OGH 9ObA7/13i

OGH9ObA7/13i24.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer und Mag. Robert Brunner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** K*****, vertreten durch Dr. Barbara John-Rummelhardt, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei K***** KEG, *****, vertreten durch Mag. Okan Ersoy, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.515,20 EUR brutto und 29 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. November 2012, GZ 9 Ra 72/12t-23, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 27. Februar 2012, GZ 34 Cga 75/10p-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger stützt die Zulässigkeit der Revision auf eine fehlende oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, wer für die Einhaltung der Schriftform iSd § 15 Abs 2 BAG beweispflichtig sei. Dieser Frage komme eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weil es bei der vorzeitigen Auflösung von Lehrverhältnissen immer wieder zu Fehlern komme.

§ 482 Abs 2 ZPO verfügt ein Verbot des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweismittel zum Anspruch, also ein Neuerungsverbot in Ansehung des Stoffs für die Entscheidung der in erster Instanz gestellten Sachanträge (RIS-Justiz RS0041965). Eine Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung ist auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, sofern die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden und nicht eine ausdrückliche Vorschrift besteht, die das Erstgericht hindert, ohne diesbezügliche Einwendung der Partei auf diese Rechtsfrage einzugehen (RIS-Justiz RS0016473). Ob dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zutrifft, wirft grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (4 Ob 142/12d; 10 Ob 33/12v ua; RIS-Justiz RS0042828 [T35]). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung ist mangels erstinstanzlichen Vorbringens des Klägers zur erst im Rechtsmittelverfahren geltend gemachten Rechtsunwirk-samkeit der Entlassung wegen Nichteinhaltung des Schriftformgebots iSd § 15 Abs 2 BAG nicht zu erkennen.

Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (RIS-Justiz RS0037797). Regelmäßig hat der ein Recht Behauptende die rechtsbegründenden und der ein Recht Leugnende die rechtsverhindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0039936 [T5]).

Der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren sein Leistungsbegehren nicht auf eine Rechtsunwirksamkeit der vorzeitigen Auflösung des Lehrverhältnisses und Ausübung des Wahlrechts in Form der Schadenersatzlösung (RIS-Justiz RS0113482) gestützt. Die Frage, wer die Einhaltung der Schriftform nach § 15 Abs 2 BAG zu behaupten und zu beweisen hat, stellt sich daher im Ergebnis nicht.

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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