OGH 7Ob70/13i

OGH7Ob70/13i23.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 277.413,75 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Februar 2013, GZ 4 R 194/12w-72, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. Juli 2012, GZ 5 Cg 169/07k-68, in ein Zwischenurteil abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung der Begründung einer gerichtlichen Entscheidung ist ebenso wie die Auslegung von darin enthaltenen Feststellungen einzelfallbezogen und bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0118891, RS0054786, RS0042828).

Dass das Berufungsgericht die Gesamtheit der Feststellungen des Erstgerichts zum Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen - unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Beweiswürdigung - dahin verstand, dass damit auch eine vom Auftragsschreiben abweichende Parteiabsicht - die Parteien des Vertrags betreffen - verneint wurde, stellt keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

2. Jeder Vertragspartner hat sich so zu verhalten, wie es der andere in der gegebenen Situation mit Rücksicht auf den konkreten Vertragszweck, die besondere Art der Leistung und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens erwarten darf, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht vereitelt, sondern erleichtert und Schaden verhütet wird. Diese weiteren Verhaltenspflichten können auch die Verpflichtungen umfassen, dem anderen den ihm nach dem Vertrag zukommenden Vorteil zu erhalten und dafür zu sorgen, dass ihm für die Zeit nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Nachteile entstehen; sie können unter Umständen verlangen, dass der eine Vertragsteil nach Erfüllung aller Hauptleistungspflichten noch bestimmte Handlungen zum Vorteil des anderen Vertragsteils vornimmt oder solche Handlungen unterlässt, durch die dem anderen die ihm durch den Vertrag gewährten Vorteile wieder entzogen oder wesentlich geschmälert würden (RIS-Justiz RS0018232). Nach der ständigen Rechtsprechung sind (entsprechend den vorvertraglichen Pflichten) auch nachvertragliche Pflichten zu bejahen, sich im Hinblick auf die Rechtsgüter des Vertragspartners sorgfältig zu verhalten (RIS-Justiz RS0119485).

2.1 Die zusätzlich gewünschten Feststellungen zum vermehrten Auftreten von Undichtheiten bei Kugelhähnen derselben Bauart noch vor Eintritt des Wasserschadens und zur Kenntnis der Beklagten von diesen Umständen stehen im Widerspruch zu den tatsächlich getroffenen. Die Beklagte erhebt hier in Wahrheit eine Beweisrüge; eine solche ist ihr im Revisionsverfahren verwehrt (RIS-Justiz RS0043371).

2.2 Die Vorinstanzen beurteilten den vorliegenden Sachverhalt dahin, dass die Beklagte auf Grund der sie auch noch nach Erfüllung treffenden Pflichten die Klägerin - wegen des vermehrten Auftretens derselben Fehler (Undichtheiten) bei den von ihr bezogenen Kugelhähnen derselben Bauart und der daraus resultierenden Wasserschäden noch vor Eintritt des gegenständlichen Wasserschadens - hätte warnen und zur Überprüfung der Kugelhähne hätte auffordern müssen.

Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung. Die von der Beklagten als rechtserheblich aufgeworfene Frage, ob die Kenntnis des Produzenten dem Händler zuzurechnen ist, stellt sich nicht, weil die Beklagte selbst in die Abwicklung des Austausches der vermehrt fehlerhaften Kugelventile einbezogen war und sie daher über eigene Kenntnis von der zunehmenden Häufigkeit des Auftretens desselben Fehlers hatte.

3. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung stellt die Frage, wie ein bestimmtes Parteivorbringen zu verstehen ist - ebenso wie die Frage, ob ein Vorbringen soweit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht oder die Frage der Auslegung einzelner Klagebehauptungen auf ihre Behauptungs-tauglichkeit in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch - eine Frage des Einzelfalls dar, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828).

Das Berufungsgericht legte das Vorbringen der Klägerin dahin aus, dass diese ihre Schadenersatzansprüche schon von Beginn an auf die Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten durch die Beklagte gründete. Die Beurteilung, dass von diesem Vorbringen auch die Behauptung der Verletzung nachvertraglicher Sorgfaltspflichten umfasst war, weshalb in der späteren Konkretisierung der Verletzung dieser Pflichten keine Änderung des Klagsgrundes gelegen und Verjährung nicht eingetreten sei, stellt gleichfalls keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.

Stichworte