OGH 8Nc52/13h

OGH8Nc52/13h9.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der zu AZ ***** des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Mag. H***** B*****, vertreten durch die Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen 13.406,90 EUR brutto sA, über das Ersuchen des Erstgerichts auf Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung der Klage zurückgestellt.

Text

Begründung

Mit seiner beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung einer Gehaltsdifferenz von 6.703,20 EUR brutto zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 12. 11. 2013 dehnte der Kläger das Klagebegehren auf 13.406,90 EUR brutto sA aus. Laut Dienstvertrag vom 5. 10. 2006 sei er Dienstnehmer der Republik Österreich auf Basis des Vertragsbedienstetengesetzes. Ausgehend vom Beginn des Dienstverhältnisses (1. 10. 2006) und seinem Geburtsdatum (17. 8. 1972) sei der Vorrückungsstichtag mit 31. 12. 1997 festgesetzt worden. Dabei seien die Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr nicht angerechnet worden. Diese Vorgangsweise sei unionsrechtswidrig, weshalb sich der Vorrückungsstichtag richtig mit 15. 1. 1995 errechne. Die Versuche des Gesetzgebers, die unzulässige Altersdiskriminierung durch Verlängerung des Vorrückungszeitraums zu sanieren, sei ebenfalls als unionsrechtswidrig zu beurteilen. Er habe daher Anspruch auf Gehaltsnachzahlung im begehrten Umfang. Die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergebe sich aus § 50 ASGG, die örtliche Zuständigkeit aus § 4 ASGG.

Aufgrund des Umstands, dass der Dienstvertrag des Klägers mit dem Präsidenten des ***** abgeschlossen wurde, übermittelte das Erstgericht den Akt an den Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen, in analoger Anwendung des § 9 Abs 4 AHG ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen.

Rechtliche Beurteilung

Ein Fall für eine amtswegige Delegierung liegt nicht vor.

1. Das Klagebegehren bezieht sich auf Gehaltsnachzahlungen zufolge unrichtiger Ermittlung des Vorrückungsstichtags und daraus resultierender unrichtiger Gehaltseinstufung. Der Kläger macht damit Entgeltansprüche aus dem Dienstverhältnis geltend, was sich auch aus der Anrufung des örtlich zuständigen Landesgerichts als Arbeits- und Sozialgericht unter Berufung auf § 50 ASGG eindeutig ergibt. Der Kläger nimmt die Beklagte damit als Arbeitgeberin in Anspruch.

2. Die vom Erstgericht ins Treffen geführte Bestimmung des § 9 Abs 4 AHG normiert einen Fall der notwendigen und damit der Parteiendisposition entzogenen Delegierung. Danach ist vom übergeordneten Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus einer Verfügung des Präsidenten eines Gerichtshofs erster Instanz oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem [kollegialen] Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die im Amtshaftungsverfahren unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären (8 Nc 11/10z).

Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung ist nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0053097; RS0109237) nur für jene Verfahren geboten, die einem Amtshaftungsprozess unmittelbar vorausgehen (zB pflegschafts- oder abhandlungsgerichtliche Genehmigung einer Amtshaftungsklage), oder die die Voraussetzung für die Einbringung einer Amtshaftungsklage bilden (zB Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Erhebung einer Amtshaftungsklage). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil der für einen Analogieschluss maßgebliche Zweck des § 9 Abs 4 AHG nur darin besteht, alle von einem Amtshaftungsanspruch betroffenen Gerichte von jeder Entscheidung über diesen Anspruch auszuschließen. Auf ein arbeitsgerichtliches Verfahren zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber ist diese Bestimmung jedoch nicht anzuwenden (8 Nda 2/98).

Das Anlassverfahren ist daher vom Erstgericht abzuführen.

Stichworte