OGH 14Os64/13p

OGH14Os64/13p11.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer in der Strafsache gegen Roland S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hermann Si***** und die Berufung des Angeklagten Roland S***** gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 10. Jänner 2013, GZ 9 Hv 165/12s-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Hermann Si***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant - Hermann Si***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (B/I/2) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (F/II) schuldig erkannt.

Danach hat er

B I) anderen Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar

2) von September 2011 bis Anfang September 2012 in Wien in mehrfachen Angriffen an Lukas W*****, „Gaving“ sowie an namentlich nicht näher bekannte Abnehmer eine Gesamtmenge von 15.180 Gramm brutto Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 5 % THC, beinhaltend zumindest 759 Gramm Delta-9-THC;

F) Suchtgift über die oben genannten Mengen hinaus zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar

II) von 2008 bis September 2012 in Wien in fortgesetzten Angriffen Cannabiskraut und einmalig „Ecstasy-Tabletten“.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten Hermann Si***** aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Zwar ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass die in den Entscheidungsgründen dargelegte, auf seinen eigenen „Zirka-Angaben“ im Ermittlungsverfahren basierende Berechnung der von ihm weitergegebenen Suchtgiftmenge (15.600 Gramm erworbenes Suchtgift abzüglich 520 Gramm Eigenkonsum; US 36 f) tatsächlich bloß eine Bruttomenge von 15.080 Gramm ergibt anstatt - wie im Schuldspruch und den Feststellungen angeführt - „15.180“ Gramm (US 5 und 23). Da die aus dem aufgezeigten Begründungsdefizit (Z 5 dritter Fall) resultierende Differenz von 100 Gramm brutto bei einem festgestellten Reinheitsgehalt von 5 % die für die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG relevante Schwelle jedoch nicht berührt und somit keine für den Schuldspruch oder die Subsumtion entscheidende Tatsache betrifft, kann dieser auf einen Rechenfehler zurückzuführende Widerspruch dahinstehen. In Bezug auf die - das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge überschreitende - Weitergabe von jedenfalls 15.080 Gramm brutto (sohin 754 Gramm Reinsubstanz) ist das Urteil dem Beschwerdeeinwand zuwider nämlich - unbeschadet des Aufbauens auf bloßen „Zirka-Angaben“ - logisch einwandfrei und empirisch nachvollziehbar (Z 5 vierter Fall) begründet.

Die in diesem Zusammenhang behauptete Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Erwägungen der Tatrichter zur weitergegebenen Menge ist nicht gegeben, weil eine Gesamtschau dieser Überlegungen klar erkennen lässt, dass bei Erörterung der Aussage des Beschwerdeführers zur Weitergabe an insgesamt „etwa fünfzehn“ Abnehmer Lukas W*****, „Garvin“ und „ca. zwölf“ weitere namentlich nicht genannte Personen in der erstgenannten Zahl enthalten sind und die konkret an W***** und „Garvin“ abgegebenen Mengen daher der von ihm angegebenen Gesamtmenge nicht hinzuzuschlagen, sondern darin inbegriffen sind (vgl US 5 und 36 f).

Auch der dem Urteil unterstellte Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der auf dieser Berechnung basierenden Begründung der Feststellungen zum Schuldspruch B/I/2 einerseits und den den Mitangeklagten Ulas D***** (Schuldspruch B/III/3 und Freispruch II/1) betreffenden Erwägungen zur von diesem an den Beschwerdeführer überlassenen Menge (von bloß 500 Gramm) andererseits besteht bei der anzustellenden Gesamtschau der Entscheidungsgründe nicht, weil daraus klar genug hervorgeht, dass die Tatrichter aufgrund des von beiden Angeklagten gewonnenen Eindrucks den vor der Polizei getätigten Angaben des Nichtigkeitswerbers zu den von ihm erworbenen, konsumierten und anderen überlassenen Mengen uneingeschränkt Glauben schenkten und bloß seine Belastung von Ulas D***** als seine einzige Suchtgiftquelle nicht für ausreichend zuverlässig erachteten (US 36 ff).

Mit den (empirsch einwandfreien und logisch nachvollziehbaren) Überlegungen des Erstgerichts zu den divergierenden Aussagen des Beschwerdeführers vor Kriminalbeamten und in der Hauptverhandlung sowie zur ihm von Ulas D***** überlassenen Menge bloß entgegengestellten Beweiswerterwägungen bekämpft das Rechtsmittel im Weiteren bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, ohne eine fehlende oder offenbar unzureichende Begründung im Sinne der Z 5 vierter Fall (RIS-Justiz RS0099413) darzutun.

Die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) behauptet keinen der von der Z 5 bezeichneten Fehler (RIS-Justiz RS0117445).

Als Tatsachenrüge will die Z 5a nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung verhindern (RIS-Justiz RS0118780). Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0119583). Solche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen vermag der Rechtsmittelwerber mit seinem Verweis auf die zur Mängelrüge vorgebrachten Einwände und die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz gleichfalls nicht hervorzurufen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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