OGH 10Ob38/14g

OGH10Ob38/14g15.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Verlassenschaft nach dem am 19. September 2011 verstorbenen A*****, zuletzt *****, vertreten durch die erbsantrittserklärte (eheliche) Tochter C*****, diese vertreten durch Dr. Hugo Haslwanter, Rechtsanwalt in Telfs, gegen die Antragsgegnerin M*****, vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in Imst, wegen Feststellung der Nichtabstammung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 4. April 2014, GZ 53 R 30/14x‑6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Silz vom 10. März 2014, GZ 1 FAM 1/14b‑2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00038.14G.0715.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Feststellungsurteil des Bezirksgerichts Silz vom 1. 6. 1964 wurde festgestellt, dass A***** P***** der Vater der Antragsgegnerin ist. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Am 19. 9. 2011 verstarb A***** P***** unter Hinterlassung einer Ehegattin und vier ehelicher Kinder.

Die Antragsgegnerin machte im nach dem Erblasser anhängigen Verlassenschaftsverfahren als gesetzliche Erbin Pflichtteilsansprüche geltend und stellte den Antrag auf Inventarserrichtung (ON 67).

Die Antragstellerin vertrat daraufhin die Rechtsansicht, die Vaterschaft des Erblassers zur Antragsgegnerin wäre als Vorfrage zu prüfen.

Dieser Rechtsansicht folgte der Oberste Gerichtshof in der im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens ergangen Entscheidung 8 Ob 49/13h vom 28. 5. 2013 nicht. Es wurde ausgeführt, dass dem Festellungsurteil aus dem Jahr 1964 die Wirkungen der Rechtskraft zukomme, zu denen unter anderem die Bindungswirkung zählt, solange diese nicht im gesetzlich dafür vorgesehenen Verfahren nach Maßgabe der in Betracht kommenden Tatbestände unter Einhaltung der normierten Fristen beseitigt sei.

Mit ihrem am 27. 1. 2014 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin daraufhin die Feststellung, die Antragsgegnerin stamme nicht vom Erblasser ab. Sie bringt vor, bereits aufgrund einer noch zu Lebzeiten des Erblassers durchgeführten DNA‑Analyse sei das Ergebnis zu Tage getreten, dass der Erblasser nicht der Vater der Antragsgegnerin sei. Der nunmehr erhobene ‑ ausdrücklich auf die §§ 138a Abs 2 und 63 Abs 1 ABGB (nunmehr §§ 142 und 148 Abs 1 ABGB) gestützte Antrag unterliege keiner zeitlichen Begrenzung. In der Entscheidung 8 Ob 49/13h sei bereits ausgesprochen worden, dass eine gerichtlich festgestellte Vaterschaft nur so lange Gültigkeit habe, bis sie auf dem gesetzlich vorgesehenem Weg beseitigt werde. Damit sei indirekt zu verstehen gegeben worden, dass es sehr wohl ein Verfahren gebe, in dem die 1964 gerichtlich festgestellte Vaterschaft aufgehoben werde könne. Die Einleitung des vorliegenden (außerstreitigen) Verfahrens sei deshalb möglich. Die Frage der Rechtskraft stelle sich nicht. Die Bestimmungen des Abänderungsverfahrens nach den §§ 72 bis 77 AußStrG seien nicht anzuwenden, weil das Datum der Entscheidung, deren Abänderung beantragt werde, vor dem 31. 12. 2004 liege.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass dem Verfahren das Prozesshindernis der entschiedenen Rechtssache entgegenstehe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung (mit einer Maßgabe). Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Verfahren eine mit Urteil im Jahr 1964 festgestellte Vaterschaft beseitigt werden könne, keine Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ‑ entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts ‑ nicht zulässig.

1.1 Nach § 202 AußStrG 2005 ist dieses Gesetz auf die vor seinem Inkrafttreten anhängig gewordenen Streitigkeiten in Angelegenheiten, die nunmehr statt im streitigen Verfahren im Verfahren außer Streitsachen durchzusetzen wären, nicht anzuwenden. Eine solche Angelegenheit ist auch das Abstammungsverfahren (§§ 82 ff AußStrG). Wie bereits zu 3 Ob 72/08x ausgeführt wurde, gilt diese Zuständigkeitsregel nach den ErläutRV (abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG Anm zu § 202) auch für die Wiederaufnahme derartiger bereits abgeschlossener Verfahren. Um keine Rechtsschutzlücke entstehen zu lassen, sind daher dafür auch weiterhin die Vorschriften über die Nichtigkeits‑ und Wiederaufnahmsklage maßgeblich (ErläutRV abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG Anm zu § 202).

1.2 Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, dass das Urteil aus dem Jahr 1964 daher nur im Wege einer Nichtigkeits‑ oder Wiederaufnahmsklage nach den Bestimmungen der ZPO beseitigt werden könnte, wobei ‑ wie ausreichend deutlich aus der Entscheidung 8 Ob 49/13h hervorgeht ‑ dies nur nach Maßgabe der in Betracht kommenden Tatbestände unter Einhaltung der normierten Fristen möglich wäre.

2. Da die Antragstellerin aber keine Nichtigkeits‑ oder Wiederaufnahmsklage nach der ZPO erhebt, sondern ihre Ansprüche ausdrücklich nur im Verfahren außer Streitsachen ‑ unter Berufung auf die §§ 138 a Abs 2 und 163 Abs 1 ABGB (nunmehr §§ 142 und 148 Abs 1 ABGB) geltend machen will, hat sie sich in einer ‑ jede Umdeutung ausschließenden Deutlichkeit ‑ auf eine bestimmte Art der Prozessführung festgelegt. Eine Umdeutung kann daher nicht erfolgen (RIS‑Justiz RS0106420 [T1]). Dass das Rekursgericht nicht nach § 40a JN vorgegangen und dem Erstgericht nicht die Verhandlung und Entscheidung im streitigen Verfahren aufgetragen hat, begründet somit keinen Verfahrensmangel.

Da eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu der vom Rekursgericht als erheblich iSd § 62 AußStrG erachteten Rechtsfrage bereits vorliegt (3 Ob 72/08x) und auch die Revisionsrekurswerberin keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung aufzeigt, war der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG. Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil darin auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen wurde (6 Ob 14/10t: Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 749 mwN).

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