OGH 1Ob135/13d

OGH1Ob135/13d29.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Katharina Winkler, Rechtsanwältin, Wien 4, Paulanergasse 9, als Insolvenzverwalterin im Konkurs über das Vermögen der Dr. H***** S*****, vertreten durch Mag. Eric Breiteneder, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. L***** GmbH, *****, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Eisenstadt, 2. T***** GmbH, *****, vertreten durch Ankershofen Goss Hinteregger Rechtsanwälte OG in Wien, und 3. F***** D*****, vertreten durch Mag. Dr. Wolf Dietrich Mazakarini, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert 40.080 EUR) 3.307,58 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Mai 2013, GZ 4 R 362/12b-37, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 16. Juli 2012, GZ 13 Cg 72/11g-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung von Willenserklärungen bzw von Verträgen hängt in der Regel von den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalls ab, womit eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen ist (vgl nur RIS-Justiz RS0042936; RS0044358; RS0042871). Ein unvertretbares Auslegungsergebnis, das vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Dieses hat die in der Revision vertretene Auffassung, die Schuldnerin (ursprüngliche Klägerin) habe die Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten ausdrücklich an den Eingang der Vergütung aus dem Kooperationsvertrag gekoppelt und die Zahlung des Beratungshonorars (durch die Zweitbeklagte) zur auflösenden Bedingung des Leasingvertrags erklärt, mit dem Argument verworfen, sie finde weder im Wortlaut des Leasingvertrags Deckung noch entspreche sie den mündlichen Vertragserklärungen des Drittbeklagten oder der Klägerin; dass es zu Honorarrückständen oder gar zur Zahlungsunfähigkeit der Zweitbeklagten kommen könnte, sei in den Vertragsgesprächen nicht thematisiert worden. Auch wenn der Klägerin in Aussicht gestellt worden ist, sie werde die Leasingraten durch die Beratungshonorare erwirtschaften können, weshalb auch das Abbuchungsdatum für die Leasingraten auf den 15. des Monats abgeändert wurde, könne dies nicht als Vereinbarung einer Bedingung verstanden werden, die die Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten vom Eingang der Beratungshonorare abhängig mache.

Dass es sich dabei um ein bedenkliches Auslegungsergebnis handeln könnte, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, zumal sie selbst nicht in Zweifel zieht, dass über eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Zweitbeklagten gar nicht gesprochen wurde. Es ist keineswegs bedenklich, den Vertragsparteien zu unterstellen, sie seien bei der Vereinbarung des Zahlungstermins von einer vertragsgemäßen Begleichung der Beratungshonorare ausgegangen. Der Schuldnerin musste aber klar sein, dass sie zwei Verträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern abschließt. Sie konnte auch keinesfalls damit rechnen, dass die Erstbeklagte bereit wäre, das von ihr gewünschte Gerät zu finanzieren, aber auf die Leasingraten zu verzichten, sofern der weitere Vertragspartner seine Zahlungspflichten nicht erfüllt. Damit konnte sie auch nicht annehmen, dass die Vertreter der Erstbeklagten ihre Vertragserklärung im Sinne der von ihr unterstellten Bedingung verstehen müssten. Demnach ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vertragserklärung der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten habe eine solche Bedingung nicht enthalten, nicht zu beanstanden. Dann kann aber die (schriftliche) Annahme des (ebenfalls schriftlichen) Vertragsofferts der Schuldnerin zu keinem Dissens führen.

2. Die Revisionsausführungen zur vermeintlichen listigen Irreführung der Schuldnerin lassen nicht erkennen, auf welcher Tatsachengrundlage sie aufbauen sollen. Bei dem in diesem Zusammenhang der Sache nach erhobenen Vorwurf, der Drittbeklagte habe sie nicht darüber aufgeklärt, dass für sie finanzielle Nachteile entstehen könnten, wenn sie zwar die Leasingraten weiter zahlen muss, das ihr von der Zweitbeklagten zugesagte Beratungshonorar aber im Falle deren möglichen Zahlungsunfähigkeit nicht erhalten und zur Abdeckung der Leasingraten verwenden kann, übersieht die Klägerin, dass die Vorinstanzen keine Feststellungen über eine entsprechende Täuschungsabsicht des Drittbeklagten getroffen - und darüber hinaus auch den von der Schuldnerin behaupteten Irrtum nicht festgestellt - haben. Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine Verpflichtung dazu bestanden hätte, über das abstrakte Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Vertragspartners (hier: der Zweitbeklagten) aufzuklären.

3. Auf eine Anfechtung wegen Irrtums bzw Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt die Revisionswerberin nicht mehr zurück.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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