OGH 5Ob87/13z

OGH5Ob87/13z16.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A*****, vertreten durch Dr. Andreas Cwitkovits, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Landeshauptstadt Linz, 4041 Linz, Hauptplatz 1, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, wegen 6.250.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. März 2013, GZ 2 R 212/12b-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Im Jahr 1951 übernahm die Neue Galerie der Stadt Linz von einer Rechtsvorgängerin des Klägers insgesamt vier Leihgaben, und zwar eine Zeichnung von Gustav Klimt und drei Werke von Egon Schiele.

In einem zwischen den Streitteilen geführten Vorverfahren, das eine Zeichnung von Egon Schiele betraf, wurde die beklagte Partei mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 18. 7. 2011, AZ 6 Ob 129/10d, verpflichtet, dem Kläger Ersatz für die nicht mehr im Besitz der beklagten Partei befindliche Zeichnung zu leisten.

Das nunmehrige Revisionsverfahren bezieht sich auf die weiteren beiden Werke von Egon Schiele und die Zeichnung von Gustav Klimt.

Folgende Rechtsfragen bezeichnet die beklagte Partei in ihrer außerordentlichen Revision gegen das Berufungsurteil, mit welchem das erstinstanzliche Zwischenurteil bestätigt wurde, als erheblich:

- Fehlende Rechtsprechung dazu, ob „nichtige“ (gemeint: schwebend unwirksame) Rechtsgeschäfte einer Gebietskörperschaft nachträglich schlüssig durch das zuständige Organ genehmigt werden können;

- Unwirksamkeit des mit der Rechtsvorgängerin des Klägers geschlossenen Leihvertrags wegen fehlender „wirksamer“ Übergabe der Leihgegenstände;

- rechtsirrige Verneinung des Vorliegens eines Subventionsvertrags durch das Berufungsgericht;

- fehlende Rechtsprechung zu dem von der beklagten Partei erhobenen Mitverschuldenseinwand;

- Verstreichen der absoluten Verjährungsfrist von 30 Jahren.

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt die beklagte Partei damit nicht auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0014709), dass nach der auch für Gemeinden geltenden Regelung des § 1016 ABGB eine nachträgliche Genehmigung das schwebend unwirksame Rechtsgeschäft heilt, wobei nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0014110) eine Genehmigung auch schlüssig iSd § 863 ABGB erklärt werden kann.

Ob aber nach den konkreten Umständen des Einzelfalls eine solche schlüssige (und von den Vorinstanzen anhand der historischen Abläufe ausführlich begründete) Genehmigung anzunehmen ist, wirft - vom hier nicht vorliegenden Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2. Es steht fest, dass die Bilder tatsächlich übergeben wurden. Die Revision hebt selbst hervor, dass die körperliche Übergabe eine „faktische Handlung“ ist.

Selbst wenn man mit der beklagten Partei davon ausgehen wollte, dass der vom Stadtrat genehmigte Vertrag vom 14. 11. 1946 - der vor der rückwirkenden Wiederinkraftsetzung (oö LGBl 1948/40) des Gemeindestatuts 1931 (oö LGBl 1931/40) geschlossen wurde - mangels Zustimmung des Gemeinderats schwebend unwirksam war, ist nicht ersichtlich, warum nach nachträglicher Genehmigung dieses Vertrags durch den Gemeinderat eine neuerliche Übergabe des bereits übergebenen Leihguts erforderlich gewesen wäre.

3. Gegen die Qualifizierung des Vertrags über die Errichtung der Galerie als „Subventionsvertrag“ mit der Rechtsfolge, dass der Leiter der Galerie diese als deren Eigentümer privat betreiben sollte, spricht neben den bereits vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umständen die vereinbarte Verpflichtung des Leiters, der Galerie seine Kunstwerke als Leihgaben zur Verfügung zu stellen und die Tatsache, dass die Eintrittsgelder der Galerie der beklagten Partei zufließen sollten.

Die in der Revision für ihren Standpunkt zitierte Entscheidung 1 Ob 33/94, die eine von einem Bundesland zugesagte Förderung eines Waldeigentümers für die Errichtung einer Forststraße betraf, ist mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht einmal ansatzweise vergleichbar.

4. Woraus sich eine Obliegenheit der Leihgeberin, sich während der Dauer des auf unbestimmte Zeit geschlossenen Leihvertrags nach dem Verbleib ihrer Leihgaben zu erkundigen, ergeben könnte, zeigt die Revision nicht auf. Dass der Leihgeber damit rechnet, dass der Leihnehmer seine Verpflichtung aus dem Leihvertrag, die Sache nach Vertragsbeendigung zurückzustellen (§ 973 ABGB), erfüllen wird, begründet keine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten iSd § 1304 ABGB. Zutreffend haben daher die Vorinstanzen den Mitverschuldenseinwand der beklagten Partei als unberechtigt erachtet.

5. Darauf, dass der Leihvertrag nicht iSd § 13 Abs 1 des oö Gemeindestatuts 1931 (LGBl 1931/40) vom Bürgermeister und zwei Gemeinderatsmitgliedern unterfertigt wurde, beruft sich die außerordentliche Revision nicht.

Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung damit, ob diese Bestimmung nicht aus systematisch-logischen Erwägungen unanwendbar ist, berücksichtigt man, dass der Bürgermeister als Leiter des Magistrats ohne Zustimmung des Gemeinderats befugt war, den Leihvertrag zu schließen (§ 53 Abs 3 Z 7 des oö Gemeindestatuts 1931; vgl Lukas in EvBl 2012/31).

6. Zum Verjährungseinwand wurde in der Vorentscheidung 6 Ob 129/10d ausführlich Stellung genommen. Die dort angestellten Überlegungen, die von der Revision auch nicht substantiiert bekämpft werden, gelten uneingeschränkt auch für den hier zu beurteilenden Fall.

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