Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 556,99 EUR (darin 92,83 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, der seit 1986 in den Vereinigten Staaten von Amerika wohnt und nur fallweise nach Österreich kommt, ist Eigentümer einer Liegenschaft, die sich im Bereich einer verordneten und kundgemachten Trasse für eine Schnellstraße befindet. Er wusste, dass benachbarte Liegenschaften von der Trasse der Schnellstraße berührt werden. Über die Betroffenheit seines Grundstücks informierte er sich nicht. Dieses ist tatsächlich nahezu zur Gänze von der Trasse [und vom Bauverbot nach § 15 Abs 1 BStG] erfasst. Über Auftrag des Klägers aus dem April 2007 vermittelte die Beklagte den Verkauf seiner Liegenschaft an eine Wohnbau‑ und Immobilien GmbH, worauf der Kläger das von der Beklagten verrechnete Vermittlungshonorar in Höhe des Klagebetrags zahlte. In der Folge wurde der Kaufvertrag mit einem am 28. 12. 2010 ergangenen Urteil aufgehoben, nachdem die Käuferin die Vertragsaufhebung auf Gewährleistung und Willensmangel gestützt hatte. In seinem bestätigenden Urteil vom 7. 4. 2011 vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Käuferin könne sich sowohl erfolgreich auf eine Irrtumsanfechtung wegen eines vom Kläger grob fahrlässig herbeigeführten Eigenschaftsirrtums als auch auf Wandlung berufen. Diese Entscheidung erwuchs infolge Zurückweisung seiner außerordentlichen Revision in Rechtskraft.
Der Kläger begehrt nun die Rückzahlung des Vermittlungshonorars und berief sich unter anderem darauf, dass nach der erfolgreichen Irrtumsanfechtung kein rechtswirksames Geschäft (mehr) vorliege, weshalb die Beklagte zur Rückzahlung der Maklerprovision verpflichtet sei.
Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, sie sei zur Rückzahlung nicht verpflichtet, weil der Vertrag wegen des grob fahrlässigen Verhaltens des Klägers aufgehoben worden sei. Nach dem Rechtsgedanken des § 7 Abs 2 MaklerG liege ein in die Sphäre des Auftraggebers fallender Grund vor, der den Provisionsanspruch nicht berühre. Die Beklagte habe die vertragsgemäße Leistung erbracht. Weiters wandte sie hilfsweise „aus anwaltlicher Vorsicht“ die Verjährung ein, führte dazu aber im gesamten Verfahren nichts aus. Schließlich machte die Beklagte geltend, sie hätte bei ausreichender Information durch den Kläger über Bedenken wegen der Trassenführung weitere Recherchen angestellt, die dazu geführt hätten, dass die beauftragte Verkaufsvermittlung abgelehnt worden wäre.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Gemäß § 7 Abs 2 MaklerG entfalle der Anspruch auf Provision, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird. Hier sei die Aufhebung des Vertrags zwischen dem Kläger und der Käuferin auf Gründe zurückzuführen, die der Kläger als Auftraggeber zu vertreten habe, nämlich die grob fahrlässige Herbeiführung eines Geschäftsirrtums. Diese Gründe seien eindeutig seiner Sphäre zuzuordnen, weshalb er die bezahlte Provision nicht zurückfordern könne.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung ab. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 MaklerG entstehe der Provisionsanspruch mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts. Werde der Vertrag wegen eines ihm anhaftenden „Wurzelmangels“ erfolgreich angefochten, entfalle die Provisionspflicht mit der (ex tunc wirkenden) Aufhebung des Vertrags. Die Verdienstlichkeit eines derart fehlerhaft abgeschlossenen und in der Folge wieder aufgelösten Rechtsgeschäfts sei zu verneinen. Dies gelte selbst für den Fall, dass der Auftraggeber den Vertragspartner in Irrtum geführt hat und es deshalb zur erfolgreichen Anfechtung (durch den Dritten) gekommen ist. Auch in diesen Fällen sei der Vertrag als von vornherein ungültig anzusehen; für einen ungültigen Vertrag gebühre keine Vermittlerprovision. Eine bereits bezahlte Provision könne bei erfolgreicher Anfechtung zurückgefordert werden.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu der hier vorliegenden Fallkonstellation, in der der Irrtum vom Auftraggeber verursacht wurde, keine gesicherte Rechtsprechung existiere und in der Lehre zum Teil die Auffassung vertreten werde, im Falle der Anfechtbarkeit des Hauptgeschäfts (zB wegen Irrtums) richte sich die Provisionspflicht kraft eines Größenschlusses nach den Wertungen des § 7 Abs 2 MaklerG.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht angegebenen Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 7 Abs 1 MaklerG entsteht der Provisionsanspruch des Maklers mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts. Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass in diesem Zusammenhang von einem rechtswirksamen Geschäft nicht gesprochen werden kann, wenn es wegen Bestehens von Willensmängeln erfolgreich angefochten wurde (6 Ob 570/95, 1 Ob 352/97i; RIS‑Justiz RS0029675; weitere Nachweise bei Noss , Maklerrecht³, 35 FN 165). Bei einem „Wurzelmangel“ trägt der Vertrag das Risiko einer Auflösung mit ex tunc‑Wirkung eben von vornherein in sich. Macht eine Partei den Willensmangel erfolgreich geltend, wird rückwirkend ein Zustand hergestellt, der einem Nichtzustandekommen des Vertrags entspricht. Wenn sich die Beklagte unter anderem darauf berufen hat, sie hätte den Maklervertrag gar nicht abgeschlossen, wenn sie von vornherein über die (rechtlichen) Beeinträchtigungen der Liegenschaft aufgeklärt worden wäre, übersieht sie offenbar, dass Gleiches auch für den Kaufvertrag selbst gilt, der ohne den (vom Kläger verursachten) Geschäftsirrtum von der Käuferin nicht abgeschlossen worden wäre. Der Hinweis der Revisionswerberin, sie habe ihre Leistungen mangelfrei erbracht, ist schon deshalb unbeachtlich, weil es für ihren Provisionsanspruch nicht auf die Qualität ihrer Leistungen, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob diese letztlich zu einem (unanfechtbaren, aber unangefochtenen) Vertrag geführt haben.
Soweit die Revisionswerberin vermeint, einen Widerspruch der Entscheidung des Berufungsgerichts zu dem zu 1 Ob 352/97i ergangenen Beschluss feststellen zu können, ist ihr nicht zu folgen. Auch wenn es dort um den Provisionsanspruch gegenüber dem irregeführten Vertragspartner als Geschäftsherrn des Maklers ging, findet sich in der Entscheidung keinerlei Hinweis darauf, dass gegenüber jener Partei, die die Anfechtbarkeit wegen eines ihr zuzurechnenden Irrtums veranlasst hat, ein Provisionsanspruch gebührte.
Das Hauptargument der Revisionswerberin scheint allerdings in der Annahme einer analogen Anwendbarkeit des § 7 Abs 2 MaklerG zu bestehen. Die Beklagte führt dazu aus, dass sich auch im Fall der Anfechtbarkeit des Hauptgeschäfts „kraft Größenschlusses in Wertungseinheit mit § 7 Abs 2 MaklerG die Provisionspflicht nach den dort dargelegten Grundsätzen“ richte und will daraus ableiten, dass jener Auftraggeber, aus dessen Sphäre der Anfechtungsgrund (Willensmangel) stammt, zur Provisionszahlung verpflichtet sei.
Auch wenn Derartiges in der Literatur bereits vertreten wurde ( Fromherz , Maklergesetz Rz 85, unter Hinweis auf divergierende Rechtsprechung und Lehre; widersprüchlich Gartner/Karandi , Maklergesetz² § 7 Rz 22, die einerseits Vertragsaufhebungen wegen Willensmängeln und nachträglichen Leistungsstörungen iSd § 7 Abs 2 MaklerG gleich behandeln, andererseits aber die Provision bei erfolgreicher Anfechtung wegen Wurzelmängeln entfallen lassen wollen), lässt sich dies aus dem Gesetz nicht ableiten. Schon 1987 wies Jabornegg (Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 247 f, 283) zutreffend darauf hin, dass § 6 Abs 3 HVG (diesem entspricht inhaltlich nun § 7 Abs 2 MaklerG) insoweit nicht einschlägig ist. Auch nach Auffassung des erkennenden Senats ist § 7 Abs 2 MaklerG eine Sondernorm zu § 7 Abs 1, die nur dann anzuwenden ist, wenn zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 MaklerG erfüllt sind, es in der Folge aber trotz eines wirksam (s nur RIS‑Justiz RS0128478) und unanfechtbar abgeschlossenen Geschäfts aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen dazu kommt, dass der Vertrag „nicht ausgeführt“ wird. Das Problem der Nichtausführung des Geschäfts stellt sich aber bei Verträgen, die wegen eines Willensmangels ex tunc wegfallen, gar nicht. In diesem Zusammenhang argumentierte Jabornegg (aaO 247 f) zutreffend, gegen die Verpflichtung des Maklers zur Rückzahlung einer bereits erhaltenen Provision könne nicht eingewendet werden, dass der Willensmangel in der Sphäre des Geschäftsherrn liege; denn ohne den betreffenden Mangel wäre es bei derartigen Konstellationen typischerweise überhaupt nicht zum Vertragsschluss gekommen und auch dann hätte der Vermittler keinen Provisionsanspruch erworben. Auch nach dem Zweck der Ausnahmeregel müsse ein Verhalten des Geschäftsherrn verlangt werden, das nach dem Geschäftsabschluss die Ausführung verhindert, nicht ein solches, das die Willenseinigung von Anfang an zweifelhaft erscheinen ließe (aaO 283). Die Revisionswerberin übersieht offenbar auch, dass ihr Ansinnen, Vermittlungsprovision auf der Berechnungsbasis des im angefochtenen Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises zu haben, zu einem Ergebnis führte, zu dem es auch bei sorgfältigstem Verhalten des Klägers nie gekommen wäre, wirkt sich doch die nur sehr eingeschränkte Verwendbarkeit der Liegenschaft in massivem Ausmaß auch auf den Verkehrswert ‑ und damit auf den objektiv erzielbaren Preis ‑ aus (vgl dazu RIS‑Justiz RS0029675 [T6]). Ein Provisionsanspruch steht somit auch gegen den Auftraggeber nicht zu, aus dessen Sphäre der Anfechtungsgrund stammt, der zum rückwirkenden Wegfall des vermittelten Geschäfts führt.
Da sich die Revisionswerberin ausschließlich mit der Frage auseinandersetzt, ob ihr Provisionsanspruch trotz des rückwirkend wegen eines Willensmangels weggefallenen Vertrags aufrecht geblieben ist, erübrigt es sich, darauf einzugehen, ob ihre Geschäftstätigkeit unter den gegebenen Umständen allenfalls auf sonstige Weise zu vergüten wäre. Ein Anspruch auf Provision besteht nach erfolgreicher Anfechtung des Vertrags jedenfalls nicht.
Der Vorwurf, dem Berufungsgericht sei ein (sekundärer) Verfahrensmangel unterlaufen, weil es die „vorgebrachten Umstände hinsichtlich der Verjährung des Anspruchs“ nicht behandelt habe, ist schon deshalb unberechtigt, weil die Beklagte zwar „aus anwaltlicher Vorsicht“ formell den „Einwand der Verjährung“ erhoben, diesen aber nie konkretisiert hat. Sie erklärt auch nicht, warum für den Rückforderungsanspruch eine dreijährige Verjährungsfrist anzunehmen sein sollte. Nur der Vollständigkeit halber ist schließlich darauf hinzuweisen, dass im Verfahren zwischen dem Kläger und der Käuferin der Vertrag erst mit Rechtskraft des Urteils des dortigen Berufungsgerichts vom 7. 4. 2011 aufgehoben wurde und der Kläger seinen Rückforderungsanspruch (bereits) mit Klage vom 16. 5. 2013 (Gerichtshängigkeit) gerichtlich geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1, § 41 Abs 1 ZPO.
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