OGH 8Ob59/14f

OGH8Ob59/14f23.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** T*****, vertreten durch Dr. Gerhard Schultschik, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, 3100 St. Pölten, Landhausplatz 1, vertreten durch Dr. Georg Schober, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 95.212,10 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. April 2014, GZ 14 R 214/13p‑21, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00059.14F.0723.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

1. Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Entzündung der Bandscheibe (Spondylodiszitis) bei der Klägerin nicht als Folge eines fehlerhaften ärztlichen Verhaltens zu interpretieren, sondern als schicksalhafte Komplikation anzusehen ist. Die Beklagte hat damit nicht für die Folgen des Entzündungsprozesses, sondern (nur) für die Verzögerung der Diagnose einzustehen. Dementsprechend haben die Vorinstanzen der Klägerin für die zeitliche Verzögerung des therapeutischen Ablaufs bei richtiger Behandlung aufgrund der mangelhaften Diagnose bei der Beklagten für die Zeit vom 28. 7. bis 14. 8. 2009 Schmerzengeld zugesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Bei der zugrunde liegenden Beurteilung ist das Berufungsgericht von den zutreffenden Grundsätzen zur Beweis‑(last‑)erleichterung für den Kausalitätsbeweis bei ärztlichen Behandlungsfehlern ausgegangen (siehe dazu vor allem RIS‑Justiz RS0038222; 3 Ob 233/13f).

2.1 In der außerordentlichen Revision steht die Klägerin weiterhin auf dem Standpunkt, dass der schuldhafte Behandlungsfehler geradezu auf einen nachteiligen Kausalverlauf für alle von ihr behaupteten Gesundheitsschäden hinweise, weshalb der Anscheinsbeweis dafür ausreiche. Die Klägerin bezieht sich damit auf weitere Schmerzen, auf Spät‑ und Dauerschäden sowie auf die Aufgabe ihres Frisörbetriebs.

Ausgehend von den Feststellungen hat sich der Entzündungsprozess mit der richtigen Therapie ab 14. 8. 2009 regelrecht zurückgebildet; für die weiteren Schmerzen der Klägerin besteht kein organmanifestes Substrat. Dementsprechend bestehen auch keine Spät‑ oder Dauerfolgen. Zudem wurde für die Klägerin der Betrieb ihres Frisörgeschäfts nicht aufgrund der Verzögerung der Diagnose unmöglich.

Die Klägerin erkennt selbst, dass sich ihre Überlegungen in Anbetracht dieser Feststellungen lediglich auf die Frage beziehen können, ob ihr der Anscheinsbeweis ‑ soweit dieser überhaupt zulässig ist -gelungen ist. Diese Frage betrifft die Beweiswürdigung, die im Revisionsverfahren allerdings nicht mehr überprüfbar ist (RIS‑Justiz RS0112460). Im gegebenen Zusammenhang ist die Klägerin auch darauf hinzuweisen, dass die von ihr behaupteten weiteren Gesundheitsschäden nicht objektivierbar sind und Spät‑ und Dauerfolgen nicht vorliegen. Entgegen ihren Ausführungen betreffen diese Fragen nicht den Kausalverlauf.

2.2 Die Klägerin beruft sich auch zu Unrecht auf eine alternative Kausalität. Dafür wäre vorausgesetzt, dass unterschiedliche Schadensursachen (haftungsbegründendes Verhalten einerseits und in den Bereich des Geschädigten fallende potentielle Ursache oder Zufall andererseits) für den Schadenseintritt in höchstem Grad adäquat waren. Die Handlung des potentiellen Schädigers muss also einen vollen Haftungsgrund darstellen und für sich geeignet sein, als Schadensursache in Frage zu kommen (1 Ob 63/11p; vgl auch RIS‑Justiz RS0090872).

In Bezug auf die weiteren von der Klägerin behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen fehlt es schon an einem von ihr nachgewiesenen Schaden. Entgegen ihren Ausführungen wurden die angeblichen weiteren Schadensfolgen auch nicht möglicherweise durch ein kausales und insgesamt haftungsbegründendes Verhalten der Ärzte der Beklagten herbeigeführt. Eine Unaufgeklärtheit dahin, dass nicht festgestellt werden konnte, ob der weitere Schaden entweder durch das haftungsbegründende Verhalten der Beklagten oder aber durch einen der Klägerin zurechenbaren Umstand (zB Zufall) verursacht wurde, liegt nicht vor.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte