Spruch:
Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.
Die Akten werden dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien zurückgestellt.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Disziplinarbeschuldigte stützt ihren Delegierungsantrag auf die Befangenheit des Kammeranwalts, des Präsidenten des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien sowie des gesamten Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien.
Gemäß § 25 DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.
Eine Delegierung wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats ist nur dann statthaft, wenn entweder der gesamte Disziplinarrat oder so viele seiner Mitglieder befangen sind, dass dieser nicht mehr beschlussfähig ist (RIS‑Justiz RS0083346). Eine Befangenheit einzelner Mitglieder des Disziplinarrats bildet ebenso wenig einen Delegierungsgrund wie eine ‑ hier nach der Aktenlage allerdings nicht erkennbare ‑ Befangenheit dessen Präsidenten. Eine Ablehnung des Kammeranwalts ist nicht möglich (RIS‑Justiz RS0108958, RS0056819).
Der bloße Umstand, dass die dem Verfahren zugrunde liegende Disziplinaranzeige von einem Mitglied des Disziplinarrats erstattet wurde, ist kein wichtiger, eine Delegierung rechtfertigender Grund (RIS‑Justiz RS0056894, RS0056910). Entgegen der Ansicht der Disziplinarbeschuldigten kann das Stimmverhalten eines Mitglieds des Disziplinarrats bei der Wahl der Vizepräsidenten allein keinen Befangenheitsgrund darstellen.
Nach der Aktenlage hat sich eine ausreichende Anzahl der Mitglieder des Disziplinarrats für nicht befangen erklärt, sodass die Bildung eines Senats nach der Geschäftsverteilung möglich ist.
Dem unbegründeten Delegierungsantrag war sohin keine Folge zu geben.
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