OGH 9Ob5/14x

OGH9Ob5/14x25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Peter Sauerzopf und Dr. Michael Franz Sauerzopf, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Nocker, Rechtsanwalt in Wien, wegen 136.956,52 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2013, GZ 5 R 136/13a-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Die Beklagte beauftragte mit Alleinvermittlungsauftrag vom 13. 4. 2011 die Klägerin als Immobilienmaklerin mit der Vermittlung des Verkaufs einer Liegenschaft. Der Alleinvermittlungsauftrag war bis 13. 10. 2011 befristet und sollte danach als unbefristeter schlichter Maklervertrag weitergelten. Die Klägerin informierte die Beklagte mit E-Mail vom 15. 4. 2011, dass sie fünf in der E-Mail mit den jeweiligen Firmenschlagworten benannten Kunden, darunter der „G*****“, die Liegenschaft zum Kauf anbieten werde. Anhand eines von ihr verfassten Exposés bot sie die Liegenschaft am 18. 4. 2011 der G***** an, deren Vorstand Dr. P***** angesichts des angebotenen Preises daran jedoch nicht interessiert war. Die Beklagte wurde von der Klägerin nicht über seine Person informiert.

Nachdem die R***** GmbH, die den Vermittlungsauftrag von der Klägerin auf Basis eines A-Meta-Geschäfts weitergereicht erhalten hatte, der G***** die Liegenschaft im Frühherbst 2011 mit dem Hinweis auf die Verhandelbarkeit des Preises neuerlich angeboten hatte, beauftragte Dr. P***** seinen Geschäftspartner damit, nähere Erkundigungen einzuholen, was dieser im Oktober 2011 im direkten Kontakt mit der Beklagten tat. Dr. P***** selbst wandte sich erstmals im Dezember 2011 ohne Erwähnung der Klägerin an die Beklagte, der er zuvor unbekannt gewesen war. Am 6. 12. 2011 gründete er mit vier weiteren Gesellschaftern eine GmbH, die die Liegenschaft am 22. 12. 2011 kaufte. Dass die Beklagte mit dem Ziel der Provisionsvermeidung in direkten Kontakt mit der späteren Käuferin getreten wäre, steht nicht fest.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen erachteten das Begehren der Klägerin auf Zahlung einer Vermittlungsprovision in Höhe des Klagebegehrens als nicht berechtigt. Dazu zeigt ihre außerordentliche Revision keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Das Berufungsgericht hat sich ausführlich mit der Entscheidung 1 Ob 42/12a auseinandergesetzt, der die gleiche Provisionsvereinbarung wie im vorliegenden Fall zugrunde lag ( „Der Auftraggeber verpflichtet sich zur Bezahlung der nachstehenden Provision für den Fall, dass er mit dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten während oder nach Ablauf der vereinbarten Alleinvermittlungsfrist das vorgenannte Rechtsgeschäft abschließt. Die Provision gebührt dem Makler auch, wenn er in anderer Weise als durch Namhaftmachung [zB durch vermittelnde Tätigkeit] verdienstlich tätig geworden ist.“ ). Aus dieser Entscheidung sind im Hinblick auf das Revisionsvorbringen folgende Punkte hervorzuheben:

1.1. Gemäß § 6 Abs 1 MaklerG ist der Auftraggeber zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die vertragsgemäß verdienstliche Tätigkeit des Maklers mit einem Dritten zustande kommt. Voraussetzung für den behaupteten Provisionsanspruch der Klägerin ist der Nachweis einer verdienstlichen, für den Geschäftsabschluss adäquat kausalen Tätigkeit. Eine verdienstliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn sie den Anforderungen des Vermittlungsvertrags entspricht und ihrer Art nach geeignet ist, für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufzufinden bzw diese zum Vertragsabschluss zu bewegen.

1.2. Im Geschäftszweig der gewerblichen Immobilienmakler reicht dafür die Namhaftmachung des potenziellen Geschäftspartners (Nachweisung einer Vertragsabschlussgelegenheit) gemäß § 6 Abs 2 MaklerG aus (RIS‑Justiz RS0062723).

1.3. Namhaftmachung ist die erstmalige Nennung eines bisher unbekannten Interessenten für den Vertragsabschluss. Die Vorkenntnis der namhaft gemachten Person als Individuum schadet nicht; wesentlich ist nur, dass die Person in ihrer Eigenschaft als potenzieller Vertragspartner unbekannt ist. Der namhaft Gemachte muss soweit individualisiert werden, dass sich der Auftraggeber mit ihm in Verbindung setzen kann (9 Ob 57/04d; 2 Ob 91/10m).

1.4. In der Entscheidung 9 Ob 57/04d wurde ausgesprochen, dass es für eine verdienstliche Tätigkeit im Sinne einer Namhaftmachung noch nicht genügt, wenn der Makler dem Auftraggeber jene Kunden bekannt gibt, denen er die Liegenschaften zum Kauf angeboten hatte. Vielmehr bedarf es dazu der Nennung einer Person, mit der ein Vertragsabschluss der gewünschten Art mit hinreichend begründeter, positiver Erfolgsaussicht versucht werden kann (s auch RIS‑Justiz RS0119614). Danach kann es für eine Namhaftmachung nicht ausreichen, wenn der Makler ‑ wie hier ‑ seinem Auftraggeber erst erklärt, er werde das Objekt bestimmten Kunden anbieten.

1.5. Der erforderlichen Konkretisierung der in Frage kommenden Person wird grundsätzlich auch entsprochen, wenn der Interessent selbst beim Auftraggeber erscheint und sich dort vorstellt. Der Immobilienmakler kann sich dementsprechend zur Mitteilung einer Kaufgelegenheit auch des Interessenten selbst bedienen (RIS‑Justiz RS0062491). Wenn der Interessent aber dem Auftraggeber verschweigt, dass er aufgrund der Tätigkeit des Immobilienmaklers von der Kaufgelegenheit erfuhr und deshalb den Auftraggeber kontaktierte, trägt der Immobilienmakler, dessen Provisionsanspruch vereinbarungsgemäß von der Namhaftmachung des dann das Geschäft abschließenden Interessenten abhängig ist, die Gefahr, dass der Interessent dies dem Auftraggeber nicht bekannt gibt. Jedenfalls muss der Beklagte von der Maklertätigkeit (vor Abschluss des Hauptvertrags) in Kenntnis sein, um provisionspflichtig zu werden.

1.6. Für den beklagten Auftraggeber bestehen keine Erkundigungs- oder Nachforschungspflichten, insbesondere auch nicht beim Makler. Ein „redlicher Kunde“ eines Maklers ist keineswegs verpflichtet, (in jedem Fall) abzuklären, ob ein eingetretener Vertragserfolg auf die Tätigkeit des Maklerunternehmens zurückzuführen ist, um damit einen ‑ andernfalls gar nicht bestehenden ‑ Provisionsanspruch durch Kenntnisnahme vor Vertragsabschluss doch noch zu begründen (7 Ob 174/06y mwN; 1 Ob 42/12a mwN).

1.7. Hat die Tätigkeit des Immobilienmaklers die Untergrenze der vereinbarten Maklertätigkeit in Form der bloßen Namhaftmachung des Kaufinteressenten gegenüber dem Beklagten vor Abschluss des Hauptgeschäfts nicht erreicht, begründen die vom Immobilienmakler gegenüber dem Kaufinteressenten vor dessen erstmaliger Kontaktaufnahme mit dem Beklagten gesetzten Aktivitäten, die diesem nicht bekannt waren, keine verdienstliche und damit provisionspflichtige Vermittlungstätigkeit (1 Ob 42/12a mwN).

1.8. Davon ausgehend verneinte das Berufungsgericht eine Verdienstlichkeit der Klägerin im Sinn einer Namhaftmachung, weil sie der Beklagten weder die spätere Käuferin noch deren Gesellschafter als an einem Kauf interessierte Personen bekannt gegeben habe. In ihrem E-Mail vom 15. 4. 2011 habe sie bloß das Anbieten der Liegenschaft ua an die G***** angekündigt, damit aber weder ein konkretes Kaufinteresse von G***** bekannt gegeben noch jenes der Unternehmen, auf die diese Bezeichnung zutreffen könnte, individualisiert. Schon gar nicht sei erkennbar gewesen, dass es der Klägerin gelungen sei, das Kaufinteresse des Vorstands der G***** AG, namentlich des Dr. P*****, zu wecken.

2. Die Klägerin stellt dies nicht in Frage, will aber im späteren Vertragsabschluss mit der von Dr. P***** gegründeten Gesellschaft zunächst ein provisionsbegründendes zweckgleiches Geschäft sehen. Darin kann ihr schon deshalb nicht gefolgt werden, weil ohnehin ein Kaufvertrag als jenes Geschäft, das die Klägerin vertragsmäßig vermitteln sollte, und nicht bloß ein nach seinem Zweck wirtschaftlich gleichwertiges Geschäft zustande kam. Dass auch die Klägerin unter einem zweckgleichen Geschäft einen anderen als den zu vermittelnden Geschäftstypus verstand, geht schon aus dem Alleinvermittlungsauftrag (Beil. /A) hervor, in dem sie für ein „zweckgleichwertiges Rechtsgeschäft“ als Beispiel „Verkauf statt Vermietung“ anführte.

