OGH 3Ob30/13b

OGH3Ob30/13b13.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** C*****, vertreten durch Dr. Viktor Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in Mödling als Sachwalter, wider die beklagte Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Franz Bixner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Löschung (Streitwert 42.949,65 EUR), über die „außerordentliche Revision“ der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Jänner 2013, GZ 13 R 120/12f-62, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 24. April 2012, GZ 23 Cg 86/10w-56, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der als außerordentliche Revision bezeichnete Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 7. Juli 1999 verkaufte der Kläger seine Liegenschaft gegen eine lebenslange monatliche Leibrente sowie Einräumung eines lebenslänglichen Wohnrechts an die Beklagte, deren Eigentumsrecht einverleibt wurde.

Am 28. April 2005 unterfertigte der Kläger eine Verzichts- und Löschungserklärung in Ansehung der Leibrentenforderung und des Wohnrechts. Auch diese Urkunde wurde im Grundbuch vollzogen.

Der Kläger leidet seit 1998 an einer psychischen Erkrankung, weshalb er weder am 7. Juli 1999 noch am 28. April 2005 in der Lage war, die Tragweite der abgeschlossenen Rechtsgeschäfte in realitätskonformer Weise einzuschätzen (ein lucidum intervallum konnte zu beiden Zeitpunkten nicht festgestellt werden).

Der Kläger erhielt von der Beklagten Leibrentenzahlungen von 20.710,83 EUR und anlässlich der Verzichts- und Löschungserklärung 76.400 EUR als pauschale Abfindung seiner Ansprüche aus dem Kaufvertrag.

Der Kläger begehrte unter Hinweis auf seine fehlende Geschäftsfähigkeit die Feststellung, dass sowohl der Kaufvertrag als auch die Verzichts- und Löschungserklärung unwirksam seien, die Feststellung der Unwirksamkeit der Eigentumseintragung der Beklagten und deren Löschung sowie die Wiederherstellung des vorherigen Buchstands. Die Beklagte habe 147 Monate rechtswidrig in seinem Haus gewohnt, woraus er eine Benützungsentgeltforderung von 264.600 EUR ableite.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe sich bei Abschluss der Verträge in einem lucidum intervallum befunden. Er habe eine Gegenleistung von 150.053,92 EUR erhalten, die den Verkehrswert der Liegenschaft samt Inventar übersteige. Die Beklagte habe auch Aufwendungen für den Kläger getätigt und für diesen Betriebskosten bezahlt, woraus ihr eine Gegenforderung von 215.208,55 EUR zustehe.

Das Erstgericht stellte die Unwirksamkeit des Kaufvertrags sowie der Verzichts- und Löschungserklärung fest (Punkt 1 und 2), wies das Löschungs- und Wiederherstellungsbegehren (Eintragung des Eigentumsrechts des Klägers) hingegen ab (Punkt 3 und 4) und verpflichtete die Beklagte zur Einwilligung in die Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Stands mit dem Eigentumsrecht des Klägers Zug um Zug gegen die vom Kläger zu leistende Zahlung von 34.519,59 EUR sA (Punkt 5).

Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung beider Streitteile die Punkte 1 bis 4 des Ersturteils als Teilurteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. In Ansehung des Punktes 5 hob es das erstgerichtliche Urteil auf und verwies es zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück (Wiederherstellungsbegehren Zug um Zug gegen Zahlung von 34.519,59 EUR sA). Ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erfolgte nicht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts erhob die Beklagte ein als außerordentliche Revision bezeichnetes Rechtsmittel, mit dem sie erklärte, „das Urteil des Berufungsgerichts insoweit anzufechten, als ihrem Eventualbegehren gemäß Seite 7 ihrer Berufung vom 16. Mai 2012 nicht Folge gegeben worden sei“ und beantragte die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, „dass ihrem Eventualbegehren wie laut Seite 7 ihrer Berufung vom 16. Mai 2012 Folge gegeben werde“. Hilfsweise stellte die Beklagte einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Das Rechtsmittel der Beklagten ist als Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss aufzufassen und als solcher nicht zulässig.

1. Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag 1. Mai 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die - wie hier - auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen (1 Ob 156/12s mwN).

Infolge Unzulässigkeit des Rechtsmittels erübrigt sich aber die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens für den mit einem Formmangel behafteten Rechtsmittelschriftsatz (1 Ob 141/12k).

2. Es ist nicht zulässig, sich bei Ausführung eines Rechtsmittels mit dem Hinweis auf Ausführungen in einem anderen Schriftsatz (etwa wie hier: Berufung) zu begnügen (RIS-Justiz RS0043616, RS0007029). Die Beklagte verwies sowohl in ihrer Anfechtungserklärung als auch in ihrem Rechtsmittelantrag lediglich auf ihr Eventualbegehren gemäß oder laut Seite 7 ihrer Berufung, ohne in ihrem Rechtsmittelantrag selbst deutlich zu machen, welche Entscheidung sie anstelle der Entscheidung des Berufungsgerichts anstrebt. Der in einer solchen Verweisung liegende Inhaltsmangel eines Rechtsmittels ist nicht verbesserungsfähig (1 Ob 23/04w; 6 Ob 224/07w, je mwN).

3. Selbst bei Zugrundelegung des tatsächlich in der Berufung der Beklagten enthaltenen Eventualantrags erweist sich ihr Rechtsmittel als jedenfalls unzulässig. Sie begehrte nämlich in ihrer Berufung hilfsweise, den Punkt 5 des Ersturteils in Ansehung der Zug-um-Zug-Zahlung dahin abzuändern, dass diese statt mit 34.519,59 EUR sA mit 180.070,29 EUR sA festgesetzt werde. Überträgt man diesen Eventualantrag als Rechtsmittelantrag in das nunmehr zu behandelnde Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, so richtet sich das Rechtsmittel der Beklagten eindeutig nur gegen den, Punkt 5 des Ersturteils betreffenden, Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts.

Nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Durch diese Formulierung wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Zulässigkeit des Rekurses gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss an einen ausdrücklichen Zulassungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz gebunden ist (RIS-Justiz RS0043880). Fehlt - wie hier - ein solcher Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts ist auch ein außerordentlicher Rekurs jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0043898).

Das Rechtsmittel der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

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