OGH 1Ob161/13b

OGH1Ob161/13b19.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** VertriebsgmbH, *****, vertreten durch Mag. Stefanie Lugger und Mag. Kerstin Bankler Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S***** S*****, vertreten durch Dr. Agnes Maria Kienast, Rechtsanwältin in Korneuburg, und 2. S***** R*****, vertreten durch Dr. Werner Borns Rechtsanwalt in Gänserndorf, wegen 55.144,70 EUR sA, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei (Revisionsinteresse 54.195 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. November 2012, GZ 13 R 45/12a-21, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 19. Dezember 2011, GZ 2 Cg 16/11w-15, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Im Zusammenhang mit seiner passiven Klagelegitimation wirft der Revisionswerber die Frage auf, ob nach dem Vertragsschluss im Jahr 2002 eingetretene Umstände, nämlich die Gründung einer GmbH und das „Umschreiben“ der Hauptkarte nicht zumindest konkludent ein Vertragsverhältnis mit der GmbH begründet hätten. Nähere Erwägungen dazu, was für eine solche nachträgliche Änderung des Vertragspartners der Klägerin - in einer dem § 863 ABGB entsprechenden Eindeutigkeit - sprechen sollte, werden in der Revision allerdings nicht angestellt. Ob ein bestimmtes Verhalten (hier im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses) so eindeutig ist, dass ihm ein entsprechender (beiderseitiger) Rechtsfolgewillen zu entnehmen ist, der vom Inhalt des bisherigen Vertragsverhältnisses abweicht, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig und begründet damit regelmäßig keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage.

Wenn die Vorinstanzen unter den festgestellten Umständen davon ausgegangen sind, der Erstbeklagte habe nicht ausreichend klar zu erkennen gegeben, dass er eine Vertragsübernahme durch die später gegründete GmbH wolle, kann darin keine bedenkliche Fehlbeurteilung erblickt werden, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Daran würde auch die vom Revisionswerber vermisste Feststellung, dass sich auf dem ursprünglichen Antrag der handschriftliche Zusatz „Firma“ befunden habe, nichts ändern.

2. Ob die - vom Kreditkartenantrag des Erstbeklagten ausdrücklich erfassten - „Geschäftsbedingungen für den Gebrauch der VISA-Card“ für potentielle Vertragspartner zugänglich gemacht werden, wie dies das Berufungsgericht als gerichtsnotorisch annahm, ist entgegen der Auffassung des Revisionswerbers nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Dass derartige Geschäftsbedingungen existierten, hat das Berufungsgericht festgestellt. Nach herrschender Judikatur werden AGB Vertragsinhalt, wenn sich der Vertragspartner des Aufstellers ihnen „unterwirft“ und auch die Möglichkeit der Kenntnisnahme ihres Inhalts hat, wogegen es aber auf die Aushändigung oder tatsächliche Kenntnis nicht ankommt (vgl nur die Judikaturnachweise bei Bollenberger in KBB³ § 864a ABGB Rz 2). Im vorliegenden Fall hat der Erstbeklagte im Verfahren erster Instanz gar nicht behauptet, dass er nicht die Möglichkeit gehabt hätte, vom Inhalt der im Antrag genannten Geschäftsbedingungen Kenntnis zu erlangen. Schon gar nicht behauptete er, ihm wäre trotz entsprechender Aufforderung die Einsicht in die Bedingungen verweigert worden. Akzeptiert ein Vertragspartner - wie in diesem Fall - Geschäftsbedingungen, ohne sich für deren Inhalt näher zu interessieren, werden sie grundsätzlich - wie etwa auch der Text einer überhaupt ungelesen unterfertigten Urkunde - Vertragsinhalt.

3. Der Revisionswerber gesteht zwar zu, den ursprünglichen Kreditkartenantrag sowie den Antrag auf Ausstellung einer Zusatzkarte für die Zweitbeklagte - die jeweils den Hinweis auf die Geschäftsbedingungen enthielten - unterfertigt und per Telefax an die Klägerin übermittelt zu haben, vertritt allerdings den Standpunkt, die übernommene Verpflichtung, auch für die von der Zusatzkarteninhaberin begründeten Verbindlichkeiten (als Gesamtschuldner) zu haften, sei unwirksam, weil das Schriftformerfordernis des § 1346 Abs 2 ABGB durch ein Telefax nicht eingehalten werde; materiell liege eine Interzession vor.

Der Berufung auf die zu 1 Ob 515/95 vertretene Unwirksamkeit einer „Telefax-Bürgschaft“ ist entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof jüngst in der ausführlich begründeten Entscheidung 9 Ob 41/12p vom 31. Juli 2013, der sich nunmehr auch der erkennende Senat anschließt, von dieser Ansicht ausdrücklich abgerückt ist und nunmehr betont, dass dem Formzweck des Übereilungsschutzes ausreichend Rechnung getragen wird, wenn der Interzedent eine entsprechende Verpflichtungserklärung eigenhändig unterfertigt und per Telefax dem Begünstigten übermittelt. Eben dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen, wobei der Revisionswerber auch gar nicht bestreitet, die beiden Kartenanträge unterfertigt und für deren Übermittlung gesorgt zu haben.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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