OGH 11Os62/14y

OGH11Os62/14y26.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. August 2014 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Anscheringer als Schriftführer in der Strafsache gegen Zvjedzdana G***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 31. März 2014, GZ 8 Hv 125/13s‑30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0110OS00062.14Y.0826.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zvjedzdana G***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie in G***** zwischen Dezember 2012 und Frühjahr 2013 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von ‑ großteils ‑ schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Peter P***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe der Ernsthaftigkeit ihres Heiratswillens sowie ihres Rückzahlungswillens und ihrer Rückzahlungsfähigkeit, in sieben Angriffen zur Übergabe von Bargeldbeträgen verleitet, welche diesen in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag von 90.000 Euro am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 [lit] a StPO.

Dass die Zeugenaussagen des Privatbeteiligten P***** Divergenzen aufwiesen, haben die Tatrichter (die ihn aufgrund seines Zustands nach einer Gehirntumoroperation als „perfektes Opfer“ erkannten ‑ US 9) bei ihren zum Schuldspruch führenden Überlegungen ‑ der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider ‑ ausdrücklich miteinbezogen (US 12).

Der kritisch‑psychologische Vorgang, der aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen führt, ist als solcher der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0106588; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 431).

Ehemann und Tochter der Beschwerdeführerin hat das Erstgericht aufgrund des persönlichen Eindrucks jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen (US 12), ohne verpflichtet gewesen zu sein, jedes Detail in deren Aussagen gesondert zu erörtern (Z 5 zweiter Fall, nominell teilweise auch verfehlt unter Z 5a).

Im Übrigen verliert sich das Rechtsmittel ‑ im kollegialgerichtlichen Verfahren unstatthaft und sohin unbeachtlich ‑ in eigenständig beweiswürdigende Ausführungen nach Art einer nur im Einzelrichterprozess gesetzlich vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (zB „es mutet ... befremdlich an“).

Spekulationen über Alternativszenarien und vom Opfer zu erwartende Handlungsweisen (schriftliches Festhalten der Geldübergaben) sowie die Bewertung dessen tatsächlichen Agierens als „nicht nachvollziehbar“ oder nicht „lebensnahe“ (teilweises Ausborgen des für die Angeklagte bestimmten Geldes) ist nicht Gegenstand einer prozessordnungsgemäß dargestellten Tatsachenrüge (Z 5a).

Der ‑ noch dazu substratlos erhobene ‑ Vorwurf der „Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Erforschung der Wahrheit“ versäumt die Darlegung, wodurch die Angeklagte an der Ausübung ihres Rechtes, Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS‑Justiz RS0114036, RS0115823; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 480).

Kein Feststellungsmangel (vgl dazu Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 600 ff) wird in einer meritorisch behandelbaren Form vorgebracht, wenn die Rechtsmittelwerberin aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO auf eine Aussage des Opfers verweist, „die Angeklagte habe ihm gegenüber erwähnt, die ihr ausgehändigten Geldbeträge im Herbst 2013 zurückzubezahlen“, und dies in Relation zur Anklageerhebung im Oktober 2013 (ON 11) setzt.

Die Bezugnahme auf das Vorbringen der formellen Nichtigkeitsgründe ist sinnfällig nicht geeignet, eine materiell‑rechtliche Nichtigkeit zur prozessordnungskonformen Darstellung zu bringen (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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