OGH 9ObA50/14i

OGH9ObA50/14i25.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Wolfgang Cadilek in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei L***** GmbH *****, vertreten durch Dr. Karin Buzanich-Sommeregger, Dr. Stefan Köck, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. J***** B*****, vertreten durch Dr. Roland Gerlach, Mag. Eric Breiteneder, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zustimmung zur Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Februar 2014, GZ 8 Ra 112/13v‑26, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte wurde am 10. 1. 2005 bei der Klägerin in deren ***** Luxushotel als Verkaufsleiterin („Director of Sales“) eingestellt. Von September 2008 bis September 2009 befand sich die Beklagte in Karenz, verbrauchte danach Urlaub und wurde darüber hinaus bis 11. 1. 2010 dienstfrei gestellt. Von 1. 4. 2010 bis 24. 10. 2012 befand sie sich erneut in Mutterschutz und Karenz. Seit 25. 10. 2012 ist sie teilzeitbeschäftigt (36 Wochenstunden). Während der ersten Karenz der Beklagten wurde mit Wirkung zum Jahresbeginn 2009 beschlossen, die Verkaufsabteilung mit jenen zweier weiterer ***** Luxushotels, die vom selben internationalen Hotelkonzern betrieben wurden, zusammenzulegen („Complex of Sales“). Die Verkaufsabteilung blieb dabei in den gleichen Räumlichkeiten situiert. Die bisherige Stellvertreterin der Beklagten wurde zur Leiterin des „Complex of Sales“ bestellt. Sie ist im selben Büro, am selben Schreibtisch und mit denselben Arbeitsmitteln wie davor die Beklagte tätig. Das Aufgabengebiet der Verkaufsleitung blieb gleich, allerdings unterstehen der Leiterin nun die Mitarbeiter aller drei Verkaufsabteilungen, wobei auch die Arbeitsplätze der beiden anderen Hotels ins Hotel der Klägerin verlegt wurden. Warum die Änderung durchgeführt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Die Beklagte lehnte die ihr mit gleichen Bezügen angebotene (untergeordnete) Stelle als „Director of Training“ ab. Nach einem rechtskräftigen Urteil in einem Vorprozess der Parteien war sie dazu auch nicht verpflichtet.

Die Vorinstanzen lehnten die von der Klägerin begehrte Zustimmung zur Kündigung nach § 10 Abs 4 MSchG mangels des von der Klägerin behaupteten Wegfalls der Stelle der Beklagten ab.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer dagegen gerichteten Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Die Klägerin stützt ihr Begehren ausschließlich auf die betriebsbedingte Kündigungsmöglichkeit des § 10 Abs 4 2. Fall MSchG (betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Dienstnehmerin entgegenstehen; Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses für den Dienstgeber).

2. Die Frage, ob es sich noch um denselben Arbeitsplatz gehandelt hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, womit in der Regel keine in ihrer Bedeutung darüber hinausgehende Rechtsfrage begründet wird. Das ist auch hier nicht der Fall:

Die Vorinstanzen kamen aufgrund des Umstands, dass sich der Arbeitsplatz der Beklagten zwar insofern geändert hat, als die Verkaufsabteilung nun rund zwanzig statt bisher zehn Mitarbeiter und drei statt bisher ein Hotel umfasst, der Aufgabenbereich im Übrigen aber unverändert blieb und auch an derselben Örtlichkeit und mit denselben Betriebsmitteln verrichtet wird, zum Schluss, dass es sich um denselben Arbeitsplatz handelte. Dies ist in der konkreten Konstellation vertretbar. Schon deshalb ist die Argumentation der Klägerin, dass der bisherige Arbeitsplatz der Beklagten weggefallen sei und deshalb eine betriebsbedingte Kündigung vorliege, nicht zutreffend. Da überdies nicht festgestellt werden konnte, warum die Zusammenlegung der drei Verkaufsabteilungen beschlossen wurde, die Klägerin für das Vorliegen der betrieblichen Erfordernisse jedoch behauptungs- und beweispflichtig ist (vgl RIS‑Justiz RS0110154), muss auch die Negativfeststellung zu ihren Lasten gehen.

3. Warum der Klägerin eine nur interimistische Besetzung der Stelle nicht zumutbar gewesen sei, ist nicht ersichtlich, kann doch auch ein für eine höhere Position begründetes Dienstverhältnis mit einer Ersatzkraft so abgeschlossen werden, dass es mit der Rückkehr der karenzbedingt vorübergehend abwesenden Dienstnehmerin beendet (Befristung oder Kündigung) oder gegebenenfalls in seinem zeitlichen Ausmaß auf die Ergänzung der Teilzeitbeschäftigung eingeschränkt wird. Die Problematik, dass sich die Ersatzkraft uU über einen Zeitraum von mehreren Jahren in der neuen Position ‑ so die Klägerin ‑ „hervorragend bewährt“ hat, jene Arbeitnehmerin, die karenzbedingt abwesend war, aber ihr Recht auf Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nehmen will, hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen und ohne Einschränkung für Positionen wie jene der Beklagten generell zu Gunsten von Teilzeitbeschäftigten entschieden. Es widerspräche daher dem Zweck des Mutterschutzgesetzes, wenn der Dienstgeber selbst den Kündigungsgrund alleine durch die unbefristete Nachbesetzung der Stelle herstellen könnte.

4. Unter diesen Gesichtspunkten kommt es mangels betrieblicher Erfordernisse nicht mehr darauf an, ob die Beklagte zur Annahme der ihr alternativ angebotenen Stelle eines „Director of Training“ verpflichtet war. Auch dabei ist aber zu bedenken, dass der Dienstgeber verpflichtet ist, die Dienstnehmerin nach Ablauf des Karenzurlaubs in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war (s RIS‑Justiz RS0070881; Wolfsgruber in Neumayr/Reissner , ZellKomm I 2 MSchG § 15 Rz 22; Thomasberger in Burger‑Ehrnhofer/Schrittwieser/ Thomasberger , Mutterschutzgesetz und Väter-Karenzgesetz 2 Erl § 15 H 332), wird doch der Arbeitsvertrag durch die Karenz nur insofern abgeändert, als für einen befristeten Zeitraum die Arbeits- und die Entgeltpflicht ruhen.

5. Die Argumentation der Klägerin, dass mehrfache Mutterschutz- und Karenzphasen zu problematischen Kettenbefristungen führen könnten, wäre an der Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit sozial oder wirtschaftlich gerechtfertigter Kettenarbeitsverträge zu messen (RIS‑Justiz RS0028327). Das mit der Ersatzkraft der Beklagten ‑ hier ohnehin unbefristet ‑ abgeschlossene Dienstverhältnis ist jedoch nicht verfahrensgegenständlich.

6. Da die Revision damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufweist, ist sie zurückzuweisen.

Stichworte