OGH 9Ob71/14b

OGH9Ob71/14b29.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 8.030,69 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 18. Juni 2014, GZ 2 R 131/14p‑22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 24. März 2014, GZ 9 C 544/13y‑18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 124,07 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte erbrachte für die Klägerin im Rahmen eines im Frühjahr 2010 abgeschlossenen Vertrags Telefondienstleistungen. Die Klägerin kündigte diesen Vertrag mit Schreiben vom 12. 11. 2010 zum 30. 11. 2010 auf, worauf die Beklagte der Klägerin Stornogebühren in Rechnung stellte und am 26. 11. 2010 bei der Klägerin abbuchte. Am 29. 12. 2010 vereinbarten M***** K*****, welcher zum damaligen Zeitpunkt Prokurist der Beklagten war, und der für die Klägerin auftretende Prokurist S***** O*****, dass die Klägerin die Kündigung des Vertrags zurückzieht und dafür im Gegenzug die Beklagte die Stornogebühren zur Gänze an sie zurückzahlt. Am 14. 1. 2011 zog die Klägerin die Kündigung des Vertrags zurück. Die Beklagte überwies jedoch am 9. 2. 2011 lediglich die Hälfte der Stornogebühren an die Klägerin.

Die Klägerin begehrt, gestützt auf die getroffene Vereinbarung, die Rückzahlung der restlichen Stornogebühren.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass lediglich die Rückzahlung der Hälfte der Stornogebühren vereinbart gewesen sei. M***** K***** sei nicht ermächtigt gewesen, rechtsverbindliche Erklärungen zu Lasten der Beklagten abzugeben. Auf seine Vertretungsbefugnis habe die Klägerin auch nicht vertrauen dürfen. Eine Anscheinsvollmacht liege nicht vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. M***** K***** sei zum Abschluss der Vereinbarung über die Rückzahlung der Stornogebühren für die Beklagte als deren Prokurist berechtigt und vertretungsbefugt gewesen.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge.

Es sprach die Zulassung der Revision nachträglich aus, weil zur Frage, ob sich der Unternehmer Handlungen seines Prokuristen auch bei möglicher Überschreitung seiner Vollmacht anzurechnen hat, Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten gegen dieses Urteil ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

1. Die Prokura ermächtigt gemäß § 49 Abs 1 UGB zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt. Eine Beschränkung des Umfangs der Prokura ist Dritten gegenüber gemäß § 50 Abs 1 UGB unwirksam. Der Dritte kann grundsätzlich davon ausgehen, dass der Prokurist Vertretungsmacht in dem sich aus § 49 UGB ergebenden Umfang hat (RIS‑Justiz RS0019733).

Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz das Vorbringen der Klägerin, dass M***** K***** ihr Prokurist war, nicht bestritten und die entsprechende Feststellung des Erstgerichts auch nicht angefochten. Der ‑ erstmals in der Revision geltend gemachte ‑ Umstand, dass diese Prokura nicht im Firmenbuch eingetragen gewesen sei, widerstreitet dem Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO); ihm kommt im Übrigen auch schon deshalb keine Bedeutung zu, weil diese Eintragung lediglich deklarativ wirkt (§ 53 UGB; RIS‑Justiz RS0061456; Schinko in Straube, UGB I4 § 53 Rz 3). Dass die Klägerin mangels Firmenbucheintragung „auf eigenes Risiko“ gehandelt habe, mag schon sein. Dieses Risiko hat sich allerdings nicht verwirklicht, zumal die Beklagte die Bestellung ihres Prokuristen gar nicht bestreitet. Die hier zu beurteilende Vereinbarung ist nach der zutreffenden ‑ und in der Revision auch nicht substantiiert in Frage gestellten ‑ Rechtsansicht der Vorinstanzen ein unternehmensbezogenes Geschäft iSd §§ 49 Abs 1, 343 Abs 2 UGB. Damit hat der Prokurist der Beklagten aber innerhalb der ihm gesetzlich eingeräumten Formalvollmacht gehandelt, sodass er weder „Scheinvertreter“ ist, noch die von der Revision aufgeworfene Frage einer Anscheinsvollmacht zu prüfen ist. Auch die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage stellt sich daher nicht.

2. Der Ausschluss eines (Revisions-)Rekurses gegen Kostenentscheidungen der zweiten Instanz (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO) erstreckt sich auf alle Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird (RIS‑Justiz RS0110033 ua). Das Rechtsmittel ist daher in dem Umfang, in dem darin die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts angefochten wird, jedenfalls unzulässig.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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