European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080NC00028.14F.0526.000
Spruch:
Der Akt wird dem Bezirksgericht Amstetten zurückgestellt.
Text
Begründung
Mit Schriftsatz vom 26. 6. 2013 stellte der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin beim Landesgericht St. Pölten den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Antragsgegnerin habe ihren Hauptwohnsitz an der Adresse *****, an der Adresse *****, halte sie sich nur sporadisch auf.
Am 20. 11. 2013 richtete die Antragsgegnerin an das Landesgericht St. Pölten ein Schreiben, in dem sie unter anderem ausführte, dass sich ihr Hauptwohnsitz in *****, befinde, wo sie polizeilich gemeldet sei. Das Landesgericht St. Pölten sei daher nicht zuständig.
Mit Beschluss vom 25. 11. 2013 sprach das Landesgericht St. Pölten seine Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache an das Bezirksgericht Freistadt. Betreibe der Schuldner im Zeitpunkt der Konkursantragstellung kein Unternehmen, so sei gemäß § 182 IO das örtlich zuständige Bezirksgericht als Konkursgericht zuständig.
Mit Beschluss vom 9. 12. 2013 sprach das Bezirksgericht Freistadt aus, dass es örtlich unzuständig sei. Gleichzeitig überwies es die Insolvenzsache dem nicht offenbar unzuständigen Bezirksgericht Amstetten. Die Schuldnerin habe in einem Verfahren nach § 7 Abs 3 EO (Beschluss vom 16. 5. 2011) angegeben, dass sie sich seit 16. 1. 2011 ständig in *****, aufhalte. Ob der Beschluss vom 9. 12. 2013 den Parteien zugestellt wurde, kann dem Akt nicht entnommen werden.
Am 28. 3. 2014 richtete die Antragsgegnerin ein Schreiben an das Bezirksgericht Amstetten, in dem sie ausführte, dass sie seit 2009 mit K***** P*****, verheiratet sei.
Mit Beschluss vom 1. 4. 2014 sprach das Bezirksgericht Amstetten aus, dass es für die vorliegende Insolvenzsache unzuständig sei und die Rechtssache dem offenbar zuständigen Bezirksgericht Freistadt gemäß § 44 Abs 1 JN überwiesen werde. Die Zustellung dieses Beschlusses wolle durch das nunmehr zuständige Gericht gemäß § 44 Abs 2 JN vorgenommen werden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin weder in A***** gemeldet noch dort aufhältig sei. Die „Nebensitzmeldung“ in A***** sei aus nicht näher bekannten Gründen durch die Dienstgeberin erfolgt; die Abmeldung sei am 1. 4. 2014 vorgenommen worden. Die Antragsgegnerin sei in F***** wohnhaft und überwiegend im Ausland tätig. Auch die Zustellung dieses Beschlusses ist nicht nachgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Mit ‑ der vom Diplomrechtspfleger des Bezirksgerichts A***** unterfertigten ‑ Verfügung vom 6. 5. 2014 wurde nunmehr der Insolvenzakt dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen um Entscheidung des Kompetenzkonflikts gemäß § 47 JN übermittelt.
Die Vorlage ist aus mehreren Gründen nicht berechtigt.
1.1 Haben zwei Gerichte rechtskräftig ihre Unzuständigkeit ausgesprochen und liegen die Gerichte in verschiedenen Oberlandesgerichtssprengeln, so entscheidet über einen Zuständigkeitsstreit der Oberste Gerichtshof. Die Entscheidung hat gemäß § 6 OGHG im einfachen Senat, der aus fünf Mitgliedern besteht, zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0126085).
Für eine Entscheidung über einen negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN ist vorausgesetzt, dass rechtskräftige, die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse der beiden konkurrierenden Gerichte vorliegen (RIS‑Justiz RS0046299; 10 Nc 10/13x; Schneider in Konecny, Insolvenzgesetze § 63 IO Rz 175). Solange die Entscheidungen beider Gerichte nicht rechtskräftig sind, kann die Frage der Zuständigkeit noch im Rechtsmittelweg erledigt werden (RIS‑Justiz RS0046299).
1.2 Nach diesen Grundsätzen kann ein Kompetenzkonflikt erst dann entstehen, wenn die Zuständigkeitsentscheidungen den Parteien zugestellt wurden.
Eine Ausnahme kommt nur in Verfahren in Betracht, in denen noch keine Partei vorhanden ist, der eine Rechtsmittellegitimation zukommt (Schneider in Fasching/Konecny³ § 47 JN Rz 16). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor (vgl Schneider in Konecny, Insolvenzgesetze § 63 IO Rz 168; vgl auch 8 Nc 5/10t und 8 Nc 63/11y).
1.3 Vor Rechtskraft des Beschlusses des Bezirksgerichts F***** vom 9. 12. 2013 sowie des Beschlusses des Bezirksgerichts A***** vom 1. 4. 2014 ist die Vorlage an den Obersten Gerichtshof somit verfrüht. Bei einer verfrühten Vorlage hat das übergeordnete Gericht einen Rückleitungsbeschluss zu fassen (Schneider in Fasching/Konecny³ § 47 JN Rz 15).
2. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Insolvenzakt dem Obersten Gerichtshof durch den Diplomrechtspfleger des Bezirksgerichts A***** vorgelegt wurde. Die Vorlage hätte allerdings durch den zuständigen Richter erfolgen müssen.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Ersuchen um Entscheidung eines Kompetenzkonflikts auch im Wirkungskreis des Rechtspflegers dem Richter vorbehalten ist (4 Nc 24/09f; 8 Nc 63/11y).
3. Mangels eines Kompetenzkonflikts nach § 47 JN war der Insolvenzakt dem vorlegenden Bezirksgericht A***** zurückzustellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)