OGH 7Ob34/13w

OGH7Ob34/13w27.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei minderjährige N***** F*****, vertreten durch deren Mutter A***** F*****, vertreten durch Mag. Hanno Pall, Rechtsanwalt in Wörgl, gegen den Gegner der gefährdeten Partei W***** F*****, vertreten durch Dr. Horst Brunner und andere Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382e EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 30. November 2012, GZ 3 R 279/12v‑14, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00034.13W.0327.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Im Provisorialverfahren ist die Verneinung eines im Rekursverfahren gerügten Nichtigkeitsgrundes nicht weiter anfechtbar (5 Ob 2008/96x, 6 Ob 236/98v, 4 Ob 155/09m, 1 Ob 156/10p mwN).

Dies gilt auch dann, wenn das Gericht zweiter Instanz die Nichtigkeit von Amts wegen geprüft und ‑ wenn auch nur in den Gründen seiner Entscheidung ‑ verneint hat (vgl RIS‑Justiz RS0039226). Dieser Fall liegt hier vor. Das Rekursgericht führt in seiner Entscheidung ausdrücklich ‑ unter Hinweis auf die neu ergangene Judikatur des EGMR ‑ aus, dass dem Antragsgegner vor Erlassen der einstweiligen Verfügung nicht Gelegenheit gegeben werden musste, sich zur beantragten Provisorialmaßnahme zu äußern.

Wenngleich die geänderte Rechtsprechung des EGMR (Entscheidung vom 15. 10. 2009, Micallef gegen Malta, 17.056/06) bewirkt, dass das rechtliche Gehör unter gewissen Voraussetzungen nunmehr auch im erstgerichtlichen Provisorialverfahren verletzt werden kann, ist eine Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeiten im Falle einer die Nichtigkeit bzw die Mangelhaftigkeit des Verfahrens ablehnenden Rekursentscheidung daraus nicht abzuleiten.

Ob im Hinblick auf den als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zum Verhalten einer Person ein Auftrag, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der gefährdeten Partei (in Hinkunft Antragstellerin) zu vermeiden, gemäß § 382e EO gerechtfertigt ist oder nicht, ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO. Dies gilt auch für die Frage, wann ein die Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten vorliegt, welches das weitere Zusammentreffen unzumutbar macht. Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung dieser Fragen ist in den Entscheidungen der Vorinstanzen nicht zu erblicken. Deren Beurteilung, dass das Ansprechen einer Schulkollegin der Antragstellerin durch den Antragsgegner vor deren Schule eine gegen die dem Antragsgegner erteilten Bewährungsauflagen verstoßende Kontaktaufnahme und damit auch ein Verhalten darstellt, das geeignet ist, die durch die bereits einmal erfolgte Entführung angegriffene psychische Gesundheit der Antragstellerin weiter zu gefährden, wobei dieses Verhalten auch eine Schwere erreicht, die die Maßnahme der einstweiligen Verfügung angemessen erscheinen lässt, ist nicht zu beanstanden.

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