3. Soweit die Klägerin neben der Namhaftmachung auch eine Verdienstlichkeit als Grundlage ihres Provisionsanspruchs erwähnt, so wurde dazu ebenfalls schon in der Entscheidung 1 Ob 42/12a Stellung genommen:

Der für die Auslegung maßgebliche Wortlaut der Provisionsvereinbarung ergibt keinen Hinweis darauf, dass mit „verdienstlich“ und „vermittelnder Tätigkeit“ etwas anderes gemeint sei als mit Verdienstlichkeit und Vermittlung nach dem MaklerG. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0062825) muss der Vermittler mit dem Vertragspartner verhandeln, dh an ihn herantreten, mit ihm „Fühlung“ aufnehmen und seine Stimmung erkunden. Er muss ihm die näheren Mitteilungen machen, die ihn in die Lage setzen, die Vertragsgelegenheit zu prüfen. Zur Vermittlung gehört, dass der Vermittler auf den Entschluss des Gegners mindestens einwirkt, dass er ihm das Vertragsanbot schmackhaft zu machen sucht, indem er fördernde Vorstellungen erweckt und bekräftigt und hemmende beseitigt oder entkräftet. In der Regel ist nach den ErläutRV zum MaklerG (2 BlgNR 20. GP 15) ein Verhandeln mit beiden Seiten erforderlich. Demnach wird die Verdienstlichkeit des Immobilienmaklers durch vertragsgemäße, auf den Vertragsabschluss gerichtete Vermittlungstätigkeiten dann anerkannt, wenn zwar dem Auftraggeber die Vertragsgelegenheit schon bekannt war, der Immobilienmakler danach aber durch seine Bemühungen den Abschluss des Geschäfts unterstützte und der Auftraggeber diese Hilfestellung in Anspruch nahm.

Erfasst werden somit weitere konkrete Vermittlungsbemühungen des Immobilienmaklers in einer Zeit, in der der Auftraggeber bereits in Kenntnis vom potenziellen Vertragspartner ist, der Immobilienmakler den Vertragsabschluss aber noch in verdienstvoller Weise fördert. Dass dies der Fall gewesen wäre, behauptet die Klägerin gar nicht.

4. Diesbezüglich liegt der Schwerpunkt ihrer Argumentation vielmehr darin, dass sie meint, die Beklagte hätte sie nach Maßgabe von § 3 MaklerG und den allgemeinen vertraglichen Schutz-, Treue- und insbesondere Informationspflichten nach dem Verlauf des Zustandekommens des Geschäftsabschlusses (zu dem sie nähere Feststellungen vermisst) zumindest grob über direkt an sie herangetretene Kaufinteressenten zu informieren gehabt. Damit übersieht sie, dass in ihrem Vermittlungsauftrag Beil. /A eine vertragliche Pflicht des Auftraggebers, jene Personen bekanntzugeben, die sich direkt an ihn gewendet haben, auf die Dauer des Alleinvermittlungsauftrags beschränkt ist. Den Feststellungen ist allerdings kein Kontakt zwischen Dr. P***** oder seinem Geschäftspartner und der Beklagten in diesem Zeitraum zu entnehmen.

5. Ist dergestalt aber keine Verletzung von Informationspflichten durch die Beklagte feststellbar, gehen auch die schadenersatzrechtlichen Erwägungen der Klägerin ins Leere.

6. Schließlich beruft sich die Klägerin hilfsweise auf die Vereinbarung, wonach sie einen Provisionsanspruch auch dann haben soll, „wenn das Geschäft nicht mit dem vermittelten Dritten, sondern mit einer anderen Person zustande kommt, weil der vermittelte Dritte dieser die Geschäftsgelegenheit bekanntgegeben hat“ (vgl auch § 15 Abs 1 Z 3 2. Fall MaklerG). Die Voraussetzung dafür liegt aber ebenfalls nicht vor, ist doch davon auszugehen, dass die Vertragspartner unter „vermittelten“ Dritten nur solche verstehen wollten, bei denen eine „Namhaftmachung“ (vgl oben 1.2, 1.3) oder sonstige „verdienstliche Tätigkeit“ (oben 3.) hinsichtlich des Dritten gegeben ist. Beides liegt nicht vor. Der Vereinbarung ist hingegen nicht zu entnehmen, dass ein Auftraggeber schon aufgrund der Weitergabe der Information durch einen dem Auftraggeber gar nicht bekannten Dritten provisionspflichtig werden soll. Inwieweit die Klägerin auch solche Konstellationen durch entsprechende klare vertragliche Vereinbarungen erfassen hätte können, bedarf hier keiner weiteren Erörterungen.

7. Die Bestimmung des § 15 Abs 2 Z 3 MaklerG, dass eine Provision für den Fall vereinbart werden kann, dass das Geschäft während der Dauer des Alleinvermittlungsauftrags auf andere Art als durch die Vermittlung eines anderen vom Auftraggeber beauftragten Maklers zustande gekommen ist, würde nach ihrem Wortlaut zwar auch Geschäftsabschlüsse mit „nicht vermittelten“ Dritten erfassen. Wie zwischen den Streitteilen vereinbart, ist ein Provisionsanspruch für diesen Fall eines fehlenden Vermittlungserfolgs aber auf einen Geschäftsabschluss während der Dauer des Alleinvermittlungsauftrags beschränkt. Auch letzteres war hier nicht der Fall.

8. Da die Revision damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufweist, ist sie zurückzuweisen.

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