OGH 1Ob113/14w

OGH1Ob113/14w18.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M***** S*****, und 2. H***** S*****, vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagte Partei W***** B*****, vertreten durch tusch.flatz.dejaco.rechts-anwälte gmbH in Feldkirch, wegen Unterlassung (Streitwert 3.000 EUR) und Wiederherstellung (Streitwert 3.000 EUR, Gesamtstreitwert 6.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 14. März 2014, GZ 1 R 60/14b‑40, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Montafon in den zur Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren AZ 1 C 215/12v und AZ 1 C 256/12y vom 27. Dezember 2013, GZ 1 C 215/12v‑32 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00113.14W.0918.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Begründung

Die Kläger brachten zu dem im Revisionsverfahren allein noch betroffenen Verfahren 1 C 256/12y im Wesentlichen vor, sie seien Eigentümer der Grundstücke 1540/1 und 1540/2, eingetragen in EZ ***** GB ***** T*****. Im südlichen Bereich des Grundstücks 1540/1 sei vor einigen Jahren ein Forstweg errichtet worden, der insbesondere in der Geraden maximal drei Meter breit gewesen sei. Nach den Angaben des Beklagten seien die Eigentümer mehrerer Grundstücke berechtigt land‑ und forstwirtschaftlich Transporte über diesen Weg durchzuführen. Über Auftrag des Beklagten sei dieser Weg auf bis zu vier Meter verbreitert worden, insbesondere verlaufe er auch auf dem Grundstück 1540/2 verbreitert. Der Beklagte habe zudem weiteren Personen die Nutzung des Wegs zu anderen als land‑ und forstwirtschaftlichen Zwecken erlaubt.

Sie begehrten daher mit ihrer Klage den Beklagten schuldig zu erkennen,

1) es zu unterlassen, den auf den Liegenschaften der klagenden Parteien befindlichen Forstweg zu anderen als land‑ und forstwirtschaftlichen Zwecken zu begehen und zu befahren und Dritten zu gestatten, diese Liegenschaften zu anderen als land‑ und forstwirtschaftlichen Zwecken, insbesondere zu Krantransporten, zu begehen und zu befahren sowie

2) den auf dem Grundstück 1540/1 befindlichen Forstweg auf ein Maß von drei Metern Breite zurückzubauen und den ursprünglichen Zustand (Waldboden) wiederherzustellen.

Die Kläger bewerteten diese zu 1) und 2) gegen den Beklagten erhobenen Begehren mit je 3.000 EUR.

Das Erstgericht verband dieses Verfahren mit dem zu 1 C 215/12v geführten, in dem der Beklagte seinerseits den Erstkläger in Anspruch genommen hatte, und wies beide Klagen ab.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge der allein gegen die Entscheidung im Verfahren 1 C 256/12y erhobenen Berufung der Kläger das Ersturteil.

Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und erklärte die ordentliche Revision über Abänderungsantrag der Kläger für zulässig. Zum Bewertungsausspruch führte es aus, die Kläger hätten den Entscheidungsgegenstand mit 6.000 EUR bewertet. Dies sei seitens des Klägers unbeanstandet geblieben; auch das Berufungsgericht sehe keine Veranlassung davon abzuweichen.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die dagegen erhobene Revision der Kläger kommt (derzeit) nicht in Betracht, weil die Zulässigkeit der Revision noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

Das Berufungsgericht hat nur eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands insgesamt vorgenommen, ohne die mit Klagehäufung geltend gemachten Ansprüche einzeln zu bewerten. Eine solche Vorgangsweise wäre nur dann zutreffend, wenn die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 JN stünden.

Das ist jedoch nicht der Fall:

Ein innerer tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RIS‑Justiz RS0037899).

Nach der Rechtsprechung stehen mehrere Ansprüche aus einer Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB, die sich auf verschiedene Eingriffshandlungen des Beklagten stützen, nicht in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 Z 1 JN (RIS‑Justiz RS0037899 [T2]; 3 Ob 132/09x ua; RIS‑Justiz RS0110012; ebenso zur actio confessoria 3 Ob 276/08x). In einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, es findet also keine Zusammenrechnung statt.

Ein tatsächlicher Zusammenhang läge nur vor, wenn allen Ansprüchen derselbe Klagegrund zugrunde läge und keiner der Ansprüche die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts erforderte (RIS‑Justiz RS0037899 [T3]).

Für die Lösung der Frage, ob der Beklagte den Auftrag zur Verbreiterung des Weges erteilt hat, bedarf es anderer Sachverhaltselemente, als für die Beurteilung, ob er selbst den Weg zu anderen als zu land‑ und forstwirtschaftlichen Zwecken benutzt hat oder wiederum dafür, ob er dies anderen über diesen Zweck hinaus gestattete.

Das Berufungsgericht orientierte sich bei Begründung seines Bewertungsausspruchs an der (Pauschal‑)Bewertung der Kläger und nahm bei seinem Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO nicht die hier notwendige getrennte Bewertung vor.

Es wird daher im Sinne der vorstehenden Ausführungen eine Bewertung jedes einzelnen Entscheidungsgegenstands vorzunehmen haben. Sollte sich ergeben, dass hinsichtlich keines der Begehren ein Wert des Entscheidungsgegenstands von über 5.000 EUR gegeben ist, wäre die Revision der Kläger ungeachtet des nachträglichen Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts jedenfalls unzulässig (§ 502 Abs 2 ZPO). Dem Obersten Gerichtshof werden die Akten nur dann wieder vorzulegen sein, wenn zumindest hinsichtlich eines der Begehren ausgesprochen wird, dass der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR übersteigt.

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