Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 20. Juni 2013, Zl D 47/10, wurde Rechtsanwalt Mag. Michael R***** der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er im Zeitraum 16. Juli 2009 bis 18. Juni 2010 im Verfahren AZ MA 50‑Schli‑I/3034/2009 des Magistrats der Stadt Wien und nachfolgend in den Verfahren AZ 34 Msch 63/09z und AZ 43 Msch 70/09d des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom Vermieter die Rückzahlung des von ihm seit September 2002 für die Wohnung Top 21 im Haus *****, bezahlten überhöhten Mietzinses begehrt hatte, obwohl er sich im September 2002 anlässlich des Abschlusses des Mietvertrags zur Bezahlung dieses Mietzinses bereit erklärt hatte und ihm seit damals bekannt war oder zumindest bekannt sein musste, dass dieser Mietzins gegen die gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften verstößt, wobei er erst zwei Monate vor Ablauf des von ihm durch Mieterkündigung beendeten Mietverhältnisses Einwendungen hinsichtlich Ausstattungskategorie, Mängel des Objekts und Mietzinsbildung erhoben hatte.
Der Disziplinarbeschuldigte wurde hiefür gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt 1990 zur Disziplinarstrafe einer Geldbuße von 1.500 Euro verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Erkenntnis bekämpft der Disziplinarbeschuldigte mit einer Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Die einen Widerspruch der Begründungserwägungen zum Sanktionsausspruch reklamierende Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 260 Abs 1 Z 3 StPO) zeigt keine Nichtigkeit auf. Da nämlich § 270 Abs 2 Z 5 StPO eine Anführung von Begründungserwägungen zum Sanktionsausspruch in den Entscheidungsgründen nicht verlangt, gilt ‑ bei daraus folgender Bedeutungslosigkeit eines Widerspruchs an sich ‑ stets allein die im Erkenntnis genannte Sanktion. Bloß eine durch davon abweichende Angaben der Entscheidungsgründe bewirkte Undeutlichkeit des Erkenntnisses wäre aus Z 3 beachtlich (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 279 mwN).
Davon kann aber vorliegend schon mit Blick auf den eindeutigen Sanktionsausspruch (einer gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt 1990 verhängten Geldbuße) und im Übrigen auch bei Heranziehung der Begründungserwägungen zur Strafbemessung (ES 7) entgegen dem eine Anwendung des § 39 DSt 1990 reklamierenden Berufungsstandpunkt keine Rede sein, weil dort darauf Bezug genommen wird, dass (damit den Strafausspruch inkludierend) „die Verurteilung an sich“, somit aber nicht bloß der Schuldspruch (§ 39 DSt 1990) ‑ in spezialpräventiver Hinsicht ausreiche.
Der Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) zuwider verstößt das festgestellte Verhalten des Disziplinarbeschuldigten, den vereinbarten, bereits beim Mietvertragsabschluss als gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen überhöht erkannten Wohnungsmietzins erst rund 7 Jahre danach behördlich sowie gerichtlich zurückzufordern, gegen die Bestimmung des § 3 RL‑BA.
Danach hat der Rechtsanwalt eine übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen. Jedenfalls dürfen Einwendungen gegen eine solche Forderung Ehre und Ansehen seines Standes nicht beeinträchtigen. Ein Rechtsanwalt hat demnach zwar eine übernommene Verbindlichkeit nicht in jedem Fall zu erfüllen. Vielmehr kann er Einwendungen erheben, sofern dadurch Ehre und Ansehen des Standes nicht beeinträchtigt werden (vgl VfGH 29. September 1997, B 506/97, VfSlg 14.906). Solcherart gegen Ehre und Ansehen des Rechtsanwaltsstandes verstoßende Einwendungen sind etwa solche, die auf Mutwillen (RIS‑Justiz RS0120583) oder auf schikanöser Rechtsausübung (vgl § 1295 Abs 2 ABGB) beruhen. Die vorliegend sachlich durch nichts begründende Geltendmachung einer bereits bei Vertragsabschluss erkannten Mietzinserhöhung erst rund 7 Jahre nach diesem Zeitpunkt ist als solcherart mutwillige und schikanöse Rechtsausübung zu beurteilen, die demgemäß gegen § 3 RL‑BA verstößt.
Der weitere Berufungseinwand, wonach aufgrund bei jedem Rechtsanwalt zu unterstellender Rechtskenntnisse „jede Mietzinsanfechtung eines Rechtsanwalts disziplinär zu ahnden wäre“, orientiert sich nicht am konkret inkriminierten Tatvorwurf, weil dem Disziplinarbeschuldigten nicht die Anrufung der Schlichtungsstelle sowie des Gerichts zwecks Herabsetzung des vereinbarten Hauptmietzinses an sich, sondern vielmehr angelastet wird, dass durch die erhobenen Einwendungen Ehre und Ansehen des Rechtsanwaltsstandes beeinträchtigt wurden (ES 6). Ob Mag. Michael R***** dabei „auf ausdrücklichen Wunsch seiner Ehegattin gehandelt hat“, ist für den inkriminierten Vorwurf gänzlich irrelevant.
Der ‑ weitwendig ausgeführten ‑ Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zuwider wurde die hier bekämpfte entscheidende Feststellung der bereits bei Mietvertragsabschluss vorgelegenen Kenntnis der Überhöhung des vereinbarten Mietzinses logisch und empirisch einwandfrei auf die ‑ vom Disziplinarbeschuldigten selbst betonte (ON 35 S 1) ‑ Spezialisierung in Mietrechtssachen sowie die Angaben des aufgrund des in der mündlichen Disziplinarverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks für glaubwürdig befundenen Zeugen DDr. Nikolaus S***** gestützt und solcherart mängelfrei die leugnende Verantwortung des Mag. Michael R***** als widerlegt erachtet (ES 5).
In diesem Zusammenhang bleibt anzumerken, dass der Disziplinarbeschuldigte mit dem Hinweis auf „Vorfälle im Haus, durch die meine Frau sehr stark gegen die Hausverwaltung emotionalisiert wurde“, keine nachvollziehbaren Gründe dafür vorzubringen vermochte, weshalb er, der „am Anfang mit der Wohnung zufrieden war“, sich solcherart plötzlich und unvermittelt zur Stellung eines Antrags auf Mietzinsüberprüfung veranlasst sah (ON 35 S 2).
Unberechtigt ist auch die einen Schuldspruch ohne Strafe (§ 39 DSt 1990) in eventu einen schriftlichen Verweis und die Herabsetzung der Geldbuße begehrende Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, zumal sich der Rechtsmittelwerber in Anbetracht des mit Blick auf das vor dem Hintergrund des Zeitverlaufs qualifiziert schikanöse Verhalten des Disziplinarbeschuldigten erheblichen Unrechts‑ und Schuldgehalts der Tat durch die ohnehin moderat ausgemessene Geldbuße nicht für beschwert zu erachten vermag.
Der Berufung war daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt 1990.
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