OGH 12Os94/13k

OGH12Os94/13k17.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Sol und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael N***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Markus L***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 22. Mai 2013, GZ 16 Hv 17/13y-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Markus L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus L***** der Verbrechen des Raubes nach §§ 142 Abs 1, 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz - am 5. Dezember 2012 in M***** dadurch, dass er Michael N***** mit einem PKW zum Tatort fuhr und in der Nähe wartete, um ihn in weiterer Folge wieder nach Hause zu bringen, dazu beigetragen, dass dieser dadurch, dass er maskiert mit einer Wollhaube mit Sehschlitzen die Trafik des Werner H***** betrat, eine einer Faustfeuerwaffe täuschend ähnliche Softgun gegen diesen richtete und durch die Äußerung „Göd her!“ die Übergabe von Bargeld verlangte, weshalb ihm dieser eine Geldtasche mit 500 Euro Bargeld ausfolgte, dem Genannten durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Markus L*****, der keine Berechtigung zukommt.

Das Erstgericht hat den Vorsatz des Beschwerdeführers, sich auch am 5. Dezember 2012 an einer Raubtat des Angeklagten Michael N***** zu beteiligen, eingehend aus einer vernetzten Betrachtung der hiezu vorliegenden Verfahrensergebnisse abgeleitet und solcherart seine vom Erstangeklagten gestützte leugnende Verantwortung verworfen (US 9 bis 11). Dass - dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider - aus diesen Beweismitteln für den Nichtigkeitswerber auch günstigere Schlussfolgerungen möglich gewesen wären oder, wie die Rüge vermeint, jene der Tatrichter nicht zwingend seien, vermag Nichtigkeit hingegen nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0098471, RS0099455).

Außerdem nimmt die Beschwerde nicht an der Gesamtheit der Urteilserwägungen Maß (vgl RIS-Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394), indem sie außer Acht lässt, dass das Schöffengericht in seine Überlegungen auch einbezog, es sei faktisch ausgeschlossen, Markus L***** habe auf der Fahrt nach M***** weder die beim Raub verwendete Softgun und Haube noch nach der Tat das Geld beim Angeklagten N***** bemerkt (US 8 f), und vernachlässigt, dass das Erstgericht die Erklärungsversuche des Beschwerdeführers, weshalb man am Morgen des 5. Dezember 2012 doch nicht nach Wien gefahren sei, als Schutzbehauptung einstufte (US 10).

Indem die Mängelrüge im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen aus dem eminenten Risiko, sich während der Tatbegehung durch den unmittelbaren Täter durch den Besuch einer videoüberwachten Tankstelle zu exponieren, das Fehlen der inneren Tatseite abzuleiten sucht, bekämpft sie nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung.

Der Beschwerdeführer vermeint, die Begründung des Erstgerichts, es sei unglaubwürdig, dass trotz des freundschaftlichen Verhältnisses und der Nahebeziehung der Angeklagten nicht über Geldsorgen oder über die Beschaffung von Geld durch Überfälle gesprochen worden sei, „werde offenbar“ durch die aktenwidrige Urteilsannahme, der Nichtigkeitswerber habe nach der Rückkehr von Michael N***** diesem von seinem erfolgreichen Überfall auf die J***** in H***** am 19. November 2012 erzählt, verkennt jedoch, dass Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) nur dann vorliegt, wenn ein Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt. Mit dem Vorwurf, diese Feststellung ließe sich aus den Verantwortungen der Angeklagten nicht ableiten, wird Aktenwidrigkeit hingegen nicht eingewendet (RIS-Justiz RS0099431 [insbes T15]).

Im Übrigen betrifft die in Rede stehende Konstatierung in Ansehung einer Beitragstäterschaft des Beschwerdeführers keine entscheidende oder erhebliche Tatsache (zu den Begriffen vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 ff, 409 ff).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit dem Hinweis auf die negativen Ergebnisse der durchgeführten Spurenuntersuchungen (ON 33) und der DNA-Analyse (ON 46), welche die Tatrichter nicht als entlastend gewertet hätten, gelingt es der Beschwerde nicht, derartige erhebliche Bedenken zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde zeigt sich aber mit Blick auf die vom Schöffengericht vorgenommene Wertung einer bloß teilweise geständigen Verantwortung der Angeklagten als eine für die Strafzumessung entscheidende Tatsache (US 14) eine den Angeklagten zum Nachteil gereichende, aber solcherart nicht gerügte unrichtige Gesetzesanwendung (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO; RIS-Justiz RS0090897). Da dem Nichtigkeitsgrund noch im Rahmen der Entscheidung über die vom Angeklagten Markus L***** erhobenen Berufung Rechnung getragen werden kann (RIS-Justiz RS0090897; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 29; in Ansehung des Angeklagten Michael N***** vgl § 295 Abs 1 zweiter Satz StPO; Ratz, WK-StPO § 295 Rz 13), bedarf es in Ansehung beider Angeklagter keiner amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte