OGH 9ObA107/12v

OGH9ObA107/12v19.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die erstbeklagte Partei Mag. A***** H*****, vertreten durch Dr. Gerald Kreuzberger, Rechtsanwalt in Graz, sowie die Nebenintervenienten auf Seiten der erstbeklagten Partei 1. e***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Peter Lieskonig, Rechtsanwalt in Graz, 2. H***** GmbH, *****, vertreten durch Wasserbauer-Possnig-Maurer, Rechtsanwaltsgemeinschaft in Weiz, sowie 3. G***** K*****, M***** K***** und A***** K***** (als Erben des J***** K*****), alle: *****, alle vertreten durch Mag. Hans Georg Popp, Rechtsanwalt in Gratwein, und die Zweitbeklagte Partei Mag. H***** S*****, vertreten durch Hon.-Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 131.887 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 10.000 EUR), über die Revisionen der erstbeklagten Partei sowie der Zweit- und Drittnebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. April 2012, GZ 9 Ra 158/11p-78, womit über Berufung der klagenden und erstbeklagten Partei sowie der Zweit- und Drittnebenintervenienten das Zwischenurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Mai 2011, GZ 4 Cga 187/09b-58, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionen der erstbeklagten Partei sowie der Zweit- und Drittnebenintervenienten auf Seiten der erstbeklagten Partei werden zurückgewiesen.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 6.109,14 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.018,19 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Die Begründung dieser Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Klägerin macht als Haftpflichtversicherer einen gemäß § 67 VersVG auf sie übergegangenen Regressanspruch ihres Versicherungsnehmers als Geschäftsherrn gemäß § 1313 ABGB gegenüber den Beklagten als Erfüllungsgehilfen geltend. Sie stützt ihr Klagebegehren primär auf die vertragliche Haftung der Beklagten gegenüber dem Versicherungsnehmer, subsidiär macht sie einen gesetzlichen Solidarregressanspruch des Versicherungsnehmers gegenüber den Beklagten geltend. Im Revisionsverfahren ist nur die Frage des Beginns der Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Regressanspruchs strittig.

Nach der vom Berufungsgericht zutreffend angewandten ständigen Rechtsprechung ist Voraussetzung für das Entstehen des Regressanspruchs des Geschäftsherrn gemäß § 1313 Satz 2 ABGB nicht der Schadenseintritt oder die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, sondern die Zahlung des Regressberechtigten an den Dritten (auch ohne Bestehen einer Solidarschuld, vgl ausführlich 3 Ob 35/07d mwH uva; RIS-Justiz RS0028394). Auch die Verjährung des Anspruchs beginnt nach der Rechtsprechung und der weit überwiegenden Lehre mit dem Zeitpunkt der Erfüllung (3 Ob 35/07d; 3 Ob 186/10i; 3 Ob 182/11b; 7 Ob 19/05b; Gamerith in Rummel³ § 896 Rz 11; M. Bydlinski in Rummel³ § 1478 Rz 5; Apathy/Riedler in Schwimann³ § 896 Rz 11; Mader/Janisch in Schwimann³ § 1489 Rz 29; P. Bydlinski in KBB³ § 896 Rz 5 uva; aA Perner in Klang³ § 896 Rz 87 ff). Auch dort, wo der Regressanspruch gleichzeitig Schadenersatzcharakter hat, beginnt die Frist zu seiner Geltendmachung nicht schon mit Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers (§ 1489 ABGB), sondern erst mit der Zahlung (3 Ob 186/10i, 3 Ob 35/07d).

Dass die Klage am 14. 9. 2009 ausgehend vom Zeitpunkt einer ersten von der Klägerin geleisteten Akontozahlung vom 26. 9. 2006 fristgerecht eingebracht worden ist, stellen die Revisionswerber nicht in Frage. Eine Verjährung ist nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts auch unter Berücksichtigung eines wenige Tage vor der Zahlung abgegebenen Anerkenntnisses der Klägerin gegenüber der Geschädigten, wodurch deren Zahlungspflicht „unverrückbar“ festgestanden sei, nicht eingetreten (3 Ob 279/06k mwH; 9 Ob 236/99t; RIS-Justiz RS0017447, differenzierend 3 Ob 35/07d). Eine Korrekturbedürftigkeit dieser Entscheidung zeigen die Revisionswerber nicht auf. Sie führen zusammengefasst aus, dass die Klägerin, hätte sie nicht die ihr obliegende Erkundigungspflicht verletzt, ein Anerkenntnis weit früher abgeben hätte können. Ihr sei vorwerfbar, den Beginn der Verjährung aus unsachlichen Gründen verzögert zu haben. Sie übergehen damit aber, dass es für die Beurteilung des Beginns der Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Regressanspruchs auch dann, wenn dieser gleichzeitig Schadenersatzcharakter hat, nach der dargestellten Rechtsprechung nicht darauf ankommt, ob die Klägerin schon mehr als drei Jahre vor Erhebung der Regressklage Kenntnis davon hatte oder haben musste, dass sie gegenüber der Geschädigten leistungspflichtig werden könnte (9 Ob 236/99t; 3 Ob 186/10i; RIS-Justiz RS0017447). Der der Entscheidung 1 Ob 162/07s, in der nicht die Verjährung eines „eigentlichen Regressanspruchs“ zu beurteilen war, zu Grunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich erheblich vom nunmehr vorliegenden, sodass aus dieser Entscheidung für die Revisionswerber nichts zu gewinnen ist. Im Übrigen wird auch in dieser Entscheidung in Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtsprechung festgehalten, dass die Verjährung eines Regressanspruchs mit Schadenersatzcharakter regelmäßig erst dann beginnt, wenn die Zahlungspflicht des Regressberechtigten „unverrückbar“ feststeht. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass dieser Zeitpunkt im vorliegenden Fall frühestens mit dem als Anerkenntnis der Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Geschädigten zu wertenden Schreiben vom 19. 9. 2006 gesehen werden könne, ist nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls vertretbar, weshalb die Revisionen mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen waren.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revisionen hingewiesen. Eine Kostenersatzpflicht der auf der Seite der Erstbeklagten beigetretenen Nebenintervenienten besteht nicht (RIS-Justiz RS0035816, zuletzt 4 Ob 111/12w), jedoch hat die Erstbeklagte der Klägerin die Kosten der gesondert erstatteten Beantwortung der Revision der Zweitnebenintervenientin zu ersetzen, die nach der Aktenlage zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich waren (1 Ob 190/10p; RIS-Justiz RS0036148; RS0036057). Für die von der Klägerin für die in einem weiteren Schriftsatz eingebrachte Beantwortung der Revisionen der Erstbeklagten und der Drittnebenintervenienten geltend gemachte „Verbindungsgebühr“ besteht keine Anspruchsgrundlage.

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