OGH 13Os69/13s

OGH13Os69/13s29.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. April 2013, GZ 31 Hv 149/12z-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas P***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 3. November 2012 in Wien Judit H***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er ihr mehrere „Ohrfeigen“ versetzte, sie auf den Ladeboden seines Kastenwagens drückte, ihren Mund zuhielt, ihre Beine hinter ihren Kopf drückte und mit seinem Penis in ihre Scheide sowie mit zwei Fingern in ihren Anus eindrang.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) weist der Umstand, dass der als Zeuge vernommene Ehemann des Opfers, Alfred H*****, gemäß dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 9) - nach entsprechender Belehrung (§ 159 Abs 1 StPO iVm § 157 Abs 1 Z 1 StPO) - die Frage des Verteidigers, ob er seine Ehefrau schlage, nicht beantwortete (ON 9 S 57), keinen Bezug zu schuld- oder subsumtionsrelevanten Umständen auf und war solcherart auch nicht erörterungsbedürftig im Sinn der Z 5 zweiter Fall (RIS-Justiz RS0118316).

Indem die Rüge aus Angaben des Beschwerdeführers und der Zeugin Judit H***** zu einem von ihnen vor der Tat geführten Dialog anhand eigener Beweiswerterwägungen für ihren Prozessstandpunkt günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Der Einwand unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite unterlässt die zur prozessordnungskonformen Ausführung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unerlässliche Orientierung an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0116504, RS0119370).

Aus Gründen der Vollständigkeit sei festgehalten, dass die insoweit vorgenommene Bezugnahme auf die allgemeine Lebenserfahrung und die als glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin Judit H***** zum äußeren Tatgeschehen, wonach sie (als Prostituierte) vereinbarungsgemäß gegen Zahlung von 30 Euro zu einem Oralverkehr bereit gewesen sei, der Beschwerdeführer aber sodann gewaltsam die Duldung des Vaginalverkehrs und der digitalen Analpenetration erzwungen habe (US 5 iVm US 4), den Gesetzen logischen Denkens sowie grundlegenden Erfahrungssätzen entspricht und solcherart unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (RIS-Justiz RS0116732, RS0118317).

Die aus der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe von seinem ursprünglichen Vorhaben, auch einen Analverkehr durchzuführen, abgelassen (US 3), entwickelten Spekulationen stellen einen erneuten unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung der Tatrichter dar.

Das Erstgericht hält im Rahmen der Beweiswürdigung aktenkonform fest, dass Judit H***** angegeben hat, vom Beschwerdeführer am Gesäß und an der Brust verletzt worden zu sein (ON 9 S 21), und dass damit korrespondierende Verletzungen auf den vorgelegten Lichtbildern ersichtlich (Beilage ./A zu ON 9) und im diesbezüglichen amtsärztlichen Gutachten beschrieben (ON 3 S 33) sind (US 4 f), womit insoweit keine Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) vorliegt (RIS-Justiz RS0099431). Der Umstand, dass das - rund einen Monat nach der Tat erstellte (ON 3 S 33) - Gutachten des Amtsarztes auf den Angaben der Judit H***** basiert, vermag hieran nichts zu ändern.

Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) der Zeugin H***** anhand spekulativer Überlegungen ein finanzielles Motiv für eine (zugleich behauptete) Falschaussage unterstellt, unterlässt sie die aus dem Blickwinkel des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotene Bezugnahme auf in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481).

Durch den Hinweis auf - vom Erstgericht ausdrücklich gewürdigte (US 6) - Unschärfen in den Aussagen der Zeugin Judit H***** gelingt es der Beschwerde nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Der Einwand der Sanktionsrüge (Z 11), durch die aggravierende Wertung der „besonders brutalen Vorgehensweise“ (US 6) seien für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt worden (Z 11 zweiter Fall), trifft nicht zu.

Nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung ist die Strafe nämlich um so strenger zu bemessen, je größer (ua) die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat, und je rücksichtsloser er die Tat ausgeführt hat (§ 32 Abs 3 StGB). In Bezug auf (wie hier) Gewaltdelikte bedeutet dies, dass der Grad der eingesetzten Gewalt einen grundlegenden Parameter der Strafbemessung darstellt.

Das Ausmaß des Einflusses dieses Parameters auf die konkret auszusprechende Sanktion kann (nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern) bloß mit Berufung releviert werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte