European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00101.14F.1028.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung gegen die Ansprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus T***** zweier Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A) sowie zweier Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er in M***** und an einem anderen Ort Österreichs
(A) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an unmündigen Personen vorgenommen, und zwar
1) in den Jahren 2006 oder 2007, indem er mit der Zunge über den unbekleideten Geschlechtsteil seiner am 10. August 1999 geborenen Tochter Celestine T***** fuhr, ohne in ihre Scheide einzudringen;
2) im Jahr 1998, indem er seinen am 2. Juni 1990 geborenen Stiefsohn Horst T***** dazu veranlasste, seinen (des Angeklagten) Penis in die Hand zu nehmen;
(B) durch die unter (A) beschriebenen Taten an seiner unmündigen Tochter eine geschlechtliche Handlung vorgenommen (1) und von seinem unmündigen Stiefsohn eine geschlechtliche Handlung an sich vornehmen lassen (2).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus dem Grunde der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Ableitung erheblicher Bedenken aus den Akten im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5a StPO bedeutet, dass die Beschwerde konkrete, in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweismittel bezeichnen und aus diesen - gemessen an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter - die aus ihrer Sicht bestehenden Zweifel an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen entwickeln muss (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481, 487).
Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Rüge, indem sie auf ‑ durchwegs keine entscheidenden Tatsachen betreffende ‑ Verfahrensergebnisse (die Angaben des Angeklagten zu seiner Berufslaufbahn und Freizeitgestaltung, das [negative] Ergebnis einer bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung, die Angaben seiner Stieftochter Hanni T*****, die über keine sie betreffenden sexuellen Übergriffe berichtete, die Depositionen der Mutter der Tatopfer, die das Sexualleben mit dem Angeklagten während der Ehe als völlig „normal“ beschrieb und eingestand, den Bericht ihres Sohnes Horst T***** über den ihn betreffenden Vorfall vergessen und von ihm erst im Zuge der Anzeigeerstattung im Jahr 2013 daran erinnert worden zu sein, sowie die Aussagen mehrere Zeugen, wonach sie vom Beschwerdeführer „ein normales Bild haben“) verweist und mit dem weiteren Vorbringen den unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotenen Aktenbezug (RIS-Justiz RS0117516, RS0117749, RS0119310) zur Gänze vermissen lässt.
Insgesamt stellt die Beschwerde den umfassenden tatrichterlichen Erwägungen zu sämtlichen erheblichen Verfahrensergebnissen (US 8 ff) bloß eigene Hypothesen entgegen und bekämpft damit unzulässig die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Mit der sinngemäßen Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO) wird Nichtigkeit aus Z 5a nicht aufgezeigt (RIS-Justiz RS0102162).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung ebenso sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), wie die (bloß angemeldete) Berufung wegen Schuld („volle“ Berufung: ON 24 S 3), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen des Anspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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