Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Moses B***** ‑ abweichend von der auf einen Schuldspruch wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB gerichteten Anklage - des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 15. März 2013 in Innsbruck Ainhoa M***** „mit Gewalt, indem er sie kraftvoll am Arm festhielt und sie in einen Aufzug zerrte bzw. sie solcherart am Verlassen desselben hinderte, zu einer Duldung, nämlich zum Verbleib im Aufzug, genötigt“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).
Die Tatsachenrüge des Angeklagten erweckt mit dem Vorbringen, die Angaben der Ainhoa M***** ergäben bei einer „lebensnahen, sich an den allgemeinen menschlichen Erfahrungen orientierenden Beurteilung“, dass sich der von ihr „geschilderte Vorfall jedenfalls nicht derart dramatisch abgespielt“ hat, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.
Unter dem Aspekt einer Aufklärungsrüge macht der Rechtsmittelwerber, der in der Hauptverhandlung sein Einverständnis zur danach erfolgten Verlesung der Aussage der genannten Zeugin erklärt hat (ON 20 S 3), nicht klar, wodurch er an der Ausübung seines Rechts, deren „nähere Befragung“ sachgerecht zu beantragen, gehindert gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0115823, RS0114036).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht mit der Behauptung, „eine dem Tatbestand des § 105 StGB entsprechende Gewaltanwendung“ würde nicht vorliegen, die Konstatierungen zum objektiven Tathergang und legt ‑ auch unter Berücksichtigung ihres Hinweises auf Schwaighofer in WK2 StGB § 105 Rz 36 ‑ nicht dar, welche entscheidungsrelevanten Feststellungen neben dem konstatierten kraftvollen Erfassen und Zerren der Ainhoa M***** in die Liftkabine (wodurch es der Frau „nicht gelang, die Kabine ‑ wie von ihr gewünscht ‑ unverzüglich zu verlassen“; US 4) für ein Überschreiten der „Erheblichkeitsschwelle“ der von § 105 Abs 1 StGB geforderten Gewaltanwendung (RIS‑Justiz RS0093528, RS0093620) notwendig wären und warum sichtbare Merkmale oder Verletzungsspuren (RIS‑Justiz RS0093630) oder die Dauer des „Vorfalles“ Kriterien der Gewalt sein sollen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Es bleibt aber anzumerken, dass das Vergehen der Nötigung vollendet ist, wenn der Täter sein Ziel tatsächlich erreicht hat. Dazu genügt, dass der Genötigte begonnen hat, sich in der vom Täter gewünschten Weise zu verhalten. Ist aber das Ziel des Täters ‑ wie hier ‑ das Erzwingen eines Unterlassens, kann der Erfolgseintritt nicht bereits in einer bloß vorübergehenden, nach Zweck, Dringlichkeit und Nachholbarkeit der zu hindernden Handlung unerheblichen Verzögerung ersehen werden (RIS‑Justiz RS0093469 [T5]).
Nach den Feststellungen (US 4) konnte Ainhoa M***** zwar die Aufzugskabine nicht unverzüglich verlassen, doch gelang ihr dies durch sofortige Gegenwehr nach Betätigung der Steuerung des Lifts und durch Versetzen von zwei Stößen gegen den Angeklagten, sodass angesichts der festgestellten Absicht des Angeklagten, sie durch Gewalt am Verlassen des Lifts zu hindern (US 5), nicht von einer wesentlichen Verzögerung und damit nicht von Tatvollendung ausgegangen werden kann.
Diesen vom Beschwerdeführer nicht aufgegriffenen, aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO relevanten (RIS-Justiz RS0122137) Umstand wird das Oberlandesgericht im Rahmen der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen haben (RIS-Justiz RS0122140).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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