OGH 4Ob122/14s

OGH4Ob122/14s17.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr.

Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch die Eckert Fries Prokopp Rechtsanwälte GmbH in Baden, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde V*****, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Graz, wegen 306.991,88 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. Mai 2014, GZ 3 R 58/14v‑18, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 11. Dezember 2013, GZ 27 Cg 122/13x‑11, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00122.14S.0717.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin, ein Eisenbahnunternehmen, begehrt von der beklagten Gemeinde 306.991,88 EUR sA mit dem Vorbringen, im Rahmen ihres Eisenbahnbetriebs entstünden ihr laufend unter § 48 EisbG subsumierbare Kosten für die bauliche Umgestaltung, die künftige Erhaltung und die Inbetriebhaltung von vier im Gemeindegebiet der Beklagten liegende Eisenbahnkreuzungen, die von ihr als Eisenbahnunternehmen und der Beklagten als Trägerin der Straßenbaulast je zur Hälfte zu tragen seien. Der Klagsbetrag entspreche der Hälfte der in den Jahren 2010 und 2011 für die vier näher bezeichneten Eisenbahnkreuzungen aufgelaufenen Erhaltungs‑ und Betriebskosten. Die Klägerin stütze ihr Begehren auf § 48 Abs 2 EisbG, hilfsweise auf diese Norm iVm bereicherungsrechtlichen Bestimmungen, hilfsweise aber auch auf Bereicherungsrecht im Allgemeinen, Geschäftsführung ohne Auftrag und jeden erdenklichen Rechtsgrund. Gemäß §§ 16 und 39 Stmk LStVwG sei die Beklagte verpflichtet, die Straßen zu erhalten; die Klägerin habe für sie diese Arbeiten übernommen.

Die Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und wendete ein, die Eisenbahnkreuzungen bestünden schon seit Jahrzehnten. Bisher habe die Klägerin von der Beklagten als Trägerin der Straßenbaulast nie einen Beitrag gefordert; daher sei ein solcher nicht budgetiert und Mittel nicht vorhanden. Der ordentliche Rechtsweg sei unzulässig, weil die Festsetzung der Kostentragung im Verwaltungsverfahren zu erfolgen habe und teilweise auch erfolgt sei. Eine (neuerliche) Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Kostentragung sei daher ausgeschlossen.

Das Erstgericht erklärte das gesamte vorangegangene Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs für nichtig und wies die Klage zurück. Die Kostentragungsregel des § 48 EisbG sei als abschließend zu verstehen, sodass auch die Durchsetzung des bereits durch das Gesetz dem Grunde nach geschaffenen Titels nach öffentlich‑rechtlichen Verfahrensvorschriften zu erfolgen habe. Darauf, wann der mit dem Deregulierungsgesetz novellierte § 48 EisbG in Kraft getreten sei und wann die im Verfahren vorgelegten Bescheide über die Anordnung der Errichtung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzungen ergangen seien, komme es nicht an. Nach wie vor bleibe für das Austragen eines Streits über die Kostentragung kein Raum für ein zivilgerichtliches Verfahren.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung (in der Hauptsache) und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs zur Klärung der Kostentragungsfrage im Zusammenhang mit der novellierten Fassung des § 48 EisbG fehle.

Entgegen der klägerischen Auffassung lasse sich auch aus den novellierten Fassungen des § 48 EisbG weder entnehmen, dass der Gesetzgeber die Zuweisung der Entscheidungskompetenz betreffend die Kostentragung an die zuständige Verwaltungsbehörde entfallen lassen hätte, noch dass der Verwaltungsweg nur für die Möglichkeit, einen abweichenden Verteilungsschlüssel zu beantragen, offen geblieben wäre. Der von der Klägerin vertretene Standpunkt hätte die Aufsplitterung der Zuständigkeitsfrage für die Kostentragung zur Folge, und zwar jeweils danach, ob eine Partei innerhalb von drei Jahren ab Rechtskraft der Anordnung bestimmter Maßnahmen bei einer Eisenbahnkreuzung die Verwaltungsbehörde anruft oder nicht. Allein der Umstand, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, eine derart aufgesplitterte Zuständigkeit zwischen den ordentlichen Gerichten und der Behörde schaffen zu wollen, dies unter gleichzeitiger Einrichtung einer speziellen Sachverständigenkommission, der sich die Behörde bei der Kostenfestsetzung zu bedienen habe, die den Gerichten bei einer Zuständigkeit zur Prüfung der Anspruchshöhe aber nicht zur Verfügung stünde, spreche gegen den klägerischen Standpunkt. Hiezu kämen verfassungsrechtliche Bedenken, die diese dann faktisch ergänzende Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zumindest im Grenzbereich mit sich brächte. Die Kosten der Baumaßnahmen und der künftigen Erhaltung müssten zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast immer entweder vertraglich geteilt oder bescheidmäßig festgesetzt werden. Die in Rede stehenden Investitions‑, Erhaltungs‑ und Inbetriebnahmekosten seien im Regelfall das Ergebnis eines in der Anordnung zu erblickenden einseitigen Gestaltungsakt der Behörde; aus einer verständigen und gesamtheitlichen Betrachtung der verschiedenen Fassungen des § 48 EisbG lasse sich die Zuordnung der gesamten Kostentragungsfrage zwischen Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast zum öffentlichen Recht erschließen. Damit liege keine bürgerliche Rechtssache vor, weshalb die Zweifelsregel des § 1 JN hier nicht zum Tragen komme. Dieses Ergebnis führe auch zu keinen Rechtsschutzdefiziten, sondern nur dazu, dass alle Kostenfestsetzungen (auch vorläufige) über Antrag durch die zuständige Verwaltungsbehörde unter Zuziehung der dort zur Verfügung stehenden Sachverständigenkommission zu erfolgen hätten, wobei die Folgen einer Antragstellung erst mehr als drei Jahre nach Rechtskraft der Anordnung (völliger Anspruchsverlust oder bloß keine Einwände gegen die Kostentragung dem Grunde nach zu gleichen Teilen) im Verwaltungsweg zu klären seien. Auch der Umstand, dass keine Partei die ‑ nach damals geltender Rechtslage rechtswidrige ‑ Unterlassung einer Regelung über die Tragung der Kosten der künftigen Erhaltung und Inbetriebhaltung bekämpft habe, vermöge keine nachträgliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Nachholung dieser Entscheidung zu begründen. Eine solche könne auch nicht aus dem andere Eisenbahnkreuzungen betreffenden Bescheid abgeleitet werden, welche den Ausspruch enthalte, dass die Kostenfrage bereits geregelt sei und die Kosten von der Klägerin zur Gänze getragen würden. Keine der Fassungen des § 48 EisbG eröffne die Möglichkeit zur Austragung von Streitigkeiten über die Kostentragung von Maßnahmen nach dieser Bestimmung vor den ordentlichen Gerichten, außer die Parteien hätten eine Vereinbarung über die Kostentragung getroffen, die sie durchsetzen wollten. Wenn die Klägerin auf den im erwähnten Bescheid angeblich enthaltenen „Verzicht der Klägerin auf einen Ausgleichsanspruch“ verweise und darin eine privatrechtliche Vereinbarung sehen wolle, sei ihr zu entgegnen, dass für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt maßgeblich sei, nicht jedoch ein dem Beklagtenvorbringen zuzuordnender (materieller) Einwand des Verzichts. Die von der Klägerin angedachte Korrektur der Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens, auch wegen nicht eingeleiteter Verwaltungsverfahren, im Wege der Geltendmachung zivilrechtlicher Bereicherungsansprüche sei mit dem Grundsatz der Gewaltentrennung unvereinbar.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin, mit dem sie die Verfahrensfortsetzung durch Eröffnung des Zivilrechtswegs anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend. Maßgeblich ist die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs, wofür der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist; es kommt nur darauf an, ob nach Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (RIS‑Justiz RS0045584). Auf die Einwendungen des Beklagten ist erst in der Sachentscheidung Bedacht zu nehmen (1 Ob 605/93 uva; RIS‑Justiz RS0045584 [T18]). Das Beklagtenvorbringen kann nur insoweit für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs herangezogen werden, als dadurch das Klagevorbringen verdeutlicht wird (10 Ob 6/05p ua; RIS‑Justiz RS0045584 [T44]).

Im Einzelfall wird die Zuweisung zum Bereich des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts in der Regel durch gesetzliche Bestimmungen getroffen, die entweder das betreffende Rechtsgebiet ausdrücklich als öffentliches Recht bezeichnen, oder eine Zuweisung an die Verwaltungsbehörden oder die Gerichte zum Ausdruck bringen (RIS‑Justiz RS0045438); im Zweifel müssen bürgerliche Rechtssachen gemäß § 1 JN mangels ausdrücklicher anderer Anordnung durch die Gerichte entschieden werden (RIS‑Justiz RS0045456). Soll von der Zuständigkeit der Gerichte eine Ausnahme geschaffen werden, muss sie in den hiefür erforderlichen „besonderen Gesetzen“ klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden; eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, die eine Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig (RIS‑Justiz RS0045474).

2. Das Rekursgericht beurteilte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch zutreffend als öffentlich‑rechtlich, weshalb die erwähnte Zweifelsregel nicht zum Tragen kommt. Zwar fällt die Straßenverwaltung in das Gebiet der Wirtschaftsverwaltung (RIS‑Justiz RS0032179) und sind daher auch Vereinbarungen über die Verpflichtung zur Erhaltung von Straßen privatwirtschaftliche Verträge, bezüglich derer Streitigkeiten im ordentlichen Rechtsweg ausgetragen werden müssen (dies gilt auch für von den Bundesbahnen abgeschlossene Verträge; RIS‑Justiz RS0045618), eine derartige Vereinbarung ist aber nicht streitgegenständlich. Die Klägerin will einerseits die gerichtliche Nachholung der ‑ nach damaliger Rechtslage normwidrig ‑ unterlassenen Kostenfestsetzung und andererseits eine verwaltungsbehördlich noch nicht vorgenommene, vom Parteienantrag abhängige und überdies befristete Kostenfestsetzung in Ansehung anderer Eisenbahnkreuzungen erreichen.

3. Die für die Kostentragung im Zusammenhang mit Eisenbahnkreuzungen maßgeblichen Bestimmungen des § 48 EisbG lauten:

Die Urfassung dieser Norm (BGBl 60/1957) lautete, soweit hier relevant:

§ 48 (1) Das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft hat auf Antrag eines Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Hauptbahn oder Nebenbahn einerseits und einer öffentlichen Straße anderseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege anzuordnen, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist. Das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.

(2) Das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft hat in der nach Abs 1 ergehenden Anordnung auch zu entscheiden, welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß die Verkehrsträger die durch die bauliche Umgestaltung und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Eisenbahn‑ oder Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung erzielten Verbesserung der Abwicklung des Eisenbahn‑ oder Straßenverkehrs, der hiedurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen.

(3) Das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen, die aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern besteht.

(4) Die Mitglieder und ihre Ersatzmänner sind vom Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmann) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss ein rechtskundiger und ein technischer Fachmann des Eisenbahnwesens sowie ein rechtskundiger und ein technischer Fachmann des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, sollen die beiden Fachmänner des Straßenwesens mit dem Straßenwesens des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. ...

(7) Die Bestimmungen des Abs 2 bis 5 stehen einer einvernehmlichen Kostenlösung der Verkehrsträger nicht entgegen.

Durch das sogenannte Deregulierungsgesetz (BGBl 151/2001) erhielt die Bestimmung ab 1. April 2002 folgenden Wortlaut:

§ 48 (1) Die Behörde hat auf Antrag eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Hauptbahn oder Nebenbahn einerseits und einer öffentlichen Straße anderseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege anzuordnen, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist. Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu ersetzen.

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen.

(3) Falls es das Eisenbahninfrastruktur-unternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden, welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahninfrastrukturunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Eisenbahn‑ oder Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung erzielten Verbesserung der Abwicklung des Eisenbahn‑ oder Straßenverkehrs, der hiedurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs 2 festgelegte Kostentragungsregelung.

