OGH 5Ob80/12v

OGH5Ob80/12v16.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin B***** V*****, vertreten durch Mag. Alexandra Perchtold, Sekretärin der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen den Antragsgegner A***** Z*****, vertreten durch Mag. Christian Grasl, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm §§ 3, 6 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Februar 2012, GZ 38 R 281/11x-23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Die Antragstellerin mietete beginnend mit 1. 4. 1998 in dem im Eigentum des Antragsgegners stehenden Haus zwei ebenerdige Geschäftslokale samt Nebenräumen, wobei letztere als Wohnung gewidmet waren. In einer Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag wurde ihr das Recht eingeräumt, die Objekte zusammenzulegen und auf eigene Kosten baubehördlich eine Umwidmung als Wohnung zu erwirken. Sämtliche Arbeiten müssten durch hiezu befugte Gewerbetreibende unter Einhaltung aller hiefür geltenden Vorschriften durchgeführt werden. Für alle eventuell auftretende Schäden, auch Dritter und Folgeschäden, habe die Mieterin die volle Haftung zu übernehmen.

Diese Vereinbarung hält der Antragsgegner mit der Behauptung, damit sei in Anbetracht des niedrigen Hauptmietzinses wirksam die Erhaltungspflicht auf die Mieterin überwälzt worden, ihrem Begehren auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten im baubehördlich als Wohnung gewidmeten Objekt entgegen.

Beide Vorinstanzen trugen dem Antragsgegner gemäß § 6 Abs 1 MRG die Beseitigung der umfangreichen Feuchtigkeits- und Schimmelschäden im Mauerwerk und Fußbodenaufbau auf. Diese Arbeiten seien zur Beseitigung eines ernsten Schadens des Hauses und zur Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden Gesundheitsgefährdung erforderlich.

Im außerordentlichen Revisionsrekurs hält der Antragsgegner die Ansicht aufrecht, der Stattgebung des Begehrens der Mieterin stehe die von ihr übernommene Erhaltungspflicht entgegen. Weil die Vereinbarung vor Inkrafttreten der WRN 2006 getroffen worden sei, komme der Tatbestand der Gesundheitsgefährdung nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG idF der WRN 2006 nicht zur Anwendung. Außerdem sei bei gemieteten Lagerräumen eine andere Beurteilung von Feuchtigkeitsschäden geboten.

Rechtliche Beurteilung

Damit werden keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt:

1. Die Änderungen des § 3 MRG durch die WRN 2006 BGBl I 2006/124 traten zufolge § 49e Abs 1 MRG mit 1. 10. 2006 in Kraft. § 49e Abs 9 MRG regelt, dass die WRN 2006 ab dem 1. 10. 2006 auch auf Mietverträge anzuwenden ist, die vor dem 1. 10. 2006 geschlossen worden sind.

2. Dass die im vorliegenden Fall durchzuführenden Arbeiten zur Behebung der vom Erstgericht, gestützt auf ein Sachverständigengutachten, über viele Seiten detailliert festgestellten Feuchtigkeits- und Schimmelschäden Arbeiten iSd § 3 Abs 2 Z 1 und 2 MRG sind, bedarf angesichts der umfangreichen einschlägigen Rechtsprechung keiner weiteren Erörterung. Hier liegt ein ernster Schaden des Hauses vor, weil durch die Wassereinwirkung die Bausubstanz angegriffen wird (vgl RIS-Justiz RS0102183; RS0069985; RS0069886; RS0068416 ua).

3. Zutreffend haben die Vorinstanzen den zwingenden Charakter der Erhaltungspflicht des Vermieters erkannt. Diese Erhaltungspflicht ist im Voraus unabdingbar, soweit nicht im Zeitpunkt der Vereinbarung eine Ausnahme vom Vollanwendungsbereich des MRG bestand (RIS-Justiz RS0021233; RS0069563; 5 Ob 280/05w MietSlg 57.251, 57.258, 57.300).

4. Es kann daher auf sich beruhen, ob zwischen den Parteien des Bestandvertrags überhaupt eine Vereinbarung zustandekam, mit der der Mieterin die Erhaltungspflicht des Bestandobjekts hinsichtlich ernster Schäden des Hauses überbunden wurde.

5. Das Argument, bei gemieteten Lagerräumen sei die Erhaltungspflicht des Vermieters im Hinblick auf Feuchtigkeitsschäden anders zu beurteilen als bei Wohnräumen, ist mit dem Wortlaut des § 3 Abs 1 und 2 MRG, worin es um die Erhaltung der „Mietgegenstände“ geht, nicht in Übereinstimmung zu bringen. Abgesehen davon hat der Antragsgegner im Zusatzvertrag zum Mietvertrag am 7. 4. 1998 einer Umwidmung in Wohnräume zugestimmt.

Mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG war daher das außerordentliche Rechtsmittel des Antragsgegners zurückzuweisen.

Stichworte