Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
In einem 2008 gegen die Verlassenschaft der Hauptmieterin, der verstorbenen Gattin des nunmehrigen Beklagten, eingeleiteten Kündigungsprozess (Vorprozess) hatte sich die klagende Vermieterin auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG berufen. Ihr Begehren wurde nach Berichtigung der Parteienbezeichnung der beklagten Partei auf den rechtskräftig eingeantworteten Erben (den nunmehrigen Beklagten) rechtskräftig abgewiesen.
Im vorliegenden, im Berufungsstadium des Vorprozesses gegen den Beklagten als Eintrittsberechtigten eingeleiteten Kündigungsstreit kündigte die klagende Partei eine Teilfläche (in eventu drei andere, sich aus den vorgelegten Plänen ergebende Teilflächen) des Mietobjekts nach § 30 Abs 2 Z 5 iVm § 31 MRG auf. Zwischen dem dringenden Wohnbedürfnis des Beklagten und dem Umfang der 160 m² großen Wohnung bestehe ein krasses Missverhältnis. Weder nach den bisherigen Lebensverhältnissen und ‑gewohnheiten noch nach den Grundsätzen einer zeitgemäßen Lebensführung sei irgendein Grund dafür ersichtlich, warum eine alleinstehende Person zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses auf eine ca 160 m² große Wohnung angewiesen sein sollte. Der dem Beklagten verbleibende Teil sei bei weitem ausreichend. Eine gesonderte Benutzung des verbleibenden Wohnungsteils könne ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten jederzeit hergestellt werden. Der Streitgegenstand der Teilkündigung unterscheide sich von jenem des Vorprozesses, weshalb das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Streitsache nicht vorliege. Dem Beklagten hätte aus ihrem bisherigen Verhalten klar sein müssen, dass sie nicht bereit sei, seinen Eintritt in die Mietrechte der verstorbenen Mieterin zu akzeptieren. Ein stillschweigender Verzicht auf die Einbringung einer Teilkündigung sei nicht anzunehmen.
Der Beklagte berief sich zunächst auf das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit, nach rechtskräftigem Abschluss des Vorprozesses auf jenes der rechtskräftig entschiedenen Streitsache. In der Sache selbst bestritt er die Berechtigung der Teilkündigung. Diese sei nicht gerechtfertigt, wenn der Eintrittsberechtigte durch sie schlechter gestellt werde als zu Lebzeiten des Hauptmieters, in dessen Mietrecht er eingetreten sei. Dies sei der Fall, wenn die aufgekündigten und verbleibenden Räume nicht abgesondert benutzbar seien oder wenn der Eintrittsberechtigte in der Befriedigung seines Wohnbedürfnisses eingeschränkt werden sollte. Die klagende Partei habe sich des Kündigungsgrundes verschwiegen. Er habe die Vermieterin mit Schreiben vom 25. 5. 2008 über den Tod seiner Ehegattin und seinen Eintritt in das Mietverhältnis informiert. Seit damals seien der klagenden Partei die nunmehr in der Teilkündigung angeführten Umstände bekannt. Sie hätte bereits im Vorprozess, allenfalls in eventu, die Teilkündigung einbringen können und müssen, habe damit aber zweieinhalb Jahre zugewartet. Damit habe sie konkludent auf die Geltendmachung des Grundes für die Teilkündigung verzichtet. Die zu Beginn der 1960er Jahre durch die Zusammenlegung zweier Wohnungen entstandene aufgekündigte Wohnung stelle eine technische und wirtschaftliche Einheit dar. Da sie nur über ein Bad, eine Küche und eine Heizung verfüge, könne die begehrte Trennung nicht ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten hergestellt werden.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Haupt‑ und die Eventualbegehren ab. Es stellte insbesondere fest, dass der Beklagte der Hausverwaltung der klagenden Partei mit Schreiben vom 25. 8. 2008 seinen Eintritt in das Mietrecht seiner verstorbenen Frau mitteilte, der klagenden Vermieterin zumindest seit 3. 4. 2008 die Fläche der aufgekündigten Wohnung mit etwa 160 m² bekannt war und für die mit einheitlichem Vertrag angemietete Wohnung ein einheitlicher Mietzins vorgeschrieben wurde. Darüber hinaus traf es Feststellungen über die Räumlichkeiten der aufgekündigten Wohnung, deren Ausstattung, die technische Möglichkeit der dem Haupt- und den Eventualbegehren zugrunde gelegten Teilungsvarianten sowie deren Kosten.
In der rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht dar, dass § 31 Abs 1 MRG einen besonderen Eigenbedarfstatbestand in Form einer Teilkündigung enthalte. § 31 Abs 2 MRG erlaube es dem Vermieter, eine Kündigung räumlich einzuschränken oder auf einen anderen Teil des Mietgegenstands zu beziehen. Die Judikatur sehe eine Teilkündigung dann als zulässig an, wenn der Eintritt nach § 14 MRG in die Mietrechte über den gesamten Bestandgegenstand ein krasses Missverhältnis zwischen dem dringenden Wohnbedürfnis des Eingetretenen sowie seiner Familie und dem Umfang des gesamten Bestandobjekts herbeiführen würde. Liege der Kündigungstatbestand nicht hinsichtlich des ganzen Mietobjekts vor, müsse der Vermieter behaupten und beweisen, dass keine einheitliche Bestandsache vorliege. Dies sei der klagenden Partei nicht gelungen. Auch ein krasses Missverhältnis zwischen Wohnbedürfnis und Wohnraum könne bei der vorliegenden 160 m² großen Wohnung nicht angenommen werden, sei es doch unter Akademikern durchaus verbreitet, das Wohnbedürfnis nicht nur mit der dafür unbedingt erforderlichen Fläche, sondern mit auch weit darüber hinausgehenden Räumlichkeiten zu befriedigen. Dazu komme, dass die klagende Partei spätestens im August 2008 nach dem Tod der Ehefrau des Beklagten und seiner Bekanntgabe, in die Mietrechte einzutreten, Kenntnis vom anspruchsbegründenden Sachverhalt gehabt habe. Der Beklagte habe das Unterbleiben einer Teilkündigung zu Recht als Verzicht auf eine solche verstehen dürfen, auch weil diese Vorgangsweise in der Praxis selten gewählt werde und er aufgrund der Lebenserfahrung nicht damit rechnen habe müssen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei, die nur die Abweisung der Eventualbegehren bekämpfte, nicht Folge. Es legte seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde, dass der Rechtswirksamkeit der auf § 30 Abs 2 Z 5 MRG gestützten Teilkündigung die Bindungswirkung der im Vorprozess ergangenen Entscheidung entgegenstehe. In diesem früheren Kündigungsverfahren sei ausgesprochen worden, dass die Aufkündigung infolge Eintrittsberechtigung des Ehegatten der verstorbenen Mieterin und Erblasserin nicht berechtigt sei, weil er mit ihr in der aufgekündigten Wohnung im gemeinsamen Haushalt gelebt und ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung habe. Die klagende Partei habe nunmehr einen Teil des Bestandverhältnisses zwischen den Streitteilen erneut zu einem späteren Termin aufgekündigt. Auch wenn sie damit gegenüber früher ein Minus begehre, stünden die beiden Aufkündigungen in einem derart engen Sachzusammenhang, dass die Bindungswirkung des im Vorverfahren ergangenen Urteils zu bejahen sei. Andernfalls bliebe es dem Vermieter unbenommen, trotz des schon mit dem Tod der Erblasserin vollständig abgeschlossenen Sachverhalts (des Anfalls des Eintrittsrechts ihres Ehegatten, der mit ihr zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung im gemeinsamen Haushalt gewohnt habe) das Mietverhältnis zu jedem neuen in Betracht kommenden Kündigungstermin mit der immer gleichen Behauptung aufzukündigen, dass dem Ehegatten das Eintrittsrecht nicht angefallen sei. Dies bedeute ein unerträgliches Ergebnis. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass die rechtskräftige Entscheidung über eine auf § 30 Abs 2 Z 5 MRG gestützte Aufkündigung auch für andere Kündigungstermine Bindungswirkung entfalte, weil der rechtserzeugende Sachverhalt nach dem Tod des bisherigen Hauptmieters keine Änderung erfahren könne. Diese Bindungswirkung bestehe hier, weil sowohl Kündigung als auch Teilkündigung gegen dieselbe Person eingebracht worden seien. Die klagende Partei hätte demnach bereits im vorangegangenen Kündigungsverfahren ihre Kündigung auf eine Teilkündigung einschränken müssen, wenn sie der Meinung gewesen wäre, es bestehe ein krasses Missverhältnis zwischen dem dringenden Wohnbedürfnis des Beklagten und dem Umfang des gesamten Bestandobjekts. Der neuerlichen Prüfung des bereits hinsichtlich der gesamten Wohnung bejahten dringenden Wohnbedürfnisses des Beklagten stehe somit die Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils entgegen, was bereits zur Rechtsunwirksamerklärung der Aufkündigung zu führen habe, ohne dass es auf die Fragen eines stillschweigenden Kündigungsverzichts oder der Benützbarkeit des von der Teilkündigung nicht erfassten Teils der Wohnung ankomme.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts berechtigt, weil dieses in der Beurteilung der Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen rechtskräftigen Urteils die Rechtslage verkannt hat.
Während die sich aus § 411 ZPO ergebende Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung über die bereits entschiedene Hauptfrage verhindert, verbietet die Bindungswirkung dem Richter des Folgeprozesses, die im Vorprozess als Hauptfrage rechtskräftig entschiedene Vorfrage selbständig zu beurteilen (vgl Fasching / Klicka in Fasching / Konecny ² III § 411 ZPO Rz 15 f; Rechberger in Rechberger ³ § 411 ZPO Rz 3).
Mit dem bereits in erster Instanz eingewendeten Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Streitsache (der Einmaligkeitswirkung) setzten sich die Vorinstanzen weder im Spruch noch in der rechtlichen Beurteilung ausdrücklich auseinander. Das Berufungsgericht war zwar offenbar der Rechtsansicht, dass dieses Prozesshindernis nicht vorliege, verwies es doch in seiner rechtlichen Beurteilung auf die Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils, die einer selbständigen Beurteilung der Berechtigung der nunmehr vorliegenden Teilkündigung entgegenstehe und zur Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils über die Aufhebung der Teilkündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens führen müsse. Eine ausdrückliche Erörterung des Prozesshindernisses der rechtskräftig entschiedenen Streitsache findet sich in den Entscheidungsgründen jedoch nicht. Da diese bloß implizite Verneinung einer negativen Prozessvoraussetzung nicht für die Annahme einer Entscheidung mit bindender Wirkung nach § 42 Abs 3 JN ausreicht (RIS‑Justiz RS0046249 [T7]; RS0114196 [T8]; RS0039811 [T2]), ist dem Obersten Gerichtshof die Prüfung des Prozesshindernisses nicht verwehrt.
Die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft der Entscheidungen im vorangegangenen Kündigungsstreit kommt hier allerdings schon deshalb nicht in Betracht, weil das Bestandobjekt im Folgeprozess zu einem anderen Termin aufgekündigt wurde (vgl RIS‑Justiz RS0041238 [T2]; Lovrek in Fasching / Konecny ² IV § 560 Rz 55, 59 mwN). Es muss aus diesem Grund nicht mehr erörtert werden, ob die vorliegenden, auf Räumung nur mehr von Teilflächen der Wohnung gerichteten Sachanträge im Vergleich zum Begehren im Vorprozess über die Aufkündigung des gesamten Bestandobjekts tatsächlich nur ein „minus“ (und kein „aliud“) sein könnten, wie das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung zur Bindungswirkung vermeinte.
Auch die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft setzt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0041340) die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen voraus. Angesichts der unterschiedlichen dem Vor‑ und dem Folgeprozess zugrunde liegenden anspruchsbegründenden Tatsachenbehauptungen der klagenden Vermieterin ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils schwer verständlich:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Vermieter das Mietverhältnis nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG zum Teil aufkündigen kann, wenn der Eintritt in die Mietrechte über die ganze Wohnung ein krasses Missverhältnis zwischen dem dringenden Wohnbedürfnis des Eingetretenen und dem Umfang der gesamten Wohnung herbeiführen würde (2 Ob 534/95 zum wortgleichen Kündigungstatbestand des § 19 Abs 2 Z 11 MRG vgl RIS‑Justiz RS0068635; RS0068618; wN bei Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht²² § 30 MRG Rz 38; kritisch zu diesem Ansatz T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht² § 31 MRG Rz 11).
Mit dem Fehlen eintrittsberechtigter Personen im Sinn des § 14 Abs 3 MRG hat die klagende Partei die zunächst gegen die Verlassenschaft und nach rechtskräftiger Einantwortung gegen den beklagten Witwer als Erben und Gesamtrechtsnachfolger der verstorbenen Hauptmieterin (RIS‑Justiz RS0103727 [T1]; vgl RS0068686) gerichtete Aufkündigung nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG begründet. In diesem Verfahren wurde der Eintritt des Witwers in das Mietverhältnis bejaht und die Aufkündigung aus diesem Grund rechtskräftig aufgehoben. Im folgenden Teilkündigungsprozess gegen den als Eintrittsberechtigten passivlegitimierten Beklagten (RIS‑Justiz RS0068686 [T2]) geht die Vermieterin nunmehr selbst davon aus, dass der Beklagte als Sonderrechtsnachfolger in das Mietverhältnis eingetreten sei, aber ein krasses Missverhältnis zwischen seinem dringenden Wohnbedürfnis und dem Umfang der gesamten Wohnung bestehe. Zusätzlich behauptete sie, dass der nicht aufgekündigte, dem Beklagten verbleibende Teil der Wohnung abgesondert benützbar wäre oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten in diesen Zustand versetzt werden könnte (§ 31 Abs 2 erster Satz MRG).
Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der gegen die Verlassenschaft erhobenen Aufkündigung und der nunmehr vorliegenden Teilkündigung zeigen eindeutig, dass beiden Verfahren nicht derselbe rechtserzeugende Sachverhalt zugrunde liegen kann. Daran vermag auch die bereits in erster Instanz des Vorprozesses ausgesprochene Berichtigung der beklagten Partei von der Verlassenschaft der verstorbenen Hauptmieterin auf den Beklagten als Gesamtrechtsnachfolger nichts zu ändern, bewirkte sie doch nur den Eintritt des Erben in den Prozess an Stelle der Verlassenschaft als beklagte Partei (vgl RIS‑Justiz RS0035114 [T1]; vgl 1 Ob 168/088 = immolex 2009, 276 [ Cerha ] mwN).
Im Vorprozess wurden demnach für den Teilkündigungsprozess bindend nur die Eintrittsberechtigung des Beklagten (§ 14 Abs 3 MRG) und damit seine Passivlegitimation im Folgeprozess bejaht. Die vom Berufungsgericht angenommene, der Überprüfung der Teilkündigung entgegenstehende Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils im Vorprozess wäre hingegen nur dann vorgelegen, wenn die Vermieterin dem Beklagten als Gesamtrechtsnachfolger der verstorbenen Hauptmieterin das Bestandverhältnis über die gesamte Wohnung aus dem gleichen Kündigungsgrund zu einem anderen Termin aufgekündigt hätte ( Lovrek aaO Rz 59).
Richtig ist, dass parallele Kündigungsverfahren gegen die Verlassenschaft nach der verstorbenen Mieterin und gegen den Beklagten als Eintrittsberechtigten nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 549/93 = wobl 1993, 185 [ Würth ]; RIS‑Justiz RS0044811) zulässig gewesen wären. Diesem Gedanken trug die klagende Vermieterin auch insofern Rechnung, als sie noch im Berufungsstadium des Vorprozesses die Teilkündigung gegen den Beklagten als Eintrittsberechtigten einbrachte.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist aus der Zulässigkeit einer derartigen Vorgangsweise jedoch nicht die Verpflichtung der klagenden Vermieterin abzuleiten, im gegen die Verlassenschaft nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG eingeleiteten Kündigungsprozess eine dem eigenen Prozessstandpunkt widersprechende Eventualteilkündigung gegen den (angeblich) Eintrittsberechtigten zu erheben, sind doch ‑ wie bereits dargelegt ‑ unterschiedliche Voraussetzungen dafür zu prüfen, ob der jeweils geltend gemachte Kündigungsgrund verwirklicht ist. Wie die Revisionswerberin durchaus zutreffend aufzeigt, könnte ein „Zwang“ zur Einbringung der Eventualteilkündigung einen sinnlosen, weil im Fall der Stattgebung des präjudiziellen ersten Kündigungsbegehrens überflüssigen Verfahrensschritt herbeiführen.
Ein konkludenter Verzicht der klagenden Vermieterin auf die Teilkündigung würde voraussetzen, dass der Beklagte wusste oder mit Recht aus dem Verhalten der Vermieterin ableiten konnte, dass diese den, die nunmehr eingebrachte Kündigung rechtfertigenden Sachverhalt kannte (4 Ob 22/05x = SZ 2005/35; RIS‑Justiz RS0014423). Demnach hätte die klagende Vermieterin die Lebensverhältnisse der Ehegatten, insbesondere die Art der Nutzung der Wohnung, die für die Beurteilung eines krassen Missverhältnisses zwischen dem Wohnbedürfnis des eingetretenen Witwers und dem Umfang der gesamten Wohnung von besonderer Aussagekraft wären, sowie die technischen Möglichkeiten einer Trennung der Wohnung in zwei separate Einheiten kennen müssen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beschränkte sich ihr Informationsstand zum Zeitpunkt der Einleitung des ersten Kündigungsprozesses allerdings auf die Größe der Wohnung und die Tatsache, dass der Beklagte nach dem Tod seiner Ehefrau und der bisherigen Hauptmieterin seinen Eintritt bekannt gab. Eine besondere Erkundungspflicht traf sie nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0070551; 7 Ob 273/07h = RIS‑Justiz RS0070551 [T3]) jedenfalls nicht.
Das Berufungsgericht hat sich ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht zur Bindungswirkung des Vorprozesses mit der Berechtigung der nunmehr eingebrachten Teilkündigung einschließlich der Frage eines konkludenten Verzichts überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass es die Behandlung des Berufungsgrundes der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zum Thema technisch mögliche Trennung des Bestandobjekts für rechtlich nicht relevant hielt.
Aus diesen Erwägungen ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und es ist ihm die neuerliche Entscheidung aufzutragen. Ob es die Feststellungen des Erstgerichts als für die abschließende Beurteilung der Berechtigung der Teilkündigung ausreichend erachtet, bleibt seiner Beurteilung vorbehalten.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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