OGH 5Ob88/14y

OGH5Ob88/14y25.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Grohmann, Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Mag. S*****, 2. Mag. P*****, beide vertreten durch Dr. Sebastian Lenz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. H*****, 2. W*****, 3. M*****, 4. G*****, 5. W*****, sämtliche vertreten durch Mag. Guido Zorn, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 3 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Jänner 2014, GZ 39 R 336/13w‑17, womit über Rekurs der Antragsteller und der Antragsgegner der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 16. August 2013, GZ 61 Msch 6/13f‑9, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00088.14Y.0725.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den von den Antragstellern gestellten Antrag auf Austausch der zu ihrer Wohnung führenden und/oder innerhalb dieser Wohnung verlaufenden Bleiwasserrohre nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die Kosten beider Rechtsmittelverfahren werden der Endentscheidung vorbehalten.

 

Begründung:

Die Antragsgegner sind Vermieter der von den Antragstellern mit Mietvertrag vom 22. 6. 1989 gemieteten Wohnung.

Mit am 1. 8. 2012 bei der Schlichtungsstelle eingelangtem Antrag begehrten die Antragsteller, dass den Antragsgegnern der Austausch der massiv bleiabgebenden Leitungen im Haus zum vermieteten Objekt und die Sanierung der desolaten Holzfenster aufgetragen werden möge.

Sie brachten vor, dass eine Analyse des Trinkwassers der Wohnung ergeben habe, dass dieses den erlaubten Grenzwert an Bleigehalt um ein Vielfaches überschreite und somit gesundheitsschädigend sei. Nach Auskunft der Stadt Wien sei die Zuleitung zum Haus bereits zur Gänze erneuert. Der Bleigehalt könne daher nur von alten Leitungen im Haus selbst stammen. Die Holzfenster befänden sich in einem desolaten Zustand.

Die Schlichtungsstelle gab mit Entscheidung vom 4. 3. 2013 dem Antrag der Antragsteller auf Fenstersanierung statt und wies den Antrag auf Austausch der Bleileitungen ab.

Nur die Antragsteller riefen gegen diese Entscheidung der Schlichtungsstelle das Erstgericht an, wobei sie ausdrücklich ausführten, die Entscheidung über den Antrag auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten an den Fenstern unangefochten zu lassen und somit nur der abweisende Teil der Schlichtungsstellenentscheidung betreffend den begehrten Austausch der bleiabgebenden Leitungen Gegenstand der Anrufung sei.

Sie stellten außer Streit, dass bei einem Wasservorlauf von einigen Minuten keine gesundheitsgefährdende Bleikonzentration vorliege. Diese Maßnahme sei jedoch den Antragstellern als Dauerlösung unzumutbar. Es sei auch nicht gewährleistet, dass nicht Dritte, wie Besucher, Handwerker oder andere Personen, die sich im Mietobjekt aufhielten, das gesundheitsschädliche Wasser trinken könnten. Aufgrund der alten Bleileitungen im Haus liege daher eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vor, deren Beseitigung in die Erhaltungspflicht der Vermieter iSd § 3 Abs 2 Z 2 iVm § 6 MRG falle.

Die Antragsgegner bestritten die Zulässigkeit der bloßen Teilabziehung und vertraten den Standpunkt, dass die Entscheidung der Schlichtungsstelle auch hinsichtlich des stattgebenden Teils bezüglich der Fenstersanierung nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Sie stellten im Übrigen einen ‑ mittlerweile rechtskräftig zurückgewiesenen ‑ Antrag auf Feststellung „der inhaltlichen Beurteilung des Antrags der Antragsteller über den Umfang der Abziehung“.

Zum Antrag der Antragsteller auf Austausch der Bleileitungen wendeten die Antragsgegner ein, dass Erhaltungspflichten der Antragsgegner schon deshalb nicht bestünden, weil alle Wasserleitungen, die in allgemeinen Teilen der Liegenschaft verliefen, bereits in Kupfer oder Kunststoff ausgeführt seien. Die Antragsteller hätten im Übrigen selbst außer Streit gestellt, dass keine gesundheitsgefährdende Bleikonzentration im Wasser vorliege, wenn die Antragsteller das Wasser vor der Entnahme von Trinkwasser einige Minuten laufen ließen. Insgesamt sei eine erhebliche Gesundheitsgefährdung der Antragsteller nicht zu befürchten; eine Beurteilung nach § 1096 ABGB habe im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht stattzufinden.

Das Erstgericht wies ‑ ohne Durchführung eines Beweisverfahrens und ohne Abhaltung einer Tagsatzung ‑ den Antrag der Antragsteller auf Austausch der bleiabgebenden Leitungen nur ausgehend vom Vorbringen der Antragsteller ab. Zu dem ursprünglich vor der Schlichtungsstelle gestellten Antrag auf Durchführung der Sanierung der Fenster im Mietobjekt ging das Erstgericht erkennbar davon aus, dass die Antragsteller in ihrem Antrag an das Gericht ausdrücklich und unmissverständlich erklärt hätten, dass sie die stattgebende Entscheidung der Schlichtungsstelle über den Antrag auf Erhaltungsarbeiten an den Fenstern der Wohnung nicht zu Gericht abziehen wollten.

Zu dem Antrag in Ansehung des begehrten Austauschs der „Bleileitungen“ verwies das Erstgericht darauf, dass die Antragsteller sich nicht auf § 3 Abs 2 Z 1 MRG gestützt hätten. Die Antragsgegner wären aber auch nach § 3 Abs 2 Z 1 MRG nicht zum Austausch der Leitungen verpflichtet, weil der Austausch bleihaltiger Leitungen schon begrifflich nicht zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses erforderlich sei. Nach dem Vorbringen der Antragsteller sowohl in ihrem Antrag an die Schlichtungsstelle als auch im Gerichtsverfahren sei gerade nicht behauptet worden, dass die erhebliche Gefahr vom Mietgegenstand selbst ausgehe. Überdies hätten die Antragsteller außer Streit gestellt, dass bei einem Wasservorlauf von einigen Minuten keine gesundheitsgefährdende Bleikonzentration mehr vorliege. Gemäß § 6 Abs 1a MRG könnten dem Vermieter auch bei Bestehen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung Erhaltungsarbeiten nicht aufgetragen werden, wenn sich die Gesundheitsgefährdung durch andere, den Bewohnern des Hauses zumutbare Maßnahmen abwenden lasse. Darunter sei nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ein Wasservorlauf über einen vertretbaren Zeitraum zu zählen.

Den Sachbeschluss des Erstgerichts bekämpften einerseits die Antragsgegner mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass auch der Antrag auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten an den Fenstern abgewiesen werde.

Die Antragsteller bekämpften den erstgerichtlichen Sachbeschluss mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass ihrem Antrag auch in Ansehung des Austauschs der bleiabgebenden Leitungen im Haus stattgegeben werde.

Das Rekursgericht gab dem von den Antragsgegnern erhobenen Rekurs nicht Folge und änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluss über Rekurs der Antragsteller dahin ab, dass es den Antragsgegnern auftrug, die zur Wohnung führenden und/oder innerhalb dieser Wohnung verlaufenden Bleiwasserrohre binnen sechs Monaten gegen nicht Blei abgebende Leitungen auszutauschen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob ein minutenlanger Wasservorlauf zur Abwendung der Gesundheitsgefahr des sonst stark bleihältigen Wassers zumutbar sei. Das gelte auch für die Frage, ob eine ausdrückliche Teilabziehung im Falle eines Antrags nach § 6 Abs 1 MRG, der miteinander nicht im Zusammenhang stehende Erhaltungsarbeiten betreffe, zulässig sei.

Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, dass die Antragsteller ausdrücklich nur gegen den antragsabweisenden Teil der Schlichtungs-stellenentscheidung das Gericht angerufen hätten. Bei diesem Teil der Entscheidung handle es sich um einen Teilanspruch, der im Verhältnis zum weiteren Antrag auf Austausch der „Bleiwasserleitungen“ getrennt zu betrachten sei. Zutreffend habe das Erstgericht daher nur über den Antrag auf Austausch der Wasserleitungen entschieden.

Im Übrigen folgte das Rekursgericht den Antragstellern, dass ein Wasservorlauf durch einige Minuten schon aus ökologischen Gründen, aber auch aus Kostengründen unzumutbar sei. Es sei nicht bestritten worden, dass das aus dem Bestandobjekt entnommene Wasser ohne Vorlaufzeit von einigen Minuten einen gesundheitsgefährdenden Bleigehalt aufweise. Die Ursache der Bleikontamination des Wassers „müssten“ die im Haus verlaufenden Bleileitungen sein.

Gegen diesen Sachbeschluss des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin, dass sowohl der Antrag auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten an den Fenstern als auch der Antrag in Ansehung der Bleiwasserrohre abgewiesen werde. Hilfsweise stellen die Antragsgegner einen Aufhebungsantrag.

Die Antragsteller beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist schon deshalb zulässig, weil es an jeglichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen (zu den Bleiwasserrohren) fehlt, die eine abschließende rechtliche Beurteilung ermöglichen.

Der Revisionsrekurs ist insoweit teilweise im Sinne seines Aufhebungsantrags berechtigt.

In ihrem Revisionsrekurs machen die Antragsgegner ‑ unter dem Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens ‑ inhaltlich Feststellungsmängel geltend. Das Erstgericht habe den Sachantrag hinsichtlich der Bleileitungen ausgehend vom Vorbringen der Antragsteller abgewiesen. Das Rekursgericht habe den erstgerichtlichen Sachbeschluss abgeändert, ohne dass Feststellungen getroffen worden seien, welche Bleirohre überhaupt für eine allfällig überhöhte Bleikonzentration verantwortlich seien; es fehlten auch Feststellungen darüber, welche Bleikonzentration das Wasser aufweise. Darüber hinaus sei unbeachtet gelassen worden, dass keine Feststellung getroffen worden sei, aus der sich ergebe, dass die erhebliche Gesundheitsgefährdung der Antragsteller vom Mietgegenstand selbst ausgehe. Das Rekursgericht habe auch nicht beachtet, dass der Antrag jedenfalls in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs 1a MRG abzuweisen gewesen wäre, weil eine allfällige Gesundheitsgefährdung durch zumutbare Maßnahmen (Wasservorlauf) hintangehalten werden könne. Letztlich seien auch keinerlei Feststellungen getroffen worden, ob nicht die Bleikontamination durch Installationskomponenten vom Mietgegenstand der Antragsteller selbst ausgehe.

Zu dem stattgebenden Teil der Schlichtungsstellenentscheidung (Sanierung der Fenster) stehen die Antragsgegner nach wie vor auf dem Standpunkt, dass durch die Anrufung des Gerichts durch die Antragsteller auch dieser Teil der Schlichtungsstellenentscheidung außer Kraft getreten sei.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

1. Durch die Abziehung von der Schlichtungsstelle an das Gericht wird im Zweifel das gesamte bei der Schlichtungsstelle anhängige Verfahren bei Gericht anhängig. Die Schlichtungsstelle hat, sobald das Begehren bei Gericht eingebracht wurde, das Verfahren einzustellen. Allerdings kommt eine Teilabziehung ausnahmsweise bei ausdrücklicher Abziehung nur eines Teils des Antrags oder aber bei ihrem Wesen nach voneinander unabhängigen Anträgen in Betracht (RIS‑Justiz RS0111174; 5 Ob 185/99p; T. Klicka in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 40 MRG Rz 9 mwN). Genau dieser Fall liegt hier vor, weil die Antragsteller in ihrem Antrag an das Gericht in unmissverständlicher Weise klar machten, dass sie die ‑ zu ihren Gunsten ergangene ‑ Entscheidung der Schlichtungsstelle über die Sanierung der Fenster, die im Übrigen von dem weiteren Sachantrag auf Austausch der Bleirohre unabhängig ist, nicht zum Gegenstand ihres Sachantrags vor Gericht machten. Zutreffend sind daher die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass diese Entscheidung in Teilrechtskraft erwachsen ist und nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens war.

2. Im Ergebnis zutreffend zeigen die Antragsgegner in ihrem Revisionsrekurs jedoch auf, dass es an jeglicher Feststellungsgrundlage für die Beurteilung der Berechtigung des Antrags der Antragsteller auf Austausch „massiv bleiabgebender Leitungen im Haus zum vermieteten Objekt“ fehlt:

2.1 Gemäß § 3 Abs 2 Z 2 MRG fallen Arbeiten, die zur Erhaltung der Mietgegenstände des Hauses erforderlich sind, in die Erhaltungspflicht des Vermieters, wenn es sich um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses oder um die Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung handelt oder wenn sie erforderlich sind, um einen zu vermietenden Mietgegenstand in brauchbarem Zustand zu übergeben.

2.2 Die durch die Wohnrechtsnovelle 2006 BGBl I 2006/124 (WRN 2006) eingefügte Verpflichtung des Vermieters zu Erhaltungsarbeiten im Inneren des Mietgegenstands, wenn von diesem eine erhebliche Gesundheitsgefährdung ausgeht, gilt infolge der Übergangsbestimmung des § 49e Abs 1 MRG sowohl bei Alt-als auch bei nach dem 30. 9. 2006 neu geschlossenen Mietverträgen (T. Hausmann/O. Riss in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 3 MRG Rz 17a; 5 Ob 80/12v wobl 2013/71).

2.3 Die Auffassung der Antragsgegner, dieser Tatbestand sei schon dann nicht erfüllt, wenn die erhöhte Bleikonzentration im Trinkwasser ausschließlich auf einer (Bleirohr‑)Leitungsführung außerhalb des Mietobjekts beruhe, ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend: Eine Erhaltungspflicht des Vermieters kann zwar nur eingreifen, wenn die Ursache für die Überschreitung des Grenzwerts innerhalb des Hauses zu finden ist, was etwa dann nicht der Fall ist, wenn das öffentliche Leitungsnetz der Gemeinden Quelle der Kontamination ist (Riss, Erhaltungspflichten im MRG: Alte Bleirohre und neue Rechtslage, ecolex 2005, 360).

Sind aber Bleirohre im Inneren des Hauses für eine Trinkwasserkontamination ursächlich, so trifft den Vermieter grundsätzlich eine Behebungspflicht unabhängig davon, ob es sich um Leitungen im Mietobjekt selbst oder Leitungen in den allgemeinen Teilen des Hauses handelt. Die Gesundheitsgefährdung liegt in diesem Fall in der vom Vermieter zur Verfügung gestellten Wasserentnahmestelle im Mietobjekt, die Wasser mit einer erhöhten Bleikonzentration abgibt. Wäre also die Leitungsführung in allgemeinen Teilen des Hauses ursächlich für eine erhöhte Bleikonzentration in dem Wasser, das aus der im Mietobjekt der Antragsteller befindlichen Wasserentnahmestelle abgegeben wird, rechtfertigt dieser Umstand allein nicht die von den Antragsgegnern angestrebte Antragsabweisung.

2.4 Allerdings fehlen im Anlassfall ‑ wie der Revisionsrekurs zutreffend aufzeigt ‑ Feststellungen dazu, ob und welche konkreten Rohre im Haus für eine erhöhte Bleikonzentration im Trinkwasser verantwortlich sind. Die Antragsgegner haben im Gerichtsverfahren ausdrücklich die Behauptung aufgestellt, dass sämtliche Wasserleitungen in den allgemeinen Teilen der Liegenschaft bereits in Kupfer oder Kunststoff ausgeführt seien. Damit ist nicht geklärt, ob eine allfällig erhöhte Bleikonzentration im Wasser überhaupt durch eine im Verantwortungsbereich der Antragsgegner stehende Leitungsführung verursacht ist. Ferner fehlen zur Beurteilung der erheblichen Gesundheitsgefährdung Feststellungen, wie hoch die Bleikonzentration des aus der Wasserentnahmestelle der Wohnung abgegebenen Wassers ist.

2.5 Sollte aufgrund der vom Erstgericht ergänzend zu treffenden Feststellungen eine gesundheitsgefährdend erhöhte Bleikonzentration durch im Haus verlaufende Leitungen erwiesen sein, wird unter Bedachtnahme auf § 6 Abs 1a MRG idF der WRN 2006 ferner zu prüfen sein, ob sich eine allfällige Gesundheitsgefährdung nicht durch andere zumutbare Maßnahmen abwenden lässt. Dafür bedürfte es insbesondere der Feststellung der Dauer des zur Behebung der gesundheitsgefährdenden Bleikonzentration erforderlichen Wasservorlaufs: Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 5 Ob 233/04g (immolex 2005/43 [G. Weixelbraun, Hüttler] = wobl 2005/122 [Rosifka]) eine Erhaltungspflicht bei einem zur Behebung der Gesundheitsgefährdung ausreichenden Wasservorlauf von nur einer Minute mit der Begründung eines bloß geringfügigen Aufwands verneint.

Die an dieser Entscheidung geübte Kritik (Rosifka in Glosse zu wobl 2005/122) ist insofern überholt, als der Gesetzgeber den in 5 Ob 233/04g zum Ausdruck kommenden Zumutbarkeitsgedanken in § 6 Abs 1a MRG in generalisierter Form unter ausdrücklicher Billigung des konkreten Ergebnisses der Entscheidung positiviert hat (ERV 1183 BlgNR 22. GP  25; Stabentheiner, Die Änderungen des Mietrechts durch die Wohnrechtsnovelle 2006, ÖJZ 2006, 743 [748]).

Klarzustellen ist jedoch, dass § 6 Abs 1a MRG nur die Zumutbarkeit für die Bewohner, also die Effektivität von Alternativmaßnahmen, anspricht. Hingegen hängt die Zuordnung einer Erhaltungsmaßnahme zu § 3 Abs 2 Z 2 zweiter Fall MRG nicht von der Höhe des dafür erforderlichen Aufwands ab (5 Ob 173/10t SZ 2010/136 ua).

3. Wegen des gänzlichen Fehlens von Tatsachenfeststellungen zu den strittigen Fragen kommt ein Eingehen auf die in diesem Verfahrensstadium bloß hypothetische Frage, ob den Mietern ein ‑ zeitlich im Übrigen nicht näher spezifizierter ‑ Wasservorlauf von „einigen Minuten“ zur Abwendung einer ‑ nicht feststehenden -Gesundheitsgefährdung durch eine Bleikonzentration im Wasser, die aus einer Wasserleitung im Haus resultiert ‑ was ebenfalls nicht feststeht ‑ zumutbar ist, nicht in Betracht. Eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen ist unumgänglich. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren daher ‑ nach Erörterung mit den Parteien und allenfalls nach Durchführung eines Beweisverfahrens, wenn keine Außerstreitstellung des maßgeblichen Sachverhalts erfolgt ‑ zu den dargestellten Themen Sachverhaltsfest-stellungen zu treffen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (RIS‑Justiz RS0123011 [T1]).

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