OGH 15Os36/13b

OGH15Os36/13b24.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Viktorin als Schriftführer in der Strafsache gegen Kosovar S***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Dezember 2012, GZ 161 Hv 124/12d-39, weiters über dessen Beschwerde gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kosovar S***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

A./ am 31. August 2012 mit Gewalt gegen Maximilian T***** diesem 50 Euro Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er von ihm die Herausgabe von Bargeld verlangte und - als dieser sich weigerte - zweimal mit dem Knie gegen dessen Gesicht und 15 bis 20 Mal mit der Faust auf dessen Hinterkopf schlug und 50 Euro aus dessen Hosentasche nahm;

B./ am 19. April 2012 Hakan K***** gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihm nachlief und drohte, ihm ein Messer in den Bauch zu stechen;

C./ am 2. Mai 2012 Ahmet Se***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm mit der Faust gegen dessen Gesicht schlug, wodurch Ahmet Se***** einen Bluterguss am linken Augenlid erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil angemeldete (ON 37 S 15), in ihrer Ausführung als „Berufung wegen Nichtigkeit“ bezeichnete (ON 44) und auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel:

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider durfte das Schöffengericht die Feststellungen zur Absicht des Angeklagten, Hakan K***** in Furcht und Unruhe zu versetzen (B), im Hinblick auf den festgestellten Wortlaut der Drohung fallbezogen ohne Verstoß gegen die Pflicht zureichender Begründung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) auf den äußeren Ablauf der Ereignisse stützen (US 6 und 8 f). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ist im Übrigen ohne Weiteres rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch auch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Mit der Behauptung, nach Lage des Falles könne vom Vorliegen von „Absichtlichkeit als gesteigerte Vorsatzform“ keine Rede sein, und eine solche Annahme stelle - in Verletzung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ - eine unstatthafte Vermutung zu Lasten des Angeklagten dar, wird bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung angegriffen, ein Begründungsmangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO jedoch nicht aufgezeigt (vgl RIS-Justiz RS0099455).

Mit Einwänden gegen die Beurteilung seiner Aussagen und jener des Zeugen Ahmed Se***** zu C./ (US 9) zeigt der Beschwerdeführer keine unrichtige Wiedergabe eines Beweismittelinhalts durch Vergleich von Zitaten in den Entscheidungsgründen und der Aktenlage (RIS-Justiz RS0099547 [T8]) auf (Z 5 fünfter Fall), sondern strebt abermals unter eigenständiger Würdigung der Verfahrensergebnisse einen anderen, für ihn günstigeren Schluss aus denselben an (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 468). Dass auch eine unbekannte, am Tatort anwesende Person nach den Angaben des Angeklagten dem Zeugen Se***** die Verletzung im Augenbereich zugefügt haben kann, wurde von den Tatrichtern berücksichtigt (Z 5 zweiter Fall), jedoch mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung zur Täterschaft des Angeklagten verworfen (US 9).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet zu B./ das Vorliegen einer „milieu- und augenblicksbedingten Unmutsäußerung“ und verlässt mit schlichten Spekulationen über das problembehaftete Zusammenleben in einer „Wohnhausanlage“ den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes, werden dabei doch die gegenteiligen Urteilsannahmen negiert, wonach der Angeklagte dem im Hof spielenden elfjährigen Hakan K***** nachlief und dabei drohte, ihm ein Messer in den Bauch zu stechen, um ihn durch seine Worte in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 6) - sohin erkennbar (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) - eine ernst gemeinte Drohung gegen das Kind ausstieß. Weshalb dieses Verhalten bei Anlegung eines objektiven individuellen Maßstabs ungeeignet sein soll, dem Bedrohten begründete Besorgnis einzuflößen und welcher weiterer Feststellungen es über die getroffenen hinaus zur Beurteilung der Schuldfrage bedurft hätte (vgl RIS-Justiz RS0092753; 11 Os 154/01; Fabrizy, StGB10 § 107 Rz 1), legt das Rechtsmittel nicht dar.

Der Einwand „unvollständiger Feststellungen“ zu C./ (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) lässt nicht erkennen, weshalb ein (zusätzlich) möglicher Fußtritt eines weiteren Angreifers gegen das Gesicht des Tatopfers eine Verurteilung des Beschwerdeführers wegen der Verletzung des Ahmet Se***** im Augenbereich, die eindeutig einem vom Angeklagten ausgeführten Faustschlag zugeordnet wurde (US 6 und 9), ausschließen sollte.

Zwar zielt der Rechtsmittelantrag auf eine Aufhebung des gesamten Urteils ab, inhaltlich richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde aber nur gegen den Schuldspruch zu B./ und C./, verabsäumt zu A./ hingegen jegliche Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz iVm § 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die implizite (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) Beschwerde des Angeklagten folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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