OGH 10Nc10/13x

OGH10Nc10/13x26.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Innsbruck zu 33 Nc 61/13w anhängigen Rechtssache der Antragstellerin K***** E*****, wegen Verfahrenshilfe, über das Ersuchen des Bezirksgerichts Innsbruck auf Entscheidung nach § 47 JN den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Bezirksgericht Innsbruck zurückgestellt.

Text

Begründung

Am 27. 5. 2013 langte beim Bezirksgericht Innsbruck ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie ein Vermögensbekenntnis der K***** E***** ein. Sie brachte vor, gemeinsam mit ihren Kindern in Innsbruck wohnhaft zu sein. Ihr Ehegatte DI A***** K***** E***** habe in Wien 10, F***** seinen Wohnsitz. Er bezahle für sie seit April 2013 keinen Unterhalt mehr.

In einem Aktenvermerk und einer Verfügung („AV+Vfg“) vom 28. 5. 2013 hielt das Bezirksgericht Innsbruck fest, dass infolge des im 10. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Wohnsitzes des Ehegatten der Antragstellerin das Bezirksgericht Favoriten für das angestrebte Unterhaltsverfahren zuständig sei. Dieses Gericht sei auch zur Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe berufen (§ 65 Abs 1 ZPO). Der Akt werde daher zuständigkeitshalber dem Bezirksgericht Favoriten übermittelt.

Mit Verfügung vom 5. 6. 2013 schickte das Bezirksgericht Favoriten den Akt dem Bezirksgericht Innsbruck „zuständigkeitshalber“ zurück. Die Antragstellerin, die Unterhalt begehre (Art 2 Abs 1 Z 10 EU-UntVO), habe sich an das Bezirksgericht Innsbruck gewendet, ihr gewöhnlicher Aufenthalt sei im Sprengel dieses Gerichts. Das Bezirksgericht Innsbruck demnach sei gemäß Art 3 lit b EU-UntVO zuständig.

Das Bezirksgericht Innsbruck legte den Akt nunmehr dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen um Entscheidung gemäß § 47 JN im Zuständigkeitsstreit zwischen dem Bezirksgericht Innsbruck und dem Bezirksgericht Favoriten vor. Voraussetzung für die Anwendung der vom Bezirksgericht Favoriten zitierten Bestimmungen der EU-UntVO sei das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Bezugs. Im gegenständlichen Fall liege aber ein reiner Inlandssachverhalt vor, da die Antragstellerin und ihr Ehegatte (gegen den offensichtlich ein Unterhaltsverfahren angestrebt werde), österreichische Staatsangehörige seien und ihren Wohnsitz jeweils in Österreich haben. Ausgehend davon seien die Bestimmungen der JN anzuwenden, sodass gemäß § 66 JN die Unterhaltsklage gegen den Ehegatten an dessen allgemeinen Gerichtsstand (dem Bezirksgericht Favoriten) einzubringen sein wird. Dieses Bezirksgericht sei als Prozessgericht iSd § 65 ZPO auch für die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe berufen.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorlage ist nicht berechtigt.

Die Anrufung des gemeinsamen übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN setzt voraus, dass beide konkurrierenden Gerichte bereits rechtskräftig über ihre Unzuständigkeit zur Entscheidung über die (gleiche) Rechtssache abgesprochen haben (RIS-Justiz RS0118692). Voraussetzung einer Entscheidung nach § 47 JN bei einem negativen Kompetenzkonflikt ist also immer, dass rechtskräftige, die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse der für die Zuständigkeit in Betracht kommenden Gerichte vorliegen (RIS-Justiz RS0046299). Vor Überweisung muss das überweisende Gericht durch Beschluss seine Unzuständigkeit und die Überweisung aussprechen und allen Parteien zustellen (RIS-Justiz RS0046299 [T2]).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil bisher weder das Bezirksgericht Innsbruck noch das Bezirksgericht Favoriten einen Beschluss über seine Unzuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenshilfe gefasst und diesen zugestellt haben. Solange nicht beide, die Zuständigkeit der Gerichte verneinende Entscheidungen rechtskräftig sind, kann die Frage der Zuständigkeit aber noch im Rechtsmittelweg erledigt werden. Das Verfahren nach § 47 JN dient nicht dazu, die Entscheidung über die Zuständigkeit dem Rechtsmittelweg zu entziehen (RIS-Justiz RS0046299 [T5]).

Die Akten sind daher dem vorlegenden Bezirksgericht Innsbruck zurückzustellen.

Stichworte