(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Sachverständigenkommission, deren Geschäftsführung der Schieneninfrastrukturfinanzierungs‑Gesellschaft mbH obliegt, besteht aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine rechtskundige und eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine rechtskundige und eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, sollen die beiden Fachpersonen des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Norm am 1. April 2002 anhängige Verwaltungsverfahren waren nach der bisherigen Bestimmung weiterzuführen (§ 93 Abs 5 EisbG idF des BGBl 151/2001).

Nach zwei Novellen (BGBl I 38/2004 und BGBl I 125/2006), mit denen es bloß zu terminologischen Änderungen kam, erhielt die Norm mit BGBl 25/2010 am 23. April 2010 folgende derzeit aktuelle Fassung:

§ 48 (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt‑, Neben‑, Anschluss‑ oder Materialbahnen mit beschränkt‑öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen;

1. an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt‑, Neben‑, Anschluss‑ oder Materialbahn mit beschränkt‑öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;

2. die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt‑, Neben‑, Anschluss‑ oder Materialbahn mit beschränkt‑öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich sind.

Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auffassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auffassung eines schienengleichen Eisenbahnübergangs erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderliche Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.

(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,

1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder

2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt‑, Neben‑, Anschluss‑ oder Materialbahn mit beschränkt‑öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlich Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnübergangs erwachsen und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auslassung eines schienengleichen Eisenbahnübergangs und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs 2 festgelegte Kostentragungsregelung.

(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Geschäftsführung der Sachverständigenkommission obliegt der Schieneninfrastruktur‑Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Sachverständigenkommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, soll die Fachperson des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. Die Mitglieder der Sachverständigenkommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Bedachtnahme auf den Umfang der von der Sachverständigenkommission wahrzunehmenden Gutachtenstätigkeit durch Verordnung pauschalierte Beträge für das Sitzungsgeld der Mitglieder festlegen.

4. Nach der bis 31. 3. 2002 geltenden (alten) Rechtslage war die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit (Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft) für die Entscheidung der Kostenfrage umfassend und eindeutig festgelegt. Über die Kostenfrage hatte die Verwaltungsbehörde auch dann zu entscheiden, wenn einer der Verkehrsträger, ohne eine ausdrückliche Anordnung der Behörde abzuwarten, die bauliche Umgestaltung selbst durchgeführt hat (5 Ob 284/62 = SZ 35/115).

Daran haben die zeitlich folgenden Gesetzesänderungen grundsätzlich nichts geändert: Die Neuregelung bedeutet lediglich eine Hervorhebung der bereits nach alter Rechtslage gegebenen (§ 48 Abs 7 EisbG aF) Möglichkeit der einvernehmlichen Regelung (privatrechtlichen Vereinbarung), welche unstrittigerweise eine gerichtliche Durchsetzung (Klage auf Einhaltung der privatrechtlichen Vereinbarung) ermöglichte und nach wie vor ermöglicht. Unverändert bleibt die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde für den Fall eines Streits über die Kostenfrage. Offensichtliches Ziel der Novellierung („Deregulierungsgesetz“) ist die Entlastung der Verwaltungsbehörde, welche im vom Gesetzgeber offenbar gewünschten Grundfall nicht über die Kostenfrage entscheiden muss, weil die involvierten Verkehrsträger entweder zu einer einvernehmlichen Lösung finden oder aber die gesetzliche Zweifelsregelung (Kostentragung jeweils zur Hälfte) gilt. Lediglich ausnahmsweise können sich die betroffenen Verkehrsträger an die Verwaltungsbehörde wenden (Antragsrecht binnen drei Jahren ab Rechtskraft der Anordnung der Baumaßnahmen). Dass damit eine Änderung der Rechtslage in der Weise herbeigeführt werden soll, dass abgesehen von der gerichtlichen Entscheidungskompetenz im Fall geschlossener privatrechtlicher Kostentragungsvereinbarungen eine weitere gerichtliche Entscheidungskompetenz ‑ allenfalls sogar gleichzeitig oder nacheinander mit einer solchen der Verwaltungsbehörde ‑ für bestimmte (scheinbare) Regelungslücken geschaffen werden soll, ist weder naheliegend noch sinnvoll.

Das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, er habe eine aufgesplitterte Zuständigkeit zwischen ordentlichen Gerichten und Verwaltungsbehörden für die Festlegung der Kostentragung zwischen Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast schaffen wollen. Daran, dass bei Entkoppelung der Anordnung bestimmter Baumaßnahmen an Eisenbahnkreuzungen einerseits und der Frage der Kostentragung andererseits eine ausdrückliche Regelung für die Durchsetzung der gesetzlichen Hälfteregelung sinnvoll wäre, hat der Gesetzgeber offenbar nicht gedacht. Vielleicht ging er davon aus, dass von Eisenbahnkreuzungen betroffene Verkehrsträger in der Lage sind, mangels Einigungsmöglichkeit auf eine von der gesetzlichen Kostentragungsregel (je zur Hälfte) abweichende Regelung innerhalb von drei Jahren ab Rechtskraft der Anordnung der Baumaßnahme bei der Verwaltungsbehörde die entsprechende Änderung zu beantragen, jedenfalls aber entweder die gesetzliche Kostentragungsregel oder eine behördliche Anordnung zu befolgen (ohne dass es eines behördlichen Durchsetzungsverfahrens bedarf).

Da durch die Neuregelung zur Festlegung der Kostentragung nach § 48 Abs 2 EisbG somit keine neue oder ergänzende gerichtliche Zuständigkeit geschaffen wurde, bedarf es auch hier keiner Klärung, ob für eine bestimmte Eisenbahnkreuzung, für die ursprünglich schon vor Inkrafttreten des Deregulierungsgesetzes (Novellierung der Kostentragungsregeln) bauliche Änderungen angeordnet wurden, die neue oder die alte Rechtslage anzuwenden ist.

Aus dem ‑ inhaltlich keineswegs einschlägigen ‑ Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu F 1/2013‑20 lässt sich jedenfalls für den Standpunkt der Klägerin nichts gewinnen. Dort wird darauf verwiesen, dass die in der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 festgelegten Verpflichtungen zur Sicherung von öffentlichen Eisenbahnkreuzungen und die dadurch zusätzlich entstehenden Kosten nicht jedermann gleichermaßen treffen; vielmehr treffen die gemäß § 48 Abs 2 EisbG anteilig vom Erhalter von Straßen mit öffentlichem Verkehr zu tragenden Kosten typischerweise die Gebietskörperschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer in den Straßengesetzen festgelegten gesetzlichen Aufgaben (RZ 33). Ebenso wenig lässt sich aus dem von der Klägerin zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs zu 2012/06/0172 gewinnen, worin ausgesprochen wurde, dass der Kostenersatzanspruch der Feuerwehr nach dem burgenländischen Feuerwehrgesetz kein öffentlich‑rechtlicher Anspruch ist und daher nach § 1 JN vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden muss. Das dort bezogene Landesgesetz sah keine nachträgliche Festsetzung des Kostenersatzanspruchs durch eine Verwaltungsbehörde vor, ist daher mit der Regelung des § 48 EisbG nicht vergleichbar, welcher eine verwaltungsbehördliche Entscheidungskompetenz in Kostenfragen ausdrücklich normiert.

Das von der beklagten Stadtgemeinde in das Verfahren eingebrachte Argument, die Klägerin habe auf ihren Kostentragungsanspruch verzichtet, vermag die Zulässigkeit des Rechtswegs schon deshalb nicht zu begründen, weil diese nach Klagebegehren und Klagebehauptungen zu bestimmen ist. Materielle Einwendungen gegen den Anspruch können die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht begründen.

5. Mangels von der Klägerin behaupteter privatrechtlicher Vereinbarung mit der Beklagten über die Kostentragung steht ihr daher der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zur Änderung und/oder Durchsetzung der Kostentragungsverpflichtung im Zusammenhang mit Erhaltung und Betrieb von Eisenbahnkreuzungen entlang der von ihr betriebenen Eisenbahnstrecke nicht offen, weil sämtliche mit der Kostentragung verbundenen zivilrechtlichen Ansprüche von der Verwaltungsbehörde zu beurteilen sind.

6. Die verspätete Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten (§ 521a Abs 1 ZPO) war zurückzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO.

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