OGH 9ObA148/13z

OGH9ObA148/13z19.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Susanne Jonak als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** K*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Gemeinde P*****, vertreten durch Opperer-Schartner Rechtsanwälte GmbH in Telfs, wegen Feststellung (Streitwert: 15.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. September 2013, GZ 15 Ra 52/13d-41, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen waren der Ansicht, dass die am 26. 8. 2010 ausgesprochene Entlassung des Klägers durch den Bürgermeister der beklagten Gemeinde unwirksam gewesen sei, weil sie auf keinem Gemeinderatsbeschluss beruht habe (§ 30 Abs 1 lit h TGO 2001), aber auch keine Gefahr im Verzug iSd § 51 TGO 2001 gegeben gewesen sei, die eine Eilkompetenz des Bürgermeisters begründen hätte können. Die am 31. 8. 2010 erfolgte nachträgliche Genehmigung durch den Gemeinderat ändere daran nichts. Zu dieser Beurteilung zeigt die Revision der Beklagten keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

Bereits in der - ebenfalls § 51 TGO 2001 betreffenden - Entscheidung 9 ObA 84/10h wurde unter Hinweis auf die am 2. 6. 2009 ergangene Entscheidung 9 ObA 9/09b auf die Rechtsprechung verwiesen, dass die in der Gemeindeordnung enthaltenen Vorschriften über die Vertretung der Gemeinde nicht bloße Organisationsvorschriften über die interne Willensbildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften darstellen, sondern vielmehr Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen enthalten (RIS-Justiz RS0014664). Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bindet mangels der dafür erforderlichen Vertretungsbefugnisse die Gemeinde daher grundsätzlich nicht (RIS-Justiz RS0014664 [T6]). Zudem kommt die nachträgliche Sanierung (durch Genehmigung seitens des zuständigen Gemeindeorgans) einer ursprünglich fehlerhaften Entlassung ebenso wenig in Betracht wie die Entlassung unter einer vom Willen des Arbeitnehmers unabhängigen Bedingung, weil die Entlassung die Rechtslage mit Wirkung ex nunc gestaltet (RIS-Justiz RS0019484). Nach diesen Grundsätzen ist eine vom Bürgermeister allein ausgesprochene Entlassung nicht nur schwebend, sondern grundsätzlich unwirksam, wenn der Bürgermeister zum Ausspruch der Entlassung nach den Organisationsvorschriften nicht (alleine) zuständig war.

Zu 9 ObA 84/10h wurde weiter ausgeführt, dass die Bedachtnahme auf die gesetzliche Kompetenzverteilung und die Befassung des zuständigen Gemeindeorgans gerade einen Umstand betrifft, der bei Beurteilung der Rechtfertigung einer Verzögerung im Ausspruch der Entlassung nach der Rechtsprechung zu berücksichtigen ist (s auch RIS-Justiz RS0029328). Eine Gleichstellung einer jeden Entlassung mit einer dringenden Angelegenheit iSd § 51 TGO 2001 wäre damit nicht haltbar.

Ob der Ausspruch einer Entlassung konkret ein derart rasches Handeln erfordert, dass zur Abwehr eines drohenden Schadens die Einberufung der zuständigen Organe nicht abgewartet werden kann, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

Im vorliegenden Fall versucht die Beklagte, Gefahr in Verzug mit einem Imageverlust und einem finanziellen Schaden für den Fall, dass die Entlassung als verspätet gewertet würde, zu begründen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte einem Imageschaden schon mit der Suspendierung des Klägers bis zur Beschlussfassung des Gemeinderats über seine Entlassung begegnen hätte können, ist vertretbar. Sie steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung, dass vorläufige Maßnahmen, etwa die bis zur Klärung der tatsächlichen oder rechtlichen Lage vorgenommene Suspendierung eines Arbeitnehmers, die Annahme eines Verzichts des Arbeitgebers auf die Ausübung des Entlassungsrechts verhindern (RIS-Justiz RS0028987). Da die Befassung des Gemeinderats, wie dargelegt, hier auch keine Verspätung des Entlassungsausspruchs begründet hätte, hatte die Beklagte auch keinen ihr daraus entstehenden finanziellen Schaden zu besorgen.

Damit ist aber auch der in der Revision geltend gemachte Verfahrensmangel nicht relevant.

Aus der Entscheidung 8 ObA 41/12f ist für die Beklagte nichts zu gewinnen, weil sie lediglich das Abgehen von einer vertraglich vereinbarten Form einer Erklärungsabgabe durch ein gleichwertiges Vorgehen betraf, das hier nicht vorliegt.

Da die Rechtswirksamkeit der Entlassung sohin bereits an der fehlenden Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters der Beklagten zu verneinen ist, kommt es auf die in der Revision geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel zu den vorgebrachten Verfehlungen des Klägers, die zuletzt seine Aktivitäten im Krankenstand betrafen, nicht an.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Stichworte