OGH 9Ob44/14g

OGH9Ob44/14g26.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1. der mj E***** P*****, geboren am *****, und 2. des mj M***** P*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Reinhart Kolarz, Mag. Rudolf Augustin, Rechtsanwälte in Stockerau, wegen Unterhaltserhöhung, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. R***** P*****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 19. Februar 2014, GZ 23 R 66/14z‑53, mit dem dem Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 14. Jänner 2014, GZ 16 PU 92/10k‑47, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0090OB00044.14G.0826.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

1. Die Vorinstanzen verpflichteten den Vater, den Kindern den zweieinhalbfachen Regelbedarf, und zwar für die Zeit von 1. 6. 2012 bis 30. 6. 2013 jeweils 750 EUR monatlich, ab 1. 7. 2013 jeweils 770 EUR monatlich an Unterhalt zu zahlen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichtete, vom Rekursgericht nachträglich zugelassene Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2.  Die Bemessung des Geldunterhalts nach der Prozentwertmethode wird vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung als maßgebende Orientierungshilfe für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gebilligt (RIS‑Justiz RS0057284). Der konkrete Bedarf des Kindes wird dabei nicht aus einzelnen Kostenfaktoren abgeleitet, sondern nach einem Prozentsatz des Einkommens des Geldunterhaltspflichtigen berechnet, um das Kind an dessen Lebensstandard teilhaben zu lassen (RIS‑Justiz RS0057284 [T5]). Bei einem überdurchschnittlichen Einkommen ist die Prozentkomponente bei der Ausmessung des Kindesunterhalts nicht voll auszuschöpfen. Vielmehr ist zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung eine Angemessenheitsgrenze als Unterhaltsstop zu setzen (RIS‑Justiz RS0007138, s auch RS0047447), für die im Allgemeinen das Zwei‑ bis Zweieinhalbfache des Regelbedarfs als Richtwert angenommen wird (RIS‑Justiz RS0007138 [T12, T15, T18, T23). Ob ein Unterhaltsstop im Einzelfall beim Zweieinhalb- oder schon beim Zweifachen des Regelbedarfs liegt, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0007138 [T8]).

3.  Der Vater richtet sich dagegen, dass das Erstgericht die Bedürfnissteigerung der Kinder mit dem Mehrbedarf für Wohnen, Essen, Telekommunikation, Kleidung, Körperpflege und Mobilität in Höhe von 610 EUR monatlich pro Kind begründet habe. Es handle sich um Betreuungsleistungen, die die Mutter der Kinder als haushaltsführender Elternteil zu erbringen habe. Kosten darüber hinausgehender persönlicher Lebensverhältnisse des betreuenden, haushaltsführenden Elternteils dürften nicht für eine Bedürfnissteigerung der Kinder herangezogen werden.

Aus dem festgestellten Sachverhalt geht nicht hervor, dass diese Kosten lediglich die persönlichen Lebensverhältnisse der Mutter, nicht aber jene der Kinder betroffen haben. Insbesondere geht daraus nicht hervor, dass die Mobilitätskosten nicht durch die Kinder veranlasst sind. Selbst wenn man sie außer Acht ließe, wäre für den Vater nichts gewonnen, weil auch zu berücksichtigen ist, dass für jedes Kind vor allem aufgrund geänderter schulischer Umstände zusätzlich monatliche Kosten von 360 EUR (Tochter) bzw 485 EUR (Sohn) anfallen. Wenn das Erstgericht die Angemessenheit des Unterhaltsstops mit dem Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs auch an den genannten Kosten maß, so besteht kein Korrekturbedarf.

5.  Der Vater macht auch geltend, dass die Steigerungsrate des Regelbedarfssatzes nicht zu einer weiteren Erhöhung des Unterhalts ab 1.7.2013 führen hätte dürfen, weil darin keine wesentliche Änderung der Verhältnisse liege.

In der Rechtsprechung wurde es als vertretbar erachtet, etwa ein Jahr nach Schaffung des Unterhaltstitels auch im Hinblick auf die während dieses Zeitraums eingetretene Geldentwertung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse anzunehmen ( Gitschthaler Unterhaltsrecht 2 Rz 422 Pkt 2 und 3; vgl auch 4 Ob 333/97t: Berücksichtigung der inflationsbedingten Erhöhung der Bedürfnisse durch Anpassung der Regelbedarfssätze). Wenn das Erstgericht den Unterhalt rückwirkend für 13 Monate (1. 6. 2012 bis 30. 6. 2013) auf Basis des Regelbedarfs von 358 EUR monatlich und für den darauffolgenden Zeitraum (ab 1. 7. 2013) auf Basis von 366 EUR monatlich festlegte, ist auch das nicht weiter zu beanstanden.

4.  Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs 2 AußStrG. In Verfahren über Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes findet ein Kostenersatz nicht statt.

Stichworte