OGH 12Os23/14w

OGH12Os23/14w3.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müllner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edin A***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 15. November 2013, GZ 37 Hv 57/13x‑16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Edin A***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefasst) am 3. Mai 2013 in K***** Nicolina M***** mit Gewalt, und zwar durch Festhalten, sodass sie nicht aufstehen oder sich von ihm lösen konnte, zur Vornahme (richtig: Duldung) einer geschlechtlichen Handlung, nämlich des Betastens (US 5) und der Massage der Brust unter der Bekleidung genötigt, wobei er auch versuchte, ihr über der Hose an den Vaginalbereich (US 5) zu fassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) in der Unzufriedenheit der Mutter der Nicolina M***** mit der durch den Angeklagten erfolgten Errichtung eines Wintergartens ein Verleumdungsmotiv erblickt und darüber hinaus eigene Beweiswerterwägungen, etwa zum Empfinden der Situation und zum Versenden von SMS durch Nicolina M***** anstellt, gelingt es ihr nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen.

Die Passage der Aussage der Zeugin Sofija M*****, wonach diese auch sonst alles mit ihrer Tochter bespreche, bedurfte dem Vorbringen (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider keiner gesonderten Erörterung.

Im Übrigen bekämpft die Tatsachenrüge (Z 5a) bloß unzulässig die Annahme der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugin Nicolina M***** (RIS‑Justiz RS0099649).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) einen Rechtsfehler mangels Feststellungen behauptet, leitet sie weder methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb das konstatierte, die Bewegungsfreiheit des Opfers einschränkende Festhalten dem Gewaltbegriff nicht genüge (vgl RIS‑Justiz RS0093617, RS0095666, RS0095260, RS0095232), noch macht sie deutlich, warum das festgestellte Massieren und Betasten der Brust des Tatopfers (oberhalb und unterhalb der Bekleidung) und der versuchte Griff auf den Vaginalbereich der Nicolina M***** zur Annahme einer geschlechtlichen Handlung nicht ausreichen soll.

Der im wissenschaftlichen Schrifttum zu einer je nach Fall abgestuften Intensität des bei § 202 StGB vorausgesetzten Körperkontakts vertretenen Meinung (Philipp in WK2 StGB § 202 Rz 13) lag ein bloßes Drücken des Geschlechtsteils des bekleideten Mannes gegen den Körper der vollständig bekleideten Frau (13 Os 20/92), somit eine völlig andere Sachverhaltskonstellation, zu Grunde. Ein bloßer Verweis in der Beschwerde auf diesen zum gegenständlichen Entscheidungskomplex unterschiedlichen Geschehnisablauf genügt zur prozessförmigen Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die ‑ wie hier ‑ nicht bloß flüchtige Berührung der weiblichen Brust sowohl über als auch unterhalb der Bekleidung nach gesicherter Judikatur eine geschlechtliche Handlung darstellt (RIS‑Justiz RS0095733 [T9]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte