OGH 3Ob183/14d

OGH3Ob183/14d22.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner

als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****gesmbH, *****, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Arno Casati, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 8.080,20 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 5. August 2014, GZ 18 R 35/14x‑16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 13. Jänner 2014, GZ 7 C 1750/12s‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung

Den Gegenstand des Verfahrens bildet die Frage, ob die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Immobilienmaklerin eine Verkäuferprovision für die Vermittlung des Verkaufs von Liegenschaftsanteilen zu leisten. Nach ihren Behauptungen (Schriftsatz ON 5) ist die klagende Partei in Bezug auf das Zustandekommens eines im September 2011 unterzeichneten, einen Nettokaufpreis von 448.900 EUR ausweisenden Kaufvertrags verdienstlich geworden; die beklagte Partei habe jedenfalls vom Tätigwerden der klagenden Partei profitiert (ON 10). Die beklagte Partei wiederum bestreitet, die klagende Partei mit der Vermittlung beauftragt zu haben (ON 3 und 6).

Das Erstgericht wies das auf Zahlung einer Verkäuferprovision in Höhe von 1,5 % des Nettokaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer (insgesamt 8.080,20 EUR) gerichtete Klagebegehren ab.

Nach den ‑ hier kurz zusammengefasst wiedergegebenen ‑ Feststellungen beauftragte P***** M***** Anfang des Jahres 2010 eine für die klagende Partei tätige Maklerin mit der Vermittlung des Verkaufs von Liegenschaftsanteilen. Diese Liegenschaftsanteile waren mit einem Nutzungsrecht am Erdgeschoß eines Gebäudes verbunden, welches aus etwa 15 Kleinwohnungen besteht, die wiederum an die nun beklagte Partei vermietet waren.

P***** M***** legte damals nicht offen, für wen er handelt; es war aber bekannt, dass die Eigentümerin der Liegenschaftsanteile eine M***** GmbH war (im Folgenden kurz „M-Handels GmbH“, auch für die Zeit nach der Änderung der Firma). Deren Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war damals (bis 3. Dezember 2010) P***** M*****. Die Maklerin brachte P***** M***** mit Dipl.‑Ing. D***** N***** und W***** N***** als potenziellen Käufern zusammen. Im August 2010 wurde ein Kaufvertragsentwurf erstellt, der einen Kaufpreis von 490.000 EUR auswies. Im Hinblick auf eine notwendige Neuparifizierung kam ein Kaufvertrag aber vorerst nicht zustande. Die potenziellen Käufer mieteten allerdings die leer stehenden Wohneinheiten (zuerst sechs oder sieben) an; der Kaufvertragsabschluss war nach Abschluss der Neuparifizierung geplant.

Per 23. September 2010 übertrug P***** M***** seine Gesellschaftsanteile (99 %) an der M-Handels GmbH an die beklagte Partei, die die Anteile per 27. April 2011 vollständig an einen Dritten übertrug.

Mit Kaufvertrag vom 18. April 2011 verkaufte die M-Handels GmbH die Liegenschaftsanteile um 250.000 EUR an die beklagte Partei, deren alleiniger Geschäftsführer (seit 16. September 2009) und alleiniger Gesellschafter P***** M***** war. Hintergrund dieses Verkaufs war die vollständige Veräußerung der dem P***** M***** bzw der beklagten Partei gehörenden Gesellschaftsanteile an der M-Handels GmbH per 27. April 2011. Da einerseits der Käufer der Gesellschaftsanteile nicht am Eigentum an den Liegenschaftsanteilen interessiert war und andererseits auch der Verkauf der Liegenschaftsanteile an Dipl.‑Ing. D***** N***** und W***** N***** (im Folgenden: „Käufer“) noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, entschied sich P***** M***** für den Ankauf der Liegenschaftsanteile durch die beklagte Partei.

Im September 2011 verkaufte die beklagte Partei die Liegenschaftsanteile um 448.900 EUR netto an die Käufer; im August 2012 wurde der Kaufvertrag verbüchert.

Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass P***** M***** den Vermittlungsauftrag an die klagende Partei namens der M‑Handels GmbH erteilt habe, während die beklagte Partei in keine vertragliche Beziehung zur klagenden Partei getreten sei. Da die klagende Partei auch nicht für die beklagte Partei tätig geworden sei, scheide ein vertraglicher Anspruch der klagenden Partei gegen die beklagte Partei aus. Auch ein Bereicherungsanspruch (infolge sittenwidrigen Ausnützens der von der klagenden Partei erlangten Kenntnis von den Kaufinteressenten) sei zu verneinen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass ein Vertragsverhältnis zwischen den Streitparteien auch nicht konkludent zustande gekommen sei. Ein Verwendungsanspruch gegen die beklagte Partei scheide im Hinblick auf das Bestehen eines vertraglichen Provisionsanspruchs der klagenden Partei gegenüber der M‑Handels GmbH aus. Diese habe die Liegenschaftsanteile mit dem Kaufvertrag vom 18. April 2011 zu einem marktunüblich niedrigen Kaufpreis an die beklagte Partei verkauft, die sie dann an die Käufer verkaufte. Da dieses Geschäft nach seinem Zweck und der wirtschaftlichen Bedeutung als für die M‑Handels GmbH gleichwertig einzustufen sei, bestehe gegen diese eine Provisionsanspruch, der einen Verwendungsanspruch gegen die beklagte Partei ausschließe.

Die Revision wurde im Hinblick auf das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu maßgeblichen Fragen nach § 6 Abs 3 MaklerG (Gleichwertigkeit des anderen Geschäfts) und zum Bestehen eines Bereicherungsanspruchs zugelassen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig.

In ihrer Revision führt die klagende Partei aus, die Klageforderung sei als Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB gerechtfertigt, weil die beklagte Partei die Kenntnisse und die Tätigkeit der klagenden Partei wissentlich mit dem Zweck, sich Provisionsentgelt zu ersparen, für sich ausgenützt habe. Die klagende Partei habe seinerzeit die Käufer „gebracht“. Der damalige Geschäftsführer der Verkäuferin der Liegenschaftsanteile habe die Tätigkeit der klagenden Partei gekannt und ausgenützt, was als sittenwidrig zu qualifizieren sei. Ein vertraglicher (Provisions-)Anspruch gegen den Vertragspartner des Vermittlers sei ‑ auch unter dem Aspekt eines zweckgleichwertigen Geschäfts ‑ zu verneinen.

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage dargestellt.

1. Vorweg ist auf drei wesentliche Aspekte hinzuweisen:

‑ Das Zustandekommen einer vertraglichen Beziehung zwischen den Streitteilen wurde von den Vorinstanzen verneint; dieser Punkt wird in der Revision nicht mehr releviert.

‑ Die klagende Partei hat zu einem möglichen Bereicherungsanspruch in erster Instanz nur vorgebracht (ON 10), dass sich die beklagte Partei die Vermittlungstätigkeit der klagenden Partei in Kenntnis der Provisionspflicht zunutze gemacht habe; die beklagte Partei habe von der Vermittlungstätigkeit der Klägerin profitiert.

‑ Nach den Feststellungen hat die M-Handels GmbH, vertreten durch P***** M*****, der klagenden Partei einen Vermittlungsauftrag erteilt.

2. Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0028179 [T10]) ist die Verwendungsklage im mehrpersonalen Verhältnis jedenfalls dann nicht berechtigt, wenn die Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund im Gesetz oder in einem Vertrags- oder sonstigen Schuldverhältnis oder zumindest vertragsähnlichen Verhältnis zwischen dem Verkürzten (Verwendungskläger) und dem Mittelsmann findet. In diesem Sinn wurde etwa ausgesprochen, dass dem (Teil‑)Planer gegen den Bauherrn, der die Planungsunterlagen benützt, kein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB zusteht, wenn ein entgeltliches Auftragsverhältnis zum Generalplaner besteht (4 Ob 89/11h = RIS-Justiz RS0028179 [T13]).

3. Im vorliegenden Fall kam es zwar nicht zu dem von der klagenden Partei vermittelten ursprünglich vorgesehenen Kaufvertragsabschluss zwischen der M-Handels GmbH als Verkäuferin und den Käufern der Liegenschaftsanteile, wohl aber ‑ nach Übertragung der Liegenschaftsanteile an die beklagte Partei ‑ zum Abschluss des Kaufvertrags zwischen der beklagten Partei und den Käufern.

3.1. Das Berufungsgericht hat diesen Kaufvertrag als nach dem Zweck und der wirtschaftlichen Bedeutung gleichwertig mit dem ursprünglich vorgesehenen, von der klagenden Partei vermittelten Geschäft qualifiziert und im Hinblick auf die Zweckgleichheit (§ 6 Abs 3 MaklerG) einen (einen Verwendungsanspruch gegen die beklagte Partei ausschließenden) Provisionsanspruch der klagenden Partei gegen die M-Handels GmbH bejaht.

3.2. Diese Ansicht ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt.

In der Entscheidung 1 Ob 240/06k = SZ 2006/187 hat der Oberste Gerichtshof zu den ‑ ihrem wirtschaftlichen Zweck nach ‑ gleichwertigen Geschäften im Sinn des § 6 Abs 3 MaklerG vier Fallgruppen genannt (siehe auch RIS‑Justiz RS0029698; Fromherz, MaklerG [1997] §§ 6, 7 Rz 60 ff; Gartner/Karandi, MaklerG [2013] § 6 Rz 26):

‑ Abschluss eines Geschäfts, das seinem Typ nach nicht Gegenstand des Maklervertrags war, über das Vertragsobjekt mit dem Auftraggeber des Maklers (RIS-Justiz RS0106605);

‑ Abschluss eines Geschäfts mit dem Auftraggeber entsprechend dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ, jedoch über ein Objekt, das nicht Gegenstand des Maklervertrags war;

‑ Abschluss eines Geschäfts nach dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ über das Vertragsobjekt, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person (RIS-Justiz RS0062777, RS0106605);

‑ Abschluss eines Geschäfts über das Vertragsobjekt mit dem Auftraggeber des Maklers, das seinem Typ nach Gegenstand des Maklervertrags war, jedoch unter anderen Nebenbedingungen.

3.3. Ob ein abgeschlossenes Geschäft dem vermittelten „zweckgleichwertig“ ist, kann nur nach den Umständen des jeweiligen Falls beurteilt werden kann, ohne dass sich insofern allgemeine Regeln aufstellen ließen (RIS‑Justiz RS0029698 [T6]; 4 Ob 155/13t mwN).

3.4. Im vorliegenden Fall steht im Vordergrund, dass ursprünglich geplant war, dass die M-Handels GmbH (die auch die klagende Partei als Maklerin beauftragt hat) die Liegenschaftsanteile an die Käufer verkaufen sollte. Durch vorerst nicht vorhergesehene Umstände ‑ einerseits war der Käufer der Gesellschaftsanteile nicht am Eigentum an den Liegenschaftsanteilen interessiert, andererseits konnte der Verkauf der Liegenschaftsanteile wegen der ausstehenden Neuparifizierung noch nicht zum Abschluss gebracht werden ‑ kam es dazu, dass die Liegenschaftsanteile bei der (im Herbst 2010 mit der M-Handels GmbH eng verbundenen) beklagten Partei „geparkt“ und erst von dieser dann an die Käufer verkauft wurden.

3.5. Dieser Abschluss kann ‑ entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts ‑ zwanglos in die dritte der unter 3.2. genannten Fallgruppen, nämlich dem Abschluss eines Geschäfts nach dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ über das Vertragsobjekt, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person, eingereiht werden. In diesen Fällen besteht der Provisionsanspruch gegenüber dem Auftraggeber des Maklers (RIS-Justiz RS0062777, RS0106605). Dieser Anspruch schließt nach der unter 2. angeführten Rechtsprechung einen Verwendungsanspruch gegen die beklagte Partei aus. Damit braucht nicht mehr untersucht werden, ob auch wegen des mit den späteren Käufern abgeschlossenen Bestandvertrags Zweckgleichwertigkeit zu bejahen wäre (RIS‑Justiz RS0029698 [T2]).

4. Da zu den hier zu beantwortenden Fragen bereits höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, ist die Revision der klagenden Partei mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in der Revisionsbeantwortung ‑ für die nur der einfache Einheitssatz gebührt ‑ auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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