OGH 4Ob147/13s

OGH4Ob147/13s22.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** J*****, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei W***** W*****, vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 10.000 EUR) und 1.020 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. Mai 2013, GZ 3 R 71/13a‑13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. Februar 2013, GZ 5 Cg 95/12k‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 770,40 EUR (darin 128,40 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte veranstaltete beim Hahnenkamm‑Rennen 2012 vom 20. 1. 2012, 9:00 Uhr bis 23. 1. 2012, 18:00 Uhr in der Innenstadt von Kitzbühel auf öffentlichem Gut das Volksfest „Fanzone Kitzbühel“. Der Bürgermeister der Stadt Kitzbühel hatte ihm dazu mit Bescheid vom 10. 1. 2012 die veranstaltungsbehördliche Bewilligung unter zahlreichen Auflagen erteilt. Mit Vertrag zwischen der Stadtgemeinde Kitzbühel und dem Beklagten hat die Stadt dem Beklagten das auf öffentlichem Gut gelegene Veranstaltungsgelände von 15. bis 24. 1. 2012 überlassen. Der Beklagte hatte eine Platz-Hausordnung erlassen, die neben dem Einsatz eines eigenen Ordnerdienstes auch den Ablauf bestimmter Tätigkeiten (Verkauf von Waren, Verteilung von Drucksachen, Durchführung von Sammlungen, promotionelle oder kommerzielle Aktivitäten) regelte. Darin war ua festgelegt, dass die angeführten Tätigkeiten nicht ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Veranstalters durchgeführt werden dürfen. Die Platz‑Hausordnung war sowohl an den Eingängen als auch innerhalb des Veranstaltungsgeländes deutlich sichtbar ausgehängt. Das Veranstaltungsgelände „Fanzone Kitzbühel“ war über drei Eingänge frei zugänglich; es umfasste die Innenstadt von Kitzbühel. Um ihre gewerblichen Tätigkeiten auf der Veranstaltung ausüben zu können, mussten sich die Gewerbetreibenden spätestens einen Monat vor der Veranstaltung entweder bei der Stadt Kitzbühel oder beim Veranstalter anmelden, wofür der Beklagte ein eigenes Anmeldeformular aufgelegt hatte. Insgesamt hatten sich 28 Gewerbetreibende ‑ darunter jedoch nicht der Kläger -angemeldet und eine Bestätigung für die Gewerbeausübung erhalten.

Der Kläger ist berechtigt, das Gewerbe „Messung des Atemluftalkoholgehaltes mittels Alkomat unter Ausschluss aller Tätigkeiten, die den Sicherheitsgewerben vorbehalten sind“ auszuüben. Er wollte seinem Erwerb beim Volksfest in Kitzbühel nachgehen und reiste am 20. 1. 2012 mit zwei Mitarbeiterinnen nach Kitzbühel, um dort bis 22. 1. 2012 in der Fanzone im Freien und in den dort gelegenen gastronomischen Betrieben Atemluftmessungen vorzunehmen. Nachdem der Kläger in der Fanzone mit seinen Messungen begonnen hatte, hielt ihn der Ordnungsdienst an und führte ihn zur Einsatzzentrale zum Beklagten. Dort entwickelte sich ein erregtes Gespräch zwischen den Streitteilen über die Zulässigkeit der Tätigkeit des Klägers; letztlich verwies der Beklagte den Kläger für die Dauer der Veranstaltung vom Veranstaltungsgelände. Hätte sich der Kläger mit Gewerbenachweis rechtzeitig angemeldet, wäre er als Gewerbeausübender zur Veranstaltung zugelassen worden.

Mit seiner auf §§ 1, 16 UWG, § 1295 Abs 2 ABGB sowie auf seine Erwerbsausübungsfreiheit nach Art 6 Abs 1 StGG gestützten Klage begehrte der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, a) es zu unterlassen, den Kläger im geschäftlichen Verkehr bei der Ausübung dessen Gewerbes „Messung des Atemluftalkoholgehaltes mittels Alkomat unter Ausschluss aller Tätigkeiten, die den Sicherheitsgewerben vorbehalten sind“ zu behindern, insbesondere dadurch, dass er dem Kläger und dessen Mitarbeitern den Zutritt zu im Bereich von öffentlichem Gut gelegenem und in der Verfügungsgewalt des Beklagten stehendem Veranstaltungsgelände verweigert, sie von dort verweist oder in gleichgerichteter Art und Weise behandelt; b) 1.020 EUR sA zu zahlen.

Das Veranstaltungsgelände liege auf öffentlichem Gut, weshalb der Kläger dort sein Gewerbe ausüben dürfe. Das Hausrecht des Veranstalters biete keine Legitimation, die Gewerbeausübung eines anderen in Gastronomiebetrieben der Kitzbühler Innenstadt zu verhindern. Durch den ungerechtfertigten Platzverweis habe der Kläger einen Verdienstentgang von 1.020 EUR erlitten.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Er habe ein veranstaltungsbehördliches Verbot für nicht genehmigte Verkaufsaktivitäten, nämlich die vom Kläger durchgeführten Alkotests, vollziehen müssen. Deshalb und unter Berufung auf sein Hausrecht habe der Beklagte den Kläger berechtigt aufgefordert, seine kommerziellen Aktivitäten auf dem Veranstaltungsgelände einzustellen. Den Zutritt zu Lokalen im Veranstaltungsgelände habe der Beklagte dem Kläger nicht verwehrt, sondern ihn nur aufgefordert, seine Gewerbeausübung auf dem dem Beklagten überlassenen Veranstaltungsgelände einzustellen. Der Kläger hätte sich ohne Gewerbeausübung frei am Veranstaltungsgelände bewegen dürfen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die vom Beklagten organisierte Veranstaltung sei eine zeitlich limitierte und örtlich begrenzte Sondernutzung des öffentlichen Gutes gewesen. Die Stadt Kitzbühel habe die so bewirkte Einschränkung des Gemeingebrauchs mit verwaltungsbehördlichem Bescheid bewilligt und so den Gemeingebrauch durch die Sondernutzung eingeschränkt. Es wäre dem Kläger frei gestanden, seine gewerbliche Tätigkeit dem Veranstalter vor der Veranstaltung anzuzeigen, um diese auf dem Veranstaltungsgelände ausüben zu dürfen. Der Beklagte habe weder unlauter gehandelt noch dem Kläger absichtlich einen Schaden zugefügt, sondern sein Hausrecht als Veranstalter ausgeübt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ‑ auf Antrag der Beklagten gemäß § 508 Abs 1 ZPO ‑ dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung fehle, ob und unter welchen Voraussetzungen der Veranstalter eines Volksfestes bei der Ausübung seines Hausrechts zu beachten habe, ob Personen (bloß) im Veranstaltungsgelände ständig angesiedelte gastgewerbliche Betriebe aufsuchen wollten. Das Berufungsgericht verwarf den in der Berufungsbeantwortung erstmals erhobenen Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs und führte in rechtlicher Hinsicht aus, es sei unstrittig, dass der Kläger im Veranstaltungsbereich im Freien und in den dort gelegenen gastronomischen Betrieben Atemluftmessungen durchführen habe wollen. Der Beklagte sei als Veranstalter grundsätzlich berechtigt gewesen, im Rahmen seines Hausrechts andere Personen von der Veranstaltung auszuschließen. Das Hausrecht gewähre dem Veranstalter eine gegen jedermann wirksame Rechtsposition, er dürfe dennoch den Zutritt zur Veranstaltung nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen unter Berufung auf sein Hausrecht verweigern. Solche lägen hier vor, weil sich der Kläger als Gewerbetreibender nicht rechtzeitig zur Veranstaltung angemeldet habe. Es sei unbedenklich, wenn der Beklagte nur solche Gewerbetreibenden zur Veranstaltung zugelassen habe, die sich spätestens vier Wochen vor der Veranstaltung angemeldet hätten, er sei nämlich verpflichtet gewesen, ein genaues Konzept über alle Anlagen und Einrichtungen der öffentlichen Veranstaltung einschließlich der sicherheits‑ und rettungstechnischen Aspekte der Behörde spätestens vier Wochen vor der Veranstaltung vorzulegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

1.1. In Lehre und Rechtsprechung wurde schon mehrfach betont und ist nicht zweifelhaft, dass ein Veranstalter grundsätzlich berechtigt ist, im Rahmen seines Hausrechts andere Personen von der Veranstaltung auszuschließen oder ihren Besuch von Bedingungen abhängig zu machen. Dieses Recht steht sowohl dem Eigentümer als auch einem Mieter zu, weil der Bestandnehmer für die Dauer seiner Bestandrechte allein darüber verfügen kann, wem er den Zutritt gestattet oder verwehrt, zumal ihm die Unterlassungsklage gegen jeden Störer zusteht. Das Hausrecht gewährt dem Veranstalter damit eine gegen jedermann wirksame Rechtsposition (4 Ob 26/94, 4 Ob 155/05f je mwN).

1.2. Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Der mit der Stadtgemeinde Kitzbühel abgeschlossene Überlassungsvertrag begründete das Hausrecht des Beklagten als Veranstalter in der Fanzone Kitzbühel und berechtigte ihn, Personen wie den Kläger, der dort entgegen der Platz‑Hausordnung ohne vorherige Anmeldung ein Gewerbe ausübte, vom Veranstaltungsgelände zu verweisen.

2.1. Der Revisionswerber macht weiters geltend, das Berufungsgericht habe übergangen, dass der Beklagte nicht befugt gewesen sei, den Kläger an der Ausübung seines Gewerbes in nicht zur Veranstaltung gehörenden Räumlichkeiten, nämlich den Gastronomiebetrieben in der Innenstadt, zu hindern, weil ihm insoweit kein Hausrecht zugestanden sei.

2.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beklagte eingewendet hat, dem Kläger den Zutritt zu Lokalen im Veranstaltungsgelände nicht verwehrt, sondern ihn nur aufgefordert zu haben, seine Gewerbeausübung auf dem dem Beklagten überlassenen Veranstaltungsgelände einzustellen. Dieses Vorbringen hat der Kläger nicht substantiiert bestritten. Bloß unsubstantiiertes Bestreiten ist aber ausnahmsweise als Geständnis anzusehen, wenn die vom Gegner aufgestellte Behauptung offenbar leicht widerlegbar sein musste, die Partei dazu aber nie konkret Stellung nahm (RIS‑Justiz RS0039927). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Vorbringen entgegentritt, zu den übrigen jedoch schweigt (4 Ob 79/08h; RIS‑Justiz RS0039927 [T12]). Es ist daher als unstrittig davon auszugehen, dass der Beklagte dem Kläger den Zutritt zu Lokalen im Veranstaltungsgelände nicht verwehrt hat.

2.3. Dazu kommt, dass das Unterlassungsbegehren in seinem ‑ das beanstandete Verhalten konkretisierenden ‑ „insbesondere“-Teil allein darauf abstellt, dass der Beklagte dem Kläger den Zutritt zu im Bereich von öffentlichem Gut gelegenem und in der Verfügungsgewalt des Beklagten stehendem Veranstaltungsgelände verweigert habe. Damit hat der Kläger aber den in der Revision ausgeführten Vorwurf, man habe ihm den Zutritt zu Gastronomielokalen im Veranstaltungsgelände verweigert, nicht zum Gegenstand des bisherigen Verfahrens gemacht, weshalb es in diesem Punkt auch keiner Stellungnahme des Berufungsgerichts bedurfte. Folgerichtig hat der Beklagte sein Verhalten deshalb auch unter Berufung auf sein Hausrecht auf dem Veranstaltungsgelände gerechtfertigt; dass er ein Hausrecht auch in Ansehung fremder Gastronomielokale auszuüben beabsichtigt habe, wurde weder behauptet noch erwiesen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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