European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0060OB00224.07W.1107.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Am 6. 2. 2007 stellte die Erstrekurswerberin als unbeschränkt haftende Gesellschafterin sowie die Zweit- und Drittrekurswerber je als Kommanditisten der Franz S***** Gesellschaft m. b. H. & Co KG den Antrag auf Vornahme folgender Eintragungen im Firmenbuch:
1) Änderungen der Geschäftsanschrift sowie der Anschriften der Gesellschafter,
2) Eintragung der seit 2. 2. 2007 jeweils selbstständig vertretungsberechtigten Prokuristen Mag. Franz S*****, und Gerald S*****.
Das Erstgericht wies das gesamte Eintragungsbegehren ab. Bei den zur Eintragung angemeldeten Prokuristen handle es sich um die jeweils selbstständig vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementärgesellschafterin. Der Prokurist müsse jedoch nicht nur eine vom Geschäftsinhaber verschiedene Person sein, sondern dürfe auch nicht bereits aus anderen Gründen eine über die Prokura hinausgehende Vertretungsbefugnis besitzen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Argument, die Zeichnung werde durch die Eintragung der Prokura für die Vertreter der Komplementärin vereinfacht, weil nur einmal statt zweimal Firmenbucheinsicht genommen werden müsse, sei nicht überzeugend. Die Geschäftsführung und Vertretung der GmbH & Co KG obliege der Komplementär‑GmbH, deren Vertretungsmacht nach § 126 Abs 2 UGB Dritten gegenüber nicht beschränkbar sei. Die Erteilung der Prokura für die KG an einen einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH hätte aber zur Folge, dass in ein und derselben natürlichen Person gleichzeitig eine nach § 49 UGB beschränkte und eine nach § 126 UGB unbeschränkte Vertretungsbefugnis vereinigt würden. Dieses Ergebnis widerspreche dem Grundsatz, dass der Prokurist vom Prinzipal verschieden sein müsse und niemand sein eigener Bevollmächtigter sein könne. In der GmbH & Co KG komme es nun lediglich zu einer Verlängerung der Vertretungskette, weil die Komplementärgesellschaft als Repräsentantin der juristischen Person des Unternehmers ihrerseits wieder eines gesetzlichen Vertreters, nämlich ihrer Organe, bedürfe. Dadurch ändere sich jedoch nichts an der prinzipiellen Gültigkeit der Argumente für die Unteilbarkeit der Vertretungsmacht einer einzelnen Person.
Nach herrschender Rechtsprechung gebiete es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Firmenbuchgesuchs, dass das Gericht einem Antrag nur entweder zur Gänze stattgeben oder ihn zur Gänze abweisen könne (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 16 Rz 18 mwN). Stünden nur einem Teil der begehrten Eintragungen Hindernisse entgegen und könnten die einzelnen Eintragungstatbestände ein getrenntes rechtliches Schicksal haben, dann sei ein Verbesserungsauftrag zu erteilen, sofern der Antragsteller nicht schon in der Anmeldung klargestellt habe, ob er auch eine teilweise Eintragung anstrebe. Entsprechend diesen Grundsätzen habe das Erstgericht den Antragsteller mit Note vom 14. 3. 2007 verständigt, dass es die Abweisung des Begehrens auf Eintragung der Prokuristen beabsichtige, und um Bekanntgabe binnen 14 Tagen ersucht, ob eine Teileintragung der Änderung der Geschäftsanschrift gewünscht werde. Daraufhin habe der Vertreter der Antragsteller mitgeteilt, dass „mit der Eintragung der Geschäftsanschrift bis zum Ende des Rechtsmittelverfahrens zugewartet werden" könne. Diese Äußerung könne weder im Sinne eines Antrags auf Unterbrechung des Verfahrens noch als Antrag dahingehend aufgefasst werden, dass die Eintragung der Adressänderung unabhängig vom Schicksal des weiteren Eintragungsbegehrens angestrebt werde. Damit sei aber die Abweisung des gesamten Eintragungsbegehrens berechtigt; ein wiederholter Verbesserungsauftrag habe nach herrschender Auffassung nicht zu erfolgen (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 17 Rz 10 mwN).
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Bestellung des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft zum Prokuristen einer GmbH & Co KG noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG).
2. Soweit die Revisionsrekurswerber auf ihren Rekurs verweisen, ist darauf hinzuweisen, dass nach herrschender Auffassung die bloße Verweisung auf Inhalt und Anträge einer früheren Rechtsmittelschrift oder sonstiger Schriftsätze unzulässig ist (G. Kodek in Fasching/Konecny 2 §§ 84, 85 Rz 185 mwN); dieser Mangel ist nach herrschender Rechtsprechung nicht verbesserungsfähig (G. Kodek aaO mwN; RIS‑Justiz RS0036173, RS0043579).
3.1. Den Revisionsrekurswerbern ist zuzugeben, dass Teile der Lehre (Koppensteiner in Straube, HGB³ § 170 Rz 7; Peter Doralt in Kastner/Stoll, Die GmbH & Co KG im Handels‑, Gewerbe- und Steuerrecht 287) sowie die herrschende deutsche Lehre und Rechtsprechung (Mussaeus in Hesselmann/Tillmann/Mueller‑Thuns, Handbuch der GmbH & Co. KG Gesellschaftsrecht - Steuerrecht19 [2005] § 6 Rz 25; Horn in Heymann HGB2 [1996] § 161 Rz 10; Martens in Schlegelberger, HGB5 [1986] § 161 Rz 112; Gummert in Münch HdB GmbH & Co. KG [2004] § 52 Rz 9; Henze in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB [2001] § 177a Anh A Rz 171; Grunewald in MünchKomm HGB² [2007] § 161 Rz 74; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB32 [2006] Anh § 177a Rz 37; Brinz/Sorg, Die GmbH & Co. KG im Gesellschafts- und Steuerrecht10 [2005] § 4 Rz 3; BayObLG DB 1980, 2232 f ua) die Zulässigkeit der Eintragung der Prokura für den Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft bei einer GmbH & Co KG bejahen. Gleichwohl ist dieser Auffassung aus den vom Rekursgericht zutreffend dargelegten Gründen nicht zu folgen:
3.2. Der Revisionsrekurs vermag für die Richtigkeit seines Standpunktes, abgesehen von den angeführten Belegstellen, lediglich den Wortlaut des § 48 UGB ins Treffen zu führen, wonach eine Kommanditgesellschaft Prokuristen bestellen könne. Mit dieser rein am Wortlaut des Gesetzes haftenden Auslegung vermögen die Revisionsrekurswerber aber keine Unrichtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen darzutun. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend erkannte, ist die GmbH nicht selbst handlungsfähig, sondern bedarf dazu ihrer Organe. Die Geschäftsführer der Komplementär‑GmbH sind ihrerseits als solche keine Organe der Kommanditgesellschaft, wenngleich von der neueren Rechtsprechung zumindest eine direkte, haftungsbegründende Rechtsbeziehung zwischen der KG und den Geschäftsführern der GmbH bejaht wird (Koppensteiner in Straube, HGB3 § 161 Rz 16 mwN).
3.3. Damit würde aber die Erteilung der Prokura für die KG an einen einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH dazu führen, dass in ein und derselben natürlichen Person gleichzeitig eine nach § 49 UGB beschränkte und eine nach § 126 UGB unbeschränkte Vertretungsbefugnis vereinigt würden. Dieses Ergebnis widerspricht dem Grundsatz, dass der Prokurist vom Prinzipal verschieden sein muss und niemand sein eigener Bevollmächtigter sein kann. Dies gilt auch für den gesetzlichen Vertreter des Unternehmens, weil er die Person des Geschäftsinhabers repräsentiert (Schinko in Straube, HGB3 § 48 Rz 19; Staub/Pisko 3 I 314; Würdinger in Kommentar HGB3 539; Hämmerle, Handelsrecht2 I 207; C. Ritter, HGB2 [1932] 101; SZ 43/104; ebenso zum deutschen Recht Fahse in Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum HGB mit UN‑Kaufrecht7 [2007] § 161 Rz 19, der von einer „funktionswidrigen Doppelkompetenz" spricht).
3.4. Anerkannt ist auch, dass die umfänglich weitere Vertretungsbefugnis grundsätzlich die umfänglich engere absorbiert. In diesem Sinne hat etwa das OLG Wien (HS 9091) angenommen, dass die Prokura für eine GmbH erlischt, wenn der Prokurist zum - wenn auch nur kollektiv zeichnungsbefugten - Geschäftsführer bestellt wird. Umgekehrt erweitern sich die Befugnisse, die einem Prokuristen im Rahmen der Ausübung der gemischten Gesamtvertretung zukommen, auf den Umfang der Vertretungsmacht der gesetzlichen Vertreter der betreffenden juristischen Person (SZ 56/177 = EvBl 1984/71 = JBl 1984, 330 = RdW 1984, 214 = Arb 10.306 = RdA 1985, 32 [Geppert]).
3.5. Inwiefern sich an diesen Grundsätzen bei der GmbH & Co KG deshalb etwas ändern soll, weil es zu einer Verlängerung der Vertretungskette insofern kommt, als die Komplementärgesellschaft als Repräsentantin der juristischen Person des Unternehmers ihrerseits wieder eines gesetzlichen Vertreters, nämlich ihrer Organe, bedarf, ist nicht zu ersehen. Am Rechtsverkehr nimmt die GmbH & Co. KG, organschaftlich vertreten durch die GmbH als Komplementärin, teil. Der Geschäftsführer der GmbH ist demnach zwar Organ der GmbH, handelt aber in deren Organzuständigkeit auch für die KG (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht4 [2002] 1648).
Dem von den Revisionsrekurswerbern angeführten Argument, zur Feststellung des Umfangs der Vertretungspflicht der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft bedürfe es einer zweimaligen Einsicht in das Firmenbuch, nämlich zunächst bei der GmbH & Co KG und sodann bei der Komplementärin, kommt bei teleologischer Interpretation kein ausreichendes Gewicht zu, von den dargelegten Grundsätzen abzuweichen. Schon das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass derartigen Überlegungen im Zeitalter der einfachen elektronischen Abfragemöglichkeit von vornherein nur geringes Gewicht zukommen kann. Schwerer wiegt, dass die begehrte Eintragung dem Zweck des Firmenbuchs, dem Schutz des Rechtsverkehrs zu dienen (G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer FBG § 15 HGB Rz 1), zuwiderlaufen würde. Damit würden die tatsächlichen Vertretungsverhältnisse nämlich geradezu verschleiert. Für einen mit dem eingetragenen Prokuristen der GmbH & Co KG kontrahierenden Dritten wäre aus dem Firmenbuchauszug nicht erkennbar, dass dieser Prokurist in Wahrheit aufgrund seiner Geschäftsführerstellung bei der Komplementärin unbeschränkt vertretungsbefugt ist.
3.6. Das Rekursgericht hat auch bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass das Erfordernis an einer vereinfachten Zeichnung der Gesellschaft (vgl Koppensteiner in Straube, HGB3 § 170 Rz 7) die Eintragung der begehrten Prokura nicht rechtfertigt. Die Zeichnung der Firma der GmbH & Co KG hat nach herrschender Rechtsprechung derart zu erfolgen, dass unter die Firma der Kommanditgesellschaft jener der GmbH zu setzen ist, für die der bzw die Geschäftsführer nach Maßgabe der in der Kapitalgesellschaft bestehenden Vertretungsregelung unterfertigen (EvBl 1983/92 = JBl 1983, 538 = GesRZ 1983, 149; RIS‑Justiz