OGH 2Ob179/12f

OGH2Ob179/12f23.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Oberösterreich, vertreten durch Dr. Franz Haunschmidt und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Dr. J***** K*****, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in Perg, wegen 23.760 EUR sA und „Räumung“ (Streitinteresse: 23.760 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Juni 2012, GZ 6 R 58/12k‑11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 8. Februar 2012, GZ 4 Cg 158/11i‑7, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird in ihrem abändernden Teil mit der Maßgabe bestätigt, dass Punkt 2. zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, ihre in der Lagerhalle in *****, gelagerten Fahrnisse, nämlich 47 Kraftfahrzeuge und neun Container mit Autoteilen, binnen 14 Tagen abzuholen.“

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 1.397,88 EUR (darin 232,96 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte, ein Zahnarzt, errichtete in den Jahren 2001 und 2002 auf einer damals im Eigentum seiner Ehefrau stehenden Liegenschaft in W***** ohne Baubewilligung ein zweigeschoßiges Gebäude (Halle). Mit Übergabsvertrag vom 18. 9. 2006 übertrug die Ehefrau des Beklagten die Liegenschaft in das Eigentum des gemeinsamen Sohnes. Diesem wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W***** vom 4. 9. 2007 gemäß § 49 Oö BauO die Beseitigung der baulichen Anlage aufgetragen. Die an das Gemeindeamt gerichtete Berufung blieb erfolglos. Der „Abbruchbescheid“ erwuchs am 18. 3. 2008 in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 2. 11. 2008 wurde dem Sohn des Beklagten der Abbruch des Gebäudes angedroht. Zugleich wurde er aufgefordert, binnen zwei Monaten das Gebäude selbst abzureißen und von Fahrnissen zu räumen. Die Bezirkshauptmannschaft P***** (BH) forderte unterdessen mehrere Unternehmen zur Anbotslegung auf. Dieses schriftliche Ersuchen lautete auszugsweise:

Im Gebäude befinden sich hauptsächlich eine Kfz-Werkstätte und ein Lager für Kfz-Oldtimer und Kfz-Teile. Da dieses Gebäude […] bisher nicht abgetragen worden ist, ist das Gebäude in einem Verwaltungsvollstreckungsverfahren von der BH P***** zu entfernen.

Wir ersuchen Sie daher um die Erstellung eines Angebots bis 31. Jänner 2009 für nachstehende Leistungen:

1. Ausräumen des Gebäudes und Lagerung der Gegenstände im Umgebungsbereich. Die ausgeräumten Gegenstände sind mit einer Plane abzudecken, um sie vor Regen zu schützen. Besonders nässeempfindliche Gegenstände sind zusätzlich auf eine Palette zu stellen. Es wird von einer geschätzten Palettenfläche von 200 m² bei einem geschätzten Arbeitsaufwand von 200‑Mann‑Stunden ausgegangen.

[...]

Nachdem der Bestbieter den Zuschlag erhalten hatte, erfolgte mit Bescheid vom 12. 2. 2009 die Anordnung der Ersatzvornahme. Des Weiteren wurde dem Sohn des Beklagten die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten aufgetragen. Mit dem Bescheid wurde ihm auch das Angebot des Bestbieters zugestellt. Die Zustellung erfolgte zu Handen des Beklagten, der den Sohn im verwaltungsbehördlichen Verfahren vertrat. Der vom Beklagten namens des Sohnes gegen den Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Entscheidung des Amtes der Oö Landesregierung vom 28. 4. 2009 nicht Folge gegeben.

Der Beginn der Zwangsmaßnahme wurde mit 22. 2. 2010 festgelegt. Dieser Termin wurde weder dem Beklagten noch dessen Sohn mitgeteilt. Einige Tage vor dem Termin besichtigten ein Bediensteter der BH und der Geschäftsführer des mit dem Abbruch beauftragten Unternehmens die Liegenschaft und die Halle von außen. Mittels eines Blicks durch ein ebenerdiges Fenster versuchten sie sich einen Überblick über die bevorstehenden Arbeiten zu verschaffen. Dabei war nicht erkennbar, dass letztlich 47 Kraftfahrzeuge auszuräumen sein würden, zumal sich ein Großteil der Fahrzeuge im Obergeschoß der Halle befand.

Am 22. 2. 2010 kam der Bedienstete der BH um 8:10 Uhr „in Polizeibegleitung“ zur „Not-Ordination“ des Beklagten. Er forderte ihn auf, sich kooperativ zu verhalten und beim Ausräumen der Halle mitzuwirken. Dabei erklärte er, dass die auszuräumenden Sachen in einem Folientunnel und einem Schiffscontainer untergebracht werden würden. Der Beklagte verweigerte jedoch jede Mitwirkung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise der Behörde.

Daraufhin begab sich der Bedienstete der BH zu der Halle, wo Geschäftsführer und Arbeiter des Abbruchunternehmens bereits anwesend waren. Paletten und Schiffscontainer hatten sie noch nicht mitgebracht. Nach dem Betreten der Halle wurde die konkrete Anzahl der Kraftfahrzeuge (47) und der mit Autoteilen gefüllten Container (9) festgestellt. Kraftfahrzeuge und Autoteile stehen im Eigentum des Beklagten. Es zeigte sich, dass bei verschiedenen Fahrzeugen das Dach, die Motorhaube, Fenster oder die Windschutzscheibe fehlten. Teilweise waren auch wertvolle Oldtimer dabei, weshalb der Bedienstete der BH nun die Ansicht vertrat, dass eine Lagerung im Freien unter Verwendung von Folien nicht geeignet sei. Er befürchtete, dass die Folien aufgerissen werden könnten und das Eindringen von Feuchtigkeit möglich sei. Der Geschäftsführer des Abbruchunternehmens machte den Vorschlag, die Gegenstände in einer bei ihm anzumietenden Lagerhalle in T***** zu deponieren. Darauf suchte der Bedienstete der BH noch einmal die „Not-Ordination“ des Beklagten auf, um diesen von der geänderten Vorgangsweise zu informieren. Als er um 9:20 Uhr dort eintraf, wurde ihm nicht geöffnet. Weitere Versuche, den Beklagten persönlich oder telefonisch zu erreichen, unternahm der Bedienstete der BH nicht. Der Sohn des Beklagten erfuhr vom Beginn der Zwangsmaßnahme lediglich durch einen Anruf seiner Mutter.

In der Nähe der abzureißenden Halle befand sich ein Folientunnel mit einem Flächenausmaß von 70 bis 100 m². Dort wurden zunächst die Bestandteile der Kfz-Werkstätte und sonstige Ersatzteile deponiert. Das Befüllen des Folientunnels dauerte länger als einen Tag. Auch in der Folge wurden seitens der Behörde keine Versuche unternommen, den Beklagten und dessen Sohn davon in Kenntnis zu setzen, dass Gegenstände nun nicht nur auf der eigenen Liegenschaft (des Sohnes) gelagert, sondern in eine Lagerhalle nach T***** gebracht werden würden.

Der Beklagte wohnte den Abbrucharbeiten nie bei. Die BH mietete ab 1. 3. 2010 eine Lagerhalle in T*****, wofür die klagende Partei einen monatlichen Mietzins von 1.800 EUR zuzüglich 10 % USt entrichtet. Anlässlich eines Telefonats am 10. 3. 2010 teilte der Bedienstete der BH dem Sohn des Beklagten die Adresse der Lagerhalle mit. Es sei eine ortsübliche Miete zu zahlen, deren Höhe ihm noch nicht bekannt sei. Ohne Zustimmung der BH dürfe keine Herausgabe der eingelagerten Sachen erfolgen. Sobald keine Schulden bestünden, sei die Herausgabe möglich, was derzeit aber mangels Abrechnung und Kostenbescheid noch nicht gesagt werden könne. Am 21. 5. 2010 wurde im Grundbuch das Eigentumsrecht des Beklagten an der besagten Liegenschaft einverleibt.

Gegen den Sohn des Beklagten (als Verpflichteten des Exekutionsverfahrens) ergingen am 30. 8. 2010 und am 18. 8. 2011 Kostenbescheide. Die mit dem ersten Bescheid vorgeschriebenen Lagerkosten wurden im Wege einer Liegenschaftsexekution zur Gänze einbringlich gemacht. Die mit dem zweiten Bescheid vorgeschriebenen Kosten wurden noch nicht bezahlt. Die gegen diesen (zweiten) Bescheid erhobene Berufung blieb erfolglos. Das Amt der Oö Landesregierung führte in dem Berufungsbescheid vom 1. 2. 2012 ua aus, „dass die im abzutragenden Gebäude befindlichen Fahrnisse, insbesondere die Kraftfahrzeuge, in einer deren Substanz sichernden Weise unterzubringen waren, weshalb gerade keine Lagerung im angrenzenden Folientunnel, welcher an zwei Seiten offen ausgeführt ist und keinen befestigten Untergrund aufwies, in Frage kam, sondern die Gebrauchtwagen in einer trockenen, gegen Witterungseinflüsse möglichst geschützten und mit festem Untergrund ausgestatteten Halle wie im gegenständlichen Fall zu lagern waren“. Eine an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde ist anhängig.

Mit Schreiben vom 26. 7. 2011 hatte der Klagevertreter den Beklagten aufgefordert, die Lagerhalle zu räumen und die offenen Lagerkosten zu bezahlen.

Mit der am 28. 9. 2011 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei, den Beklagten zur Zahlung von 23.760 EUR sA sowie dazu zu verpflichten, die Lagerhalle in T***** „von seinen Fahrnissen, nämlich den 47 Kraftfahrzeugen und den 9 Containern mit Autoteilen, zu räumen und geräumt an die klagende Partei zu übergeben“.

Sie brachte vor, sie sei Rechtsträgerin der BH und bediene sich dieser als Vollzugsorgan zur Erfüllung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben. Weder der Beklagte noch dessen Sohn seien im Rahmen des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens bereit gewesen, die im Eigentum des Beklagten stehenden Kraftfahrzeuge und Container mit Autoteilen aus dem abzutragenden Gebäude zu entfernen. Die BH sei daher gezwungen gewesen, diese Fahrnisse vor dem Abbruch selbst zu entfernen und einen geeigneten Lagerplatz zu finden. Da es sich bei den Fahrzeugen zum Teil um wertvolle Oldtimer gehandelt habe, sei eine Lagerung im Freien nicht in Betracht gekommen. Die klagende Partei habe daher eine unbeheizte, geschlossene und versperrbare Halle zum Zweck der Unterstellung der Fahrnisse des Beklagten angemietet. Der Beklagte kümmere sich bis heute nicht um seine Autos und habe die Fahrnisse trotz mehrfacher Aufforderung noch nicht abgeholt. Er habe auch keinen anderen geeigneten Lagerplatz bekannt gegeben. Als Nutznießer des Mietverhältnisses habe der Beklagte die ausstehenden Mietzinse im Zeitraum Juli 2010 bis Juni 2011 zu ersetzen. Die Verwendung der Lagerhalle für die Verwahrung seiner Gegenstände erfolge seitens des Beklagten ohne Rechtsgrund. Da die Lagerkosten mittlerweile eine beträchtliche Höhe erreicht hätten und das Zwangsvollstreckungsverfahren beendet werden müsse, sei der Beklagte als Eigentümer zur Abholung aufzufordern und dieser Anspruch gerichtlich geltend zu machen.

Der Beklagte wandte ein, die klagende Partei habe ihm keine Zeit zur Verfügung gestellt, das Gebäude selbst auszuräumen. Die Behörde hätte nicht ohne weiteren Vollstreckungstitel in das Eigentum eines Dritten eingreifen dürfen. Sie habe die Fahrzeuge des Beklagten ohne dessen Einwilligung in eine Lagerhalle gebracht und den mehrmals von ihm geforderten Rücktransport auf die Liegenschaft abgelehnt. Der Beklagte habe darauf vertrauen dürfen, dass der Eingriff entsprechend den Ausschreibungsunterlagen erfolgen werde. Dies wäre aufgrund der Größe des Grundstücks auch möglich gewesen. Ein ausreichender Schutz gegen die Witterung wäre durch einfaches Abdecken oder Abplanen erzielbar gewesen. Die klagende Partei sei verpflichtet, die Fahrnisse des Beklagten auf eigene Kosten zurückzustellen. Da die Überstellung der Fahrzeuge unrechtmäßig gewesen sei, könne kein Anspruch auf Räumung der Lagerhalle bestehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es ging vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, als Verpflichteter des Vollstreckungsverfahrens wäre nur der Sohn des Beklagten zur Räumung des Gebäudes verpflichtet gewesen. Das Mietverhältnis an der Lagerhalle sei demnach nicht zugunsten des Beklagten begründet worden. Die dem Sohn des Beklagten am 10. 3. 2010 erteilte Auskunft komme einer Verweigerung der Herausgabe der Fahrzeuge gleich. Die Behörde habe die Fahrzeuge ohne Zustimmung des Beklagten in die Lagerhalle verbracht. Unter diesen Umständen liege weder nützliche noch notwendige Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Eine Benützungsabsicht an der Lagerhalle sei dem Beklagten nicht zu unterstellen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des Zahlungsbegehrens, änderte sie jedoch hinsichtlich des Räumungsbegehrens in stattgebendem Sinn ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht erörterte in rechtlicher Hinsicht, die klagende Partei sei aufgrund des im verwaltungsbehördlichen Vollstreckungsverfahren herrschenden Schonungsprinzips zur Wegschaffung der im Gebäude befindlichen Fahrnisse verpflichtet gewesen. Es liege ein Fall der nützlichen Geschäftsführung nach § 1037 ABGB vor. Dies ergebe sich schon aus der verwaltungsbehördlichen Beurteilung des Amtes der Oö Landesregierung im Berufungsbescheid vom 1. 2. 2012. Das Auffinden von 47 Kraftfahrzeugen habe einen nicht vorhersehbaren, besonderen Umstand dargestellt. Die ursprünglich beabsichtigte Lagerung der Fahrzeuge auf dem Grundstück des Verpflichteten unter Folien sei wegen Gefährdung der Substanz nicht möglich gewesen. Die Einlagerung der Fahrzeuge sei daher zunächst zum klaren und überwiegenden Vorteil des Beklagten erfolgt, der es im Übrigen in Kenntnis der ergangenen Bescheide unterlassen habe, sein Eigentum anderweitig zu verwahren. Die klagende Partei hätte den Beklagten jedoch unmittelbar nach Einlagerung zur Abholung seines Eigentums auffordern müssen, um die Nützlichkeit der Geschäftsführung aufrecht zu erhalten. Dies sei nicht geschehen; es sei vielmehr die Herausgabe an Bedingungen geknüpft und damit im Ergebnis verweigert worden. Aus diesem Grund sei das Zahlungsbegehren abzuweisen, zumal auch die weiteren Anspruchsgrundlagen (§§ 1036, 1041, 1042 ABGB) nicht zum Tragen kämen. Ab der Aufforderung durch das Schreiben vom 26. 7. 2011 habe der Beklagte die faktische Macht über die in seinem Eigentum stehenden Gegenstände wiedererlangt. Er hätte die Fahrzeuge jederzeit abholen können. Durch seine Untätigkeit habe sich der Beklagte widerrechtlich in den Besitz der Mietrechte der klagenden Partei gesetzt. Dem Räumungsbegehren sei daher wegen Entziehung der Mietrechte nach § 372 ABGB stattzugeben. Der Eigentümer, der es unterlassen habe, das zu entfernende Gebäude rechtzeitig von seinen Fahrnissen zu räumen, sei für die Rückbringung selbst verantwortlich.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil sich die Problematik der Unterbringung von Sachen Dritter bei behördlichen Abbruchbescheiden häufig stelle und keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu vorliege.

Die klagende Partei ließ den bestätigenden Teil dieser Berufungsentscheidung unbekämpft. Gegen den abändernden Teil richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der eingangs erwähnte Revisionsgrund der Nichtigkeit wird nicht ausgeführt) mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil insoweit wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revision ist zulässig, weil das „Räumungsbegehren“ der klagenden Partei in § 372 ABGB keine rechtliche Grundlage hat. Sie ist ‑ im Ergebnis - dennoch nicht berechtigt.

Der Beklagte macht geltend, die klagende Partei sei zur Entfernung der Fahrnisse Dritter in einem nicht gegen sie geführten Vollstreckungsverfahren nicht berechtigt. Das Schonungsprinzip beziehe sich nur auf Gegenstände des Verpflichteten. Der Beklagte sei nicht Partei des Vollstreckungsverfahrens gewesen, ein entsprechender Titel liege gegen ihn nicht vor. Die Entfernung der Gegenstände sei deshalb „massiv“ rechtswidrig erfolgt. Keinesfalls sei die Verbringung der Fahrnisse in eine Lagerhalle nach T***** mit dem Schonungsprinzip vereinbar. Das Ausräumen des Gebäudes dürfe nicht mit dem Räumen der Liegenschaft verwechselt werden. Aufgrund der Größe des Grundstücks wäre ein Entfernen der Gegenstände von der Liegenschaft nicht notwendig gewesen. Es liege auch keine nützliche Geschäftsführung zugunsten des Beklagten vor. Bei dieser Beurteilung wären alle Interessen des Beklagten zu berücksichtigen gewesen. Als einziges Interesse des Beklagten ergebe sich, dass seine Fahrnisse durch den Abbruch nicht zerstört oder beschädigt werden. Die Anmietung der Lagerhalle widerspreche hingegen seinen Interessen, sei sie doch absolut unwirtschaftlich und unnotwendig und auch relativ weit vom Wohnsitz und der Ordination des Beklagten entfernt. Auch die Art und Weise des Ausräumens und des Abtransports der Fahrnisse habe den Interessen des Beklagten widersprochen. Völlig unerklärlich sei, weshalb auch die Container mit Fahrzeugteilen in die Lagerhalle überstellt worden seien. Aus alledem folge, dass die Verbringung in eine Lagerhalle rechtswidrig gewesen sei. Die faktische Macht über die eingelagerten Gegenstände liege allein bei der klagenden Partei. Diese habe daher die Fahrnisse an den Beklagten zurückzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

1. Formell rechtmäßiger Vollzug:

1.1 Nach § 4 Abs 1 VVG kann die Vollstreckungsbehörde, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligen lassen (Ersatzvornahme). Nach dieser Bestimmung hat die Vollstreckungsbehörde die Herstellung des sich aus dem Titelbescheid ergebenden Zustands mit Vollstreckungsverfügung anzuordnen, wenn der Verpflichtete seiner sich aus dem Titelbescheid ergebenden Pflicht nicht innerhalb der von der Vollstreckungsbehörde in der Androhung der Vollstreckung gesetzten Frist nachgekommen ist (vgl Larcher, Vollstreckung im Verwaltungsrecht [2009] Rz 222). Das Vollstreckungsstadium beginnt bereits mit dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist (Larcher aaO Rz 211). Im vorliegenden Fall war dies am 2. 1. 2009.

1.2 Ein baupolizeilicher Abtragungsauftrag ist auch dann vollstreckbar, wenn das Gebäude noch von Personen bewohnt wird und mit Fahrnissen ausgestattet ist, und zwar auch ohne dass es einer vorgängigen, durch gesonderte Vollstreckungsverfügung angeordneten zwangsweisen Räumung bedarf (vgl 3 Ob 255/08h; VwGH 2007/05/0169; Larcher aaO Rz 223). Aus § 2 Abs 1 VVG ergibt sich der gesetzliche Auftrag, bei der Wahl der verschiedenen zum Erfolg führenden Mittel das „gelindeste“ anzuwenden (Schonungsprinzip; VwGH 95/10/0066). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass es das Schonungsprinzip der Vollstreckungsbehörde verwehrt, bei der Abtragung eines Gebäudes im Wege der Ersatzvornahme die darin befindlichen Fahrnisse zu zerstören. Zur Wahrung dieser Rücksichten ist es erforderlich, die in einem abzutragenden Gebäude befindlichen Fahrnisse wegzuschaffen, sodass sie durch die Zerstörung des Gebäudes nicht unmittelbar beeinträchtigt werden (VwGH 89/05/0186, 2000/10/0091; vgl Larcher aaO Rz 223). Personen und Sachen sind bei Beginn der Ersatzvornahme, als die Vollstreckung hindernd, aus dem abzutragenden Gebäude zu entfernen (VwGH 0750/70). Erhebungen, in wessen Eigentum die vom Vollstreckungsauftrag betroffenen Gegenstände stehen, sind von der Vollstreckungsbehörde nicht durchzuführen (vgl VwGH 96/07/0199).

1.3 Zum Abbruchmaterial vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass die Vollstreckungsbehörde auch unter dem Gesichtspunkt des § 2 Abs 1 VVG zu einer Lagerung nicht verhalten ist (vgl VwGH 92/06/0066, 95/06/0146, 2005/06/0061). Andererseits wurde die Rechtswidrigkeit einer solchen Lagerung verneint und gleichzeitig betont, dass dadurch keine Bringschuld der Behörde entsteht. Die Lagerungs- und Transportkosten wurden im Anlassfall als Kosten der Vollstreckung anerkannt, weil nach dem Titelbescheid die Verpflichtung zur Entfernung des abzutragenden Objekts von der Liegenschaft des Verpflichteten und zur Wiederherstellung deren früheren Zustands bestand (VwGH 95/10/0066; Larcher aaO Rz 239).

1.4 Für den vorliegenden Fall ist aus diesen Grundsätzen zunächst abzuleiten, dass es eines weiteren, gegen den Beklagten gerichteten Titels, der ihn zur Räumung der in seinem Eigentum stehenden Gegenstände verpflichtet hätte, nicht bedurfte. Es war Sache des Verpflichteten (des Sohnes des Beklagten), dem behördlichen Entfernungsauftrag zu entsprechen, wofür ihm auch ausreichend Zeit zur Verfügung stand (seit 18. 3. 2008 lag ein rechtskräftiger Abbruchbescheid, seit der Zustellung des Berufungsbescheids vom 28. 4. 2009 auch eine rechtskräftige Vollstreckungsverfügung vor).

Dem Beklagten (als Dritten), der als bevollmächtigter Vertreter seines Sohnes über sämtliche Schritte der Behörde informiert war, wäre hingegen die Klage nach § 37 EO offen gestanden, da für die Geltendmachung an den durch eine politische Exekution betroffenen Gegenständen gemäß Art III Abs 3 EGEO ausschließlich die Vorschriften der ZPO und der EO maßgebend sind (vgl 3 Ob 34/78; 3 Ob 119/93; VwGH 96/07/0199, 2001/05/0174; Jakusch in Angst, EO² § 37 Rz 45). Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte während der vom 2. 1. 2009 bis zu ihrer Beendigung anhängigen Exekution aber keinen Gebrauch gemacht.

1.5 Die im Angebot des Abbruchunternehmens vorgesehene Vorgangsweise wurde dem auf § 4 Abs 2 VVG beruhenden Kostenvorauszahlungsauftrag zugrunde gelegt. Dabei handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid, der nur der Schadloshaltung der Behörde dient. Die Erlassung eines derartigen Bescheids setzt ein Ermittlungsverfahren voraus, in dem die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Wege einer Schätzung festgestellt werden müssen. Die Vorauszahlung der Kosten erfolgt nur gegen tatsächliche Verrechnung, was bedeutet, dass höhere tatsächliche Kosten nachzuzahlen sind oder ein verbleibender Überschuss zurückzuzahlen ist (Larcher aaO Rz 213 f). Eine Bindung für die Ersatzvornahme tritt dadurch aber nicht ein (vgl VwGH 84/05/0035; Larcher aaO Rz 218).

Dass sich die Behörde im Bescheid über die Anordnung der Ersatzvornahme (also in der Vollstreckungsverfügung) eine diesbezügliche Selbstbindung auferlegt hätte (vgl 1 Ob 8/78), geht aus den Feststellungen nicht hervor. Mangels gegenteiliger Hinweise ist vielmehr davon auszugehen, dass die Durchführung der Ersatzvornahme der Vollstreckungsverfügung nicht widersprach.

1.6 Wird im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens durch die Behörde oder das von ihr beauftragte Unternehmen ein Dritter geschädigt, kann dies zur Amtshaftung des Rechtsträgers der Behörde führen (vgl 1 Ob 8/78; Larcher aaO Rz 233).

Im vorliegenden Fall offenbarte sich für die Behörde und den von ihr beauftragten Unternehmer erst nach dem Eindringen in das abzutragende Gebäude nicht nur das volle Ausmaß, sondern auch die Beschaffenheit der zu entfernenden Fahrnisse. Eine Übergabe an den Bevollmächtigten des Verpflichteten, den Beklagten, kam infolge der von ihm verweigerten Anwesenheit bei der Ersatzvornahme nicht in Betracht. Unter diesen Umständen begründet es kein dem Titelbescheid und der Vollstreckungsverfügung widersprechendes Vorgehen der Behörde, wenn sie sich nach Abwägung der Vorteile und Risiken einer Lagerung der Fahrzeuge und der Ersatzteile im Freien zur Hintanhaltung für möglich erachteter witterungsbedingter Substanzschäden letztlich für die Anmietung einer Lagerhalle entschied.

An dieser Beurteilung würde sich auch nichts ändern, wenn die Behörde im Sinne der auf die Lagerung von Abbruchmaterial bezogenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Punkt 1.3) auch zu einer Lagerung der aus dem Gebäude entfernten Fahrnisse nicht verpflichtet war. Hätte sie die Fahrnisse des Beklagten nach ihrer Entfernung aus dem Gebäude auf der Liegenschaft des Verpflichteten belassen, wären zwar keine Lagerungs- und Transportkosten aufgelaufen. Ob der Verpflichtete mit diesen Kosten (als Kosten der Vollstreckung) dennoch zu belasten ist, ist aber allein von den Verwaltungsbehörden und nicht im Rechtsweg zu klären. Das gegen den Beklagten gerichtete Zahlungsbegehren wurde bereits rechtskräftig abgewiesen und bildet nicht den Gegenstand des Revisionsverfahrens.

1.7 Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der Behörde eine rechtswidrige Behandlung der Fahrnisse des Beklagten anlässlich der Vollstreckung des Titelbescheids nicht vorzuwerfen ist.

2. Holschuld:

2.1 Die Ersatzvornahme ist beendet, wenn der dem Titelbescheid entsprechende Zustand hergestellt worden ist (Larcher aaO Rz 241). Das ist hier längst der Fall. Die Exszindierungsklage, die die Anhängigkeit des Exekutionsverfahrens voraussetzt, wäre im gegenwärtigen Stadium daher nicht mehr möglich (Jakusch in Angst aaO § 37 Rz 47). Zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ist nicht strittig, dass der Beklagte Eigentümer der eingelagerten Fahrnisse ist. Es steht ihm demnach gegen die klagende Partei als Sachinhaberin der sachenrechtliche Herausgabeanspruch nach § 366 ABGB zu. Ihre Herausgabepflicht wird von der klagenden Partei auch gar nicht in Frage gestellt, ein Zurückbehaltungsrecht macht sie nicht (mehr) geltend. Strittig ist lediglich, ob die Herausgabepflicht der klagenden Partei auch eine Pflicht zur Lieferung der Gegenstände an den Beklagten umfasst.

2.2 Im heimischen Schrifttum hat sich jüngst G. Kodek (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 366 Rz 20 f) mit dieser Frage auseinandergesetzt. Er gelangt in Anlehnung an Picker (Der „dingliche“ Anspruch, FS Bydlinski [2002] 269 mwN zur deutschen Lehre und Rechtsprechung) zu dem Ergebnis, dass die Herausgabepflicht keine Bring-, Lieferungs- oder sonstige Verschaffungspflicht des Besitzers (bzw Inhabers), sondern nur dessen Pflicht zur Mitwirkung durch Bereitstellung der Sache auf eigene Kosten begründet (G. Kodek aaO § 366 Rz 20; Picker aaO 288).

Nach Meinung Pickers (aaO 290) dürfe die Herausgabepflicht des Besitzers (vgl § 285 BGB) nicht als eine begrenzte Wiedergutmachungspflicht im Interesse des Sacheigentümers missverstanden werden. Sie ordne vielmehr nur die Mitwirkung des Besitzers bei der Bereinigung seines eigenen Rechtskreises an. Ob und wie weit der Besitzer darüber hinaus dafür sorgen muss, dass die Sache an den Eigentümer zurückgelangt, sei demgegenüber eine haftungsrechtlich prinzipiell neue und eigenständige Frage. Ihre Bejahung setze neue und deshalb dem Besitzer gegenüber andere Haftungsgründe voraus, die neue und also andere Rechtspflichten schaffen würden. Solche könnten vor allem aus besonderen Rechtsbeziehungen folgen, die den Eigentümer und den Besitzer ‑ etwa aufgrund eines Fehlverhaltens bei Erwerb oder Behandlung der Sache ‑ über die Vindikationsbeziehung hinaus verbinden (so auch G. Kodek aaO § 366 Rz 26).

Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Sie entspricht im Kern auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem ähnlich gelagerten Fall (3 Ob 549/53 = SZ 26/283 RIS‑Justiz RS0024450). In dieser Entscheidung (es ging um eine Restitutionsverpflichtung nach dem 2. Weltkrieg) wurde ausgeführt, dass der Rückstellungspflichtige nur zur Herausgabe der entzogenen Sache (Wasserröhrenkessel) verpflichtet sei und ihm darüber hinausgehende Pflichten nur dann auferlegt werden könnten, wenn er oder der unmittelbare Entzieher nicht als redliche Erwerber anzusehen seien (vgl dazu Aichberger-Beig in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 905 Rz 42 [FN 87]).

2.3 Die herauszugebende Sache ist demnach grundsätzlich an jenem Ort bereitzustellen, an welchem der Inhaber die Sache zur Verfügung hat. Es handelt sich um eine Holschuld, sofern nicht ein eigener Verpflichtungsgrund für eine Rückschaffungspflicht besteht (G. Kodek aaO § 366 Rz 23, 25 und 26; idS auch SZ 26/283; vgl ferner 3 Ob 83/64 = RIS-Justiz RS0004328; Klicka in Angst, EO2 § 346 Rz 2).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Beklagte, wenn er seinen Anspruch nach § 366 ABGB geltend machen würde, die gelagerten Fahrnisse auf eigene Kosten abzuholen hat. Die klagende Partei ist spätestens seit Ende Juli 2011 zur Ausfolgung der Gegenstände an den Beklagten bereit. Ein Fehlverhalten bei der „Wegschaffung“ der Fahrnisse im Zuge der Vollstreckung des „Abbruchbescheids“ ist der Behörde aus den in Punkt 1. dargelegten Gründen nicht vorwerfbar. Es besteht daher kein besonderer, etwa schadenersatzrechtlicher Verpflichtungsgrund, der eine über die bloße Bereitstellung der Fahrnisse hinausgehende Verschaffungspflicht der klagenden Partei auslösen könnte. Vielmehr hat der Beklagte, obwohl er von der bevorstehenden Demolierung wusste, eine vorherige Entfernung seiner Fahrnisse nahezu mutwillig unterlassen.

Im Folgenden bleibt zu prüfen, ob und auf welche Weise die klagende Partei ihrerseits die Abholung der eingelagerten Gegenstände durch den Beklagten durchsetzen kann.

3. Kein Fall des § 372 ABGB:

3.1 Dem Bestandnehmer als Rechtsbesitzer wird in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zwar auch petitorischer Rechtsschutz gegen Eingriffe Dritter zuerkannt, wobei als Rechtsgrundlage zumeist eine analoge Anwendung des § 372 ABGB herangezogen wird (zuletzt 2 Ob 147/12z mwN; dazu kritisch etwa Spielbüchler in Rummel, ABGB3 § 372 Rz 5; G. Kodek aaO § 372 Rz 39 ff und Rz 47 sowie § 373 Rz 9). Damit soll auch der zuweilen angenommenen quasi-dinglichen Rechtsposition des Bestandnehmers Rechnung getragen werden (2 Ob 147/12z mwN).

3.2 Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts liegt hier ein solcher Eingriff nicht vor. Nicht der Beklagte benützt die von der klagenden Partei gemietete Lagerhalle zur Lagerung seiner Fahrnisse, sondern die klagende Partei benützt sie zu diesem Zweck selbst. Die Fahrnisse befinden sich in der Gewahrsame der klagenden Partei, während der Beklagte keine Verfügungsmacht über die Lagerhalle hat. Eine von seinen Fahrnissen geräumte Übergabe der Lagerhalle (so die Formulierung des „Räumungsbegehrens“) durch den Beklagten kommt schon aus diesem Grund nicht in Betracht. Auf petitorischen Rechtsschutz könnte sich die klagende Partei daher nicht berufen, was sie im Übrigen auch gar nicht tat.

3.3 Mit dieser Erkenntnis hat es aber nicht sein Bewenden. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das Gericht berechtigt, den Urteilsspruch an den sachlichen Inhalt des Klagebegehrens abweichend von dessen Wortlaut anzupassen und ihm eine klarere Fassung zu geben. Es darf nur der durch das Vorbringen der klagenden Partei gedeckte Rahmen nicht überschritten werden (vgl RIS‑Justiz RS0041254 [T12]; auch RS0039357). Aus dem eingangs wiedergegebenen Prozessvorbringen der klagenden Partei ist klar ersichtlich, dass sie mit ihrem „Räumungsbegehren“ in Wahrheit den behaupteten „Anspruch auf Abholung“ der gelagerten Fahrnisse gegen den Beklagten gerichtlich geltend machen will.

4. Anspruch auf Abholung:

4.1 Bei Kaufverträgen entspricht es herrschender Ansicht, dass dem Verkäufer bei Annahmeverzug des Käufers kein klagbarer Anspruch auf Abnahme der Sache zusteht, es sei denn, dass ein konkretes Interesse des Verkäufers vorliegt, bei dem ihm mit den Rechtsfolgen des bloßen Annahmeverzugs nicht gedient wäre (RIS-Justiz RS0018551; Apathy in KBB³ § 1062 Rz 6; Reischauer in Rummel, ABGB³ II/3 § 1419 Rz 3; allgemein Koziol in KBB³ § 1419 Rz 2). Letzteres wird etwa dann bejaht, wenn die Nichtannahme den Verkäufer schädigen könnte (1 Ob 666/84 = JBl 1985, 746 [Wilhelm]; Apathy aaO § 1062 Rz 6). In der soeben zitierten Entscheidung wurde diese Voraussetzung als gegeben erachtet. Die schon bei Vertragsabschluss (über den Kauf von Humus) gegebene Interessenlage habe deutlich gezeigt, dass das Interesse des Verkäufers über die Bezahlung des Kaufpreises hinausging, da es ihm auch darum ging, eine von ihm in Bestand genommene Betriebsliegenschaft ungehindert nutzen zu können, was nur nach Entfernung des Humus möglich war (vgl ferner 1 Ob 788/81 = EvBl 1982/68 [Leasingvertrag], wo ein über das Interesse am Erhalt des Leasingentgelts hinausgehendes Interesse des Leasinggebers allerdings verneint wurde; idS auch 4 Ob 254/01h).

4.2 Dass eine vergleichbare Interessenlage auch bei einer außervertraglichen Herausgabeverpflichtung bestehen kann, wurde in der bereits erwähnten Entscheidung SZ 26/283 dargelegt. Der Herausgabeberechtigte dürfe den Schuldner, auch wenn dieser von ihm im Klagewege keine Leistung verlangen könne, nicht in eine Situation bringen, wodurch dieser Schaden leide. Der Gläubiger müsse daher, wenn er zur Annahme aufgefordert werde, die ihm geschuldete Sache in angemessener Frist abholen lassen, widrigenfalls er nicht nur in Annahmeverzug gerate, sondern auch schadenersatzpflichtig werde.

4.3 § 364 Abs 1 ABGB stellt das umfassende Herrschaftsrecht des Eigentümers in den Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung, indem er darauf hinweist, dass seine Ausübung durch die Rechte Dritter und gesetzliche Einschränkungen beschränkt ist (Oberhammer in Schwimann, ABGB4 II § 364 Rz 1). Zu den „Dritten“ gehören auch Außenstehende, deren Person beim Gebrauch der Sache nicht verletzt und deren Vermögen nicht beeinträchtigt werden darf (Spielbüchler aaO § 364 Rz 2). In Rechtsprechung und Lehre ist unstrittig, dass diese Bestimmung keinen eigenständigen Anspruchsgrund schafft, sondern lediglich verweisenden Charakter hat (3 Ob 201/99a; Oberhammer aaO § 364 Rz 1; Spielbüchler aaO § 364 Rz 1; Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 364 Rz 7). Das in ihr ganz allgemein zum Ausdruck gebrachte grundsätzliche Gebot der Rücksichtnahme auf die Rechte (auch Vermögensrechte) Dritter (vgl Eccher in KBB³ § 364 Rz 1) rechtfertigt es nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch, dass auch bei einem bloß sachenrechtlichen Rechtsverhältnis, wie es im gegenständlichen Fall vorliegt, die aus der in 4.1 und 4.2 zitierten Rechtsprechung zu gewinnenden Wertungen analoge Anwendung finden können. Es wäre nicht einzusehen, dass bei vergleichbarer Interessenlage auf Seiten des Leistungs- bzw Herausgabewilligen zwischen schuld- und sachenrechtlichen Rechtsverhältnissen differenziert werden soll.

Das Interesse der klagenden Partei, die Lagerung der Fahrnisse des Beklagten und das nur zu diesem Zweck eingegangene Mietverhältnis beenden zu können, ist ‑ auch für den Beklagten ‑ evident. Die klagende Partei, welche die Lagerkosten vom Verpflichteten im Wege vollstreckbarer Kostenbescheide hereinbringen muss, ist mit dem Einbringungs- und Insolvenzrisiko belastet. Aufgrund des passiven Verhaltens des Beklagten droht der klagenden Partei Schaden. Diese Sachlage rechtfertigt es, unter den besonderen Umständen des konkreten Falls von einer klagbaren Abholungsverpflichtung des Beklagten auszugehen. In diesem Sinne ist auch das „Räumungsbegehren“ der klagenden Partei zu deuten.

5. Ergebnis:

Aus den dargelegten Erwägungen muss der Revision ein Erfolg versagt bleiben. Die angefochtene Entscheidung ist in ihrem abändernden, dem Klagebegehren stattgebenden Teil mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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