Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
„Der Antrag, den Betrag von 5.624,15 EUR samt Zinsen gemäß § 1425 ABGB als Gerichtserlag anzunehmen und bis zu einem einvernehmlichen Antrag der Antragsgegner oder einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Ausfolgung zu verwahren, wird abgewiesen.“
Der Antragsteller ist schuldig, den Erst- und Drittantragsgegnern die mit 1.537,47 EUR (darin enthalten 370 EUR Pauschalgebühren und 194,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Antragsteller beantragte, den von ihm zu erlegenden Betrag von 5.624,15 EUR gemäß § 1425 ABGB zu Gericht anzunehmen. Er brachte vor, dass Zweit- und Drittantragsgegner jeweils selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer und jeweils zur Hälfte Gesellschafter der Erstantragsgegnerin seien. Die Zweit- und Drittantragsgegner hätten den Beschluss gefasst, die restlich aushaftende Stammeinlage je zur Hälfte auf das Geschäftskonto der Erstantragsgegnerin einzuzahlen. Der Antragsteller sei vom Zweitantragsgegner aufgefordert worden, den von diesem eingezahlten Teil der Stammeinlage vom Geschäftskonto der Erstantragsgegnerin zu beheben und auf ein Sparbuch zu legen. Diesem Auftrag sei der Antragsteller nachgekommen. Abzüglich der bisher einvernehmlich verbrauchten Beträge befinde sich ein Restbetrag von 5.624,15 EUR auf diesem Sparbuch. Nunmehr gebe es widerstreitende Erklärungen der Zweit- und Drittantragsteller, wie mit diesem auf dem Sparbuch erliegenden Betrag zu verfahren sei. Der Antragsteller sehe sich daher außerstande, diesen Betrag länger zu verwahren, weil nicht auszuschließen sei, dass er sowohl von der Erst- als auch von der Drittantragsgegnerin in Anspruch genommen werde, obwohl der Zweitantragsgegner ihm gegenüber erklärt habe, dass er deren Aufforderungen nicht Folge zu leisten hätte. Es lägen daher neben den widerstreitenden Erklärungen der Antragsgegner wichtige Gründe iSd § 1425 ABGB vor, die ihn zur Hinterlegung berechtigten.
Das Erstgericht nahm den Erlag mit der Begründung, dass die Voraussetzungen des § 1425 ABGB vorlägen, an.
Das Rekursgericht bestätigte über Rekurs der Erst- und Drittantragsgegner - der Zweitantragsgegner beteiligte sich nicht am Verfahren - diese Entscheidung. Zwar befreie nur der tatsächlich bewirkte Erlag den Schuldner von seiner Verbindlichkeit, weshalb die Annahme eines erst in Zukunft vorzunehmenden Erlags nicht möglich sei. Hier habe jedoch der Antragsteller bereits im Antrag angekündigt, er werde unverzüglich nach Annahme des Erlags den Geldbetrag auf das bekanntgegebene Konto einzahlen. Dies sei auch nach Zustellung des Beschlusses des Erstgerichts und vor Erhebung des Rekurses geschehen, sodass eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vorliege. Für den Antragsteller liege eine unklare Rechtslage vor, weil die beiden Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin unterschiedlicher Auffassung über die Verwendung des hier in Rede stehenden Geldbetrags seien. Damit seien die Erlagsvoraussetzungen gegeben, zu weitergehenden inhaltlichen Prüfungen sei das Erstgericht nicht verpflichtet.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei, wonach bei Geldschulden der Erlagsantrag den tatsächlich bewirkten Erlag des Geldbetrags voraussetze.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der vom Antragsteller beantwortete Revisionsrekurs der Erst- und Drittantragsgegner.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Ein zur Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB berechtigender Prätendentenstreit ist gegeben, wenn mehrere Personen eine bestehende Forderung beanspruchen und trotz zumutbarer Prüfung (8 Ob 31/11h mwH) nicht feststellbar ist, wem das Recht zusteht (8 Ob 133/03x mwH; RIS-Justiz RS0118340; Koziol in KBB³ § 1425 Rz 8). Diese Voraussetzungen sind hier schon nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht gegeben, worauf die Revisionsrekurswerber auch zutreffend hinweisen:
Danach handelt es sich bei dem zu erlegenden Geldbetrag um einen Teil der vom Zweitantragsgegner als Gesellschafter infolge eines Gesellschafterbeschlusses eingezahlten Stammeinlage der Erstbeklagten. Die Stammeinlage ist gemäß § 4 Abs 1 Z 4 GmbHG jener Betrag, der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital der Gesellschaft zu leisten ist. Das Stammkapital setzt sich aus den Stammeinlagen zusammen (§ 6 Abs 1 GmbHG), deren Summe nicht hinter der Kapitalziffer zurückbleiben kann, wodurch sichergestellt wird, dass die Gesellschaft tatsächlich Vermögenswerte erwirbt, die dem mit dem Stammkapital angegebenen Betrag entsprechen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 6 Rz 5). Bei der Stammeinlage handelt es sich daher um Vermögen der Gesellschaft. Die Gesellschafter können ihre Stammeinlage nicht zurückfordern (§ 82 Abs 1 GmbHG).
Die noch teilweise vorhandene Stammeinlage stellt daher grundsätzlich Vermögen der Erstantragsgegnerin dar. Dass einer der weiteren Antragsgegner oder eine dritte Person aus welchen Gründen immer Gläubiger der Stammeinlage oder eines Teils derselben geworden wären, hat der Antragsteller gar nicht behauptet, sodass schon nach seinem Vorbringen kein zur Hinterlegung berechtigender Prätendentenstreit vorliegt. Einen nicht in seiner Sphäre befindlichen Grund, der ihn hindert, den von ihm verwahrten Betrag an die Erstantragsgegnerin (etwa durch Überweisung auf deren Geschäftskonto) zurückzuleiten, gibt der Antragsteller nicht an. Auch andere wichtige Gründe iSd § 1425 ABGB müssen solche auf Seiten des Gläubigers - hier daher der Erstantragsgegnerin - sein (Reischauer aaO § 1425 Rz 1c mwH). Solche zeigt der Antragsteller nicht auf, wenn er sich bloß auf widerstreitende Erklärungen der Zweit- und Drittantragsgegner über die weitere Verwendung des von ihm verwahrten Betrags beruft.
Im Hinblick darauf kann dahingestellt bleiben, ob ein gerichtlicher Erlag nur zulässig ist, wenn der volle geschuldete Betrag erlegt wird (in diesem Sinn RIS-Justiz RS0033316).
Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für einen gerichtlichen Erlag nach § 1425 ABGB war dem Revisionsrekurs daher Folge zu geben und der Antrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG. Für die Vollmachtsbekanntgabe und den damit verbundenen Antrag auf Akteneinsicht waren jedoch lediglich Kosten auf Basis von TP 1 RATG zuzuerkennen. Pauschalgebühren waren für den Rekurs lediglich in Höhe von 148 EUR (TP 12 F lit c Z 7 iVm TP 12a lit a GGG), für den Revisionsrekurs lediglich in Höhe von 222 EUR zuzuerkennen (TP 12 F lit c Z 7 iVm TP 12a lit b GGG).
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