen.

Zu 2.

2.1. Im Schuljahr 2011/12 waren zwei Mathematiklehrerinnen der HBLA K***** für den Zeitraum 12. 9. 2011 bis 31. 8. 2012 dem zuständigen Landesschulrat dienstzugeteilt. Zur Kompensation dieses Ausfalls wurde die Klägerin mit Sondervertrag gemäß § 36 VBG bis 31. 8. 2012 als Vertragslehrerin eingesetzt. Die genannten Dienstzuteilungen wurden für das nachfolgende Schuljahr bis 31. 8. 2013 verlängert. Mit schriftlichem Nachtrag vom 6. 7. 2012 wurde auch der Sondervertrag der Klägerin vom 1. 9. 2012 bis 31. 8. 2013 verlängert. Vom 5. 9. 2011 bis 4. 9. 2012 legte die Klägerin an einem Gymnasium ihr Unterrichtspraktikum ab, wobei sie in der Zeit vom 6. 7. bis 4. 9. 2012 aufgrund der Hauptferien keine Tätigkeiten mehr zu erbringen hatte. Das Zeugnis über die Zurücklegung des Unterrichtspraktikums wurde ihr für diesen Zeitraum bereits am 6. 7. 2012 ausgestellt. Die dienstzugeteilten Lehrerinnen wurden am 27. 6. 2013 dauernd zur genannten Behörde versetzt. Die Klägerin wurde nach Ablauf des 31. 8. 2013 nicht weiterbeschäftigt.

2.2. Für ihr Interesse an der Anerkennung eines unbefristeten Dienstverhältnisses ist die Klägerin auch in der außerordentlichen Revision der Ansicht, dass die am 6. 7. 2012 erfolgte zweite Befristung ihres Dienstverhältnisses unzulässig gewesen sei, weil Voraussetzung für eine Befristung des Dienstvertrags mittels Sondervertrag die Nichterfüllung der Anstellungserfordernisse gewesen sei. Der Beklagten sei durch die Vorlage ihres Zeugnisses bereits am 6. 7. 2012 erkennbar gewesen, dass sie für das Schuljahr 2012/13 die Voraussetzungen für ein unbefristetes Dienstverhältnis, insbesondere die Beendigung des Unterrichtspraktikums, erfüllt haben werde. Dass der Beginn des verlängerten Dienstvertrags (1. 9.) vier Tage vor dem Ende des Unterrichtspraktikums (4. 9.) gelegen sei, stelle einen Umgehungsversuch dar.

Selbst wenn man der Klägerin darin folgen wollte, wäre für sie jedoch nichts gewonnen:

2.3. Gemäß § 4 Abs 4 Vertragsbediensteten-gesetz 1948 (VBG) kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen worden ist, auf bestimmte Zeit einmal verlängert werden; diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre. Bereits das Erstgericht hat aber darauf hingewiesen, dass die Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG gemäß § 4a Abs 2 Z 1 VBG nicht gilt, wenn der Vertragsbedienstete nur zur Vertretung aufgenommen wurde.

Zum Hintergrund dieser Bestimmungen wurde in der Entscheidung 9 ObA 328/00a ausgeführt, dass § 4 Abs 4 VBG erkennen lässt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich vom Abschluss unbefristeter Dienstverhältnisse ausgeht; befristete Dienstverträge sollen die Ausnahme bilden und nur in den im Gesetz umschriebenen Fällen zulässig sein. Absicht des Gesetzgeber ist es, die Umgehung der Bestimmungen, die den sozialen Schutz des Vertragsbediensteten bei Dienstverhältnissen auf unbestimmte Zeit gewährleisten, zu verhindern. Die enge Umschreibung der Zulässigkeit von wiederholten befristeten Dienstverhältnissen soll sicherstellen, dass grundsätzlich Dienstverhältnisse unbefristet begründet werden und wiederholte Befristungen nur dann wirksam erfolgen können, wenn es sich (bezogen auf den vorliegenden Fall) um einen tatsächlichen Vertretungsfall handelt. Nur dann tritt nach dem Willen des Gesetzgebers das Interesse des Dienstnehmers an der Begründung eines den vollen sozialen Schutz nach dem VBG genießenden unbefristeten Dienstverhältnisses gegenüber den Interessen des Dienstgebers an einer Vorsorge für einen bloß vorübergehenden Einsatz des Dienstnehmers zurück.

2.4. Der Klägerin war bekannt, dass ihre Anstellung nur zu Vertretungszwecken für die dem Landesschulrat zunächst befristet dienstzugeteilten Mathematiklehrerinnen erfolgte. Dementsprechend erhielt sie zunächst einen von 12. 9. 2011 bis 31. 8. 2012 befristeten Dienstvertrag, der infolge der Verlängerung der Dienstzuteilungen der beiden Mathematiklehrerinnen für das Schuljahr 2012/13 für die Klägerin bis 31. 8. 2013 verlängert wurde. Dass es sich auch hierbei um eine Vertretungsstelle handelte, musste der Klägerin nicht zuletzt aufgrund der Ausschreibung der vakanten Stellen für das Schuljahr 2012/13, die explizit einen Hinweis auf die Vertretung enthielt, bewusst sein.

2.5. Dass der Vertretungsfall im Vertrag selbst und im Nachtrag nicht erwähnt war, schadet nicht: Ein Dienstvertrag hat zwar jedenfalls Bestimmungen darüber enthalten, ob und für welche Person der Vertragsbedienstete zur Vertretung aufgenommen wird (§ 4 Abs 2 Z 3 VBG). Da § 4 Abs 2 VBG jedoch als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen ist ( Ziehensack , VertragsbedienstetenG § 4 Rz 12 ff), stellt die Ausnahmevorschrift lediglich materiell auf das Vorliegen eines Vertretungsfalls ab (für Vertragslehrer: § 42c VBG). Formelle Erfordernisse hinsichtlich des Inhalts der Ausfertigung des Dienstvertrags sind hingegen keine Voraussetzung ( Ziehensack , aaO § 4a Rz 4i; §§ 37‑49 Rz 74; 9 ObA 328/00a). Materiell war hier ein Vertretungsfall gegeben.

Auch wenn man der Klägerin darin beipflichten wollte, dass sie bei Vereinbarung des Nachtrags aufgrund des faktisch abgeschlossenen Unterrichtspraktikums bereits als geeignete Lehrkraft zur Verfügung gestanden sei, war daher die zweite Befristung aufgrund des Vertretungsfalls zulässig. Die zu Vertretungszwecken zulässige Höchstdauer befristeter Dienstverhältnisse (§ 4a Abs 4 VBG) wurde ohnedies nicht überschritten.

Aus dem Standpunkt der Klägerin, dass für das Schuljahr 2012/13 die Voraussetzungen für den Abschluss eines Sondervertrags (Nachtrag) nicht vorgelegen seien und er mitsamt dem darin vereinbarten Ausschluss des § 4 Abs 4 VBG unwirksam sei, folgt daher nicht, dass sie nun einen Rechtsanspruch auf ein unbefristetes Dienstverhältnis hätte.

2.6. Soweit die Klägerin in der E‑Mail der Dienstbehörde vom 29. 11. 2012 ein Anerkenntnis der Beklagten sieht, ist sie auf die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts zu verweisen. Hervorzuheben ist, dass sich den Feststellungen kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswille des ‑ im Übrigen nicht an die Klägerin gerichteten ‑ E‑Mails entnehmen lässt.

3. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.

Stichworte