OGH 3Ob40/14z

OGH3Ob40/14z8.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M*****, Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2014, GZ 39 R 228/13p‑18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 8. Mai 2013, GZ 10 C 917/12h‑13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00040.14Z.0408.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob der Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG verwirklicht ist, ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0042984). Ihr kommt daher ‑ von Fällen einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen ‑ keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu. Eine solche krasse Fehlbeurteilung zeigt die außerordentliche Revision des Klägers auch nicht auf.

Die Vorinstanzen, die die Aufkündigung als unberechtigt ansahen, waren der Ansicht, dass die im Jahr 1921 geborene Beklagte, die nach dem Tod ihres Mannes am 29. September 1995 in das Mietverhältnis eingetreten ist,

‑ durch die Einleitung eines Besitzstörungsverfahrens gegen den nunmehrigen Kläger im Jahr 2006 keine schikanöse Rechtsausübung zu verantworten habe, und

‑ dass ihr keine strafbare oder zumindest zur Kündigung berechtigende Handlung (Prozessbetrug) im Zusammenhang mit der im Jahr 2010 erfolgten gerichtlichen Geltendmachung unberechtigter Schadenspositionen auf der Grundlage der Honorarnote eines Privatsachverständigen nach einem Wasserschaden vorzuwerfen sei.

In seiner außerordentlichen Revision führt der Kläger dagegen aus, dass das Verhalten ihres Rechtsvertreters und der beiden beigezogenen Privatsachverständigen der Beklagten zuzurechnen sei; in diesem Zusammenhang bestünden zahlreiche Indizien für einen Prozessbetrug. Auch das Besitzstörungsverfahren sei in schikanöser Weise eingeleitet worden.

Dieser Argumentation steht ‑ in Bezug auf die Besitzstörungsklage ‑ entgegen, dass dem Vorbringen in der gerichtlichen Aufkündigung nicht zu entnehmen ist, die Beklagte habe in der Absicht gehandelt, den Kläger dadurch zu schädigen und dass diese Schädigungsabsicht den einzigen Grund für die Rechtsausübung gebildet habe oder dass zwischen den von der Beklagten verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen ein krasses Missverhältnis bestanden habe. Vielmehr machte der Kläger nur geltend, dass die Beklagte ihre Zusage, die am Dach befindliche Satellitenantenne im Zusammenhang mit den Dachbodenausbauarbeiten zu entfernen, nicht eingehalten habe, weshalb er genötigt gewesen sei, die Antenne „zumindest vorübergehend“ abzumontieren, worauf die Beklagte mit einer Besitzstörungsklage reagiert habe. Das Verneinen dieses Kündigungsgrundes ist durchaus vertretbar.

In Bezug auf die Geltendmachung der überhöhten Schadenspositionen ist nach den Feststellungen der Beklagten persönlich kein Vorwurf zu machen. Die beiden Privatsachverständigen hatten in diesem Zusammenhang keinen Auftrag der Beklagten; diese wiederum konnte davon ausgehen, dass sie als Fachleute ihre Leistungen ordnungsgemäß erbringen. Auch der Rechtsvertreter der Beklagten durfte darauf vertrauen, dass die von der Mandantin übermittelte Information richtig ist (vgl RIS‑Justiz RS0038682 [T13]), weshalb auch insofern eine Zurechnung eines vorsätzlichen Fehlverhaltens von vornherein scheitert.

Insgesamt ist die Ansicht der Vorinstanzen, die der Beklagten angelasteten Verhaltensweisen begründeten weder jeweils für sich allein noch in ihrer Zusammenschau einen Kündigungsgrund, nicht als zu korrigierende Fehlbeurteilung zu qualifizieren.

Dabei ist der bereits vom Erstgericht hervorgehobene Umstand nicht zu vernachlässigen, dass es der Kläger war, der eine Vielzahl von ‑ erfolglosen ‑ Verfahren gegen die Beklagte mit dem Ziel einleitete, das Mietverhältnis zu beenden bzw eine Mietzinserhöhung zu erreichen.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte