OGH 9ObA38/13y

OGH9ObA38/13y25.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. A***** S*****, vertreten durch Mag. Dr. Gerald Amandowitsch, Rechtsanwalt in Wilhering, gegen die beklagte Partei B***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Shamiyeh & Reiser Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2013, GZ 11 Ra 6/13a‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger, der seit 1. 12. 2004 bei der Beklagten beschäftigt war, wurde zum 31. 12. 2012 mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt. Eine Einflussnahme der Geschäftsleitung oder des Personalbüros auf die Stellungnahme des Betriebsrats fand nicht statt. Grund für die Zustimmung des Betriebsrats war, dass die einzelnen Betriebsratsmitglieder mit der Tätigkeit des Klägers als Director Human Resources unzufrieden waren, sich durch die Zustimmung für verschiedene Maßnahmen, die er in dieser Funktion gesetzt hatte, und für verschiedene von ihm getätigte Äußerungen „rächen“ und verhindern wollten, dass er die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit anfechten kann.

Soweit revisionsgegenständlich, begehrt der Kläger, die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit für rechtsunwirksam zu erklären, in eventu, sie wegen Sittenwidrigkeit als nichtig festzustellen. Die Vorinstanzen erachteten das Hauptbegehren, das vom Erstgericht mit Teilurteil abgewiesen worden war, aufgrund der Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung als nicht berechtigt. Die Zustimmung sei auch nicht gänzlich unsachlich gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu dieser Beurteilung zeigt die Revision des Klägers keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Mit dem Argument, dass das Erstgericht aufgrund der für eine Kündigungsanfechtung gebotenen Raschheit des Verfahrens kein Teilurteil treffen hätte dürfen, ist für ihn nichts gewonnen, weil in Bezug auf das Eventualbegehren noch kein Urteilsspruch vorliegt und das Berufungsgericht einen entsprechenden Verfahrensmangel verneint hat. Insofern ist aber weder ein Revisionsgegenstand noch ein aufgreifbarer Revisionsgrund (s RIS‑Justiz RS0042963) gegeben.

2. Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass seine Kündigung aufgrund der festgestellten Absicht und der fehlenden Interessenabwägung durch den Betriebsrat nichtig sei.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Rechtswirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses des Betriebsrats an einer „Kollusion“ zwischen Betriebsrat und Dienstgeber scheitern kann (8 ObA 58/07y). Eine solche liegt hier nicht vor.

Im Übrigen ist es ständige Rechtsprechung, dass ein außenstehender Dritter ‑ insbesondere auch der Betriebsinhaber ‑ die Erklärungen des Betriebsobmanns jedenfalls dann als rechtswirksame Stellungnahme des Betriebsratskollegiums ansehen kann, wenn ihm die dabei allenfalls unterlaufene Verletzung der Vorschriften über die Willensbildung des Betriebskollegiums nicht bekannt war und auch nicht auffallen musste (RIS‑Justiz RS0051485). Der Arbeitgeber ist weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die innere Willensbildung des Betriebsrats anzustellen, wenn ihm nicht bekannt war oder hätte sein müssen, dass die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden beschlussmäßig nicht gedeckt war (RIS‑Justiz RS0051490).

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Einblick in eine rechtsmissbräuchliche Willensbildung des Betriebsrats hatte oder haben hätte müssen, liegen hier nicht vor, zumal mit der Feststellung, dass sich die Betriebsratsmitglieder mit der Zustimmung zur Kündigung „rächen“ wollten, nach dem Gesamtzusammenhang nur die Reaktion des Betriebsrats auf den Umstand beschrieben wurde, dass verschiedene Äußerungen und Handlungen des Klägers in einem Zeitraum von fünf Jahren zur Unzufriedenheit in der Belegschaft geführt hatten. Dass mit der Zustimmung die Anfechtbarkeit der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit verhindert werden sollte, unterstreicht im vorliegenden Zusammenhang, dass sich der Betriebsrat der gesetzlichen Folgen der Zustimmung zur Kündigung nach § 105 Abs 6 ArbVG bewusst war.

Danach ist aber auch die vom Kläger begehrte Prüfung der Zustimmungserklärung des Betriebsrats dahin, ob ihr eine adäquate Interessenabwägung zugrunde lag, ausgeschlossen. Auch sie liefe nämlich auf die richterliche Nachprüfung der demokratischen Willensbildung eines Organs der Betriebsverfassung hinaus (vgl auch RIS‑Justiz RS0051052; Neumayr in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 68 Rz 13 mwN; Weiss, aaO 571).

3. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor: Das Berufungsgericht hat den Kläger nicht als leitenden Angestellten angesehen, sondern die Tatsache, dass leitende Angestellte mit wesentlichem Einfluss auf die Betriebsführung überhaupt vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen sind, in seine Erwägungen mit einfließen lassen.

4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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