OGH 12Os117/14v

OGH12Os117/14v23.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Davor P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 28. April 2014, GZ 7 Hv 19/14z‑73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00117.14V.1023.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Davor P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) und Diebstählen durch Einbruch (§ 129 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, anderen durch Einbruch fremde bewegliche Sachen weggenommen oder wegzunehmen versucht, und zwar

1./ am 15. Mai 2006 in B***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit nicht näher bekannten Mittätern Gewahrsamsträgern einer A***** Bargeld, Telefonwertkarten, Rubbellose und Zigaretten im Gesamtwert von 19.010,56 Euro, indem er eine Eingangstüre der Tankstelle aufzwängte, in der Tankstelle die Türen verschiedener Räume aufbrach sowie einen Tresor mit einer Trennscheibe aufschnitt und einen weiteren Tresor aufzuschneiden versuchte;

2./ am 28. März 2011 in S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit nicht näher bekannten Mittätern Gewahrsamsträgern des Optikergeschäfts H***** Bargeld und Wertgegenstände von nicht näher bekanntem Wert, indem er das Zylinderschloss eines Garagentores entfernte, wobei es jedoch beim Versuch blieb;

3./ am 23. November 2012 in S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit nicht näher bekannten Mittätern Gewahrsamsträgern des Geschäfts S***** Bekleidung im Gesamtwert von ca 540.000 Euro, indem er eine Eingangstür eines Geschäftslokals aufzwängte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9c“ und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Betreffend Punkt 1./ des Schuldspruchs behauptet die Mängelrüge, das Erstgericht hätte die Urteilsannahme zum Gesamtwert der weggenommenen Sachen von 19.010,56 Euro unbegründet gelassen (Z 5 vierter Fall), übergeht jedoch, dass sich die Tatrichter diesbezüglich auf die in der Hauptverhandlung verlesene Anzeige der Polizeiinspektion B***** vom 15. Mai 2006, welche Angaben einer Auskunftsperson enthält, stützten (US 4 und 6; S 139 ff in ON 6 in ON 2).

Zu Punkt 3./ des Schuldspruchs wirft die Nichtigkeitsbeschwerde dem Schöffengericht Aktenwidrigkeit der Urteilsbegründung zur Schadenshöhe von 540.000 Euro vor (Z 5 letzter Fall), weil der Zeuge Konrad H*****, auf dessen Angaben sich das Erstgericht stützte (US 7), in der Hauptverhandlung von Einkaufspreisen in einer Größenordnung von 200.000 bis 300.000 Euro gesprochen hätte. Damit verkennt der Rechtsmittelwerber einerseits, dass bei Diebstahl von Handelsware für die Wertberechnung der Verkaufspreis, der bei redlicher Geschäftsführung erzielt werden kann und soll, heranzuziehen ist (RIS‑Justiz RS0093813), andererseits spricht er mit Blick auf die jedenfalls überschrittene Qualifikationsgrenze des § 128 Abs 2 StGB keine entscheidende Tatsache an (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399 f).

Weiters behauptet die Mängelrüge betreffend Punkt 3./ des Schuldspruchs, die auf einen DNA‑Treffer gegründete Feststellung zur Täterschaft des Angeklagten sei „aktenwidrig, mit dem Akteninhalt in Widerspruch bzw unvollständig“, weil unberücksichtigt bliebe, dass „im Zuge der Erhebung (siehe AS 37 Bild Nr 80) ja ursprünglich ausgeführt wurde, dass es sich dabei um den angeblichen Fundort der DNA‑Spur 1.3 handeln würde, auf dem angegebenen Bild wäre jedoch ein Technikraum im Keller abgelichtet“. Damit spricht der Rechtsmittelwerber inhaltlich eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5 zweiter Fall) an (vgl zur Aktenwidrigkeit Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 467 ff). Unvollständig ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ. Zur prozessförmigen Darstellung der Nichtigkeitsbeschwerde müssen insoweit die Ergebnisse des Beweisverfahrens, die das Erstgericht nach Ansicht des Beschwerdeführers übergangen hat, deutlich und bestimmt sowie ‑ jedenfalls bei (wie hier) vorliegenden umfangreichen Akten ‑ unter Angabe der Fundstelle bezeichnet werden (RIS‑Justiz RS0118316, RS0124172). Diesen Anforderungen wird die Mängelrüge mit dem Hinweis nicht gerecht, „ursprünglich“ wäre „davon die Rede“ gewesen, dass die einzig relevante Spur jene im Technikraum im Keller gewesen wäre, und dann „plötzlich die Rede davon, es wäre die von mir vorgefundene DNA‑Spur an der Eingangstüre vorhanden gewesen“. Anzumerken bleibt, dass das vom Rechtsmittelwerber angeführte Bild (offensichtlich gemeint: AS 37 in ON 29 in ON 28, Band III) keinerlei Angaben zu einer DNA‑Spur enthält.

Weiters bringt der Angeklagte vor, die Urteilsbegründung, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Angeklagte außerhalb der Hauptsaison nach S***** gefahren sei, wo doch dort zu dieser Zeit „nicht viel los sei“ und wonach er außerdem den Namen des Lokals nicht nennen konnte, wo er angeblich zuvor in I***** Poker gespielt hätte, wäre „unvereinbar mit den allgemeinen Lebenserfahrungen und den forensischen Erkenntnissen“. Damit bekämpft er bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung. Das gilt auch für das weitere Argument, wonach die nach Annahme des Erstgerichts auf einer Höhe von ca 60 cm an der Außentüre des Geschäfts vorgefundene DNA‑Spur des Angeklagten keinen Schluss auf seine Täterschaft zulasse, weil er sich bei einem Aufenthalt vor dem Geschäft „unter Umständen kurz einmal gebückt habe“.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780). Indem der Rechtsmittelwerber zu Punkt 3./ des Schuldspruchs seine Ausführungen der Mängelrüge wiederholt und meint, aus einer DNA‑Spur an der Außentüre könne kein logischer und zwingender Zusammenhang mit einem Einbruchsdiebstahl hergestellt werden, gelingt es ihm nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken im Sinne des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes zu wecken.

Unter „Z 9c“ führt der Rechtsmittelwerber aus, dass „das Erstgericht aktenwidrig und rechtswidrig und ohne Begründung von Deliktsqualifikationen und von Schadenshöhen ausgegangen ist, die nicht nachvollziehbar, verifizierbar oder durch objektive Anhaltspunkte belegbar sind. Bei niedrigeren Schadenssummen, wie oben dargestellt, hätte allerdings auch eine andere Strafbemessung erfolgen müssen. Die x‑fache Überschreitung der Deliktsqualifikationen ist daher nicht erfolgt und auch durch das Erstgericht nicht belegt worden“. Inwiefern dieses Vorbringen dem angesprochenen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit c entsprechen sollte, bleibt offen.

In seiner Subsumtionsrüge (Z 10) führt der Angeklagte aus, die „Ausführungen zur Gewerbsmäßigkeit sind teilweise nicht vorhanden, teilweise unzulänglich, sodass eine Verurteilung iSd Gewerbsmäßigkeit nicht erfolgen hätte dürfen“.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung zur Voraussetzung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist (RIS‑Justiz RS0099810). Die Beschwerde verfehlt jedoch den in den tatsächlichen Urteilsannahmen bestehenden gesetzlichen Bezugspunkt, weil sie die tatrichterlichen Feststellungen auf US 5 übergeht. Demnach beging der Angeklagte die Taten, um sich durch die Begehung der Einbruchsdiebstähle im Zeitraum von Mai 2006 bis November 2012 eine fortlaufende und wiederkehrende Einkunft zu verschaffen. Es kam ihm auch darauf an, durch das Aufbrechen von Eingangstüren und Tresoren zu seiner Beute zu gelangen und pro Einbruch Wertgegenstände und/oder Bargeld in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert/Betrag zu erbeuten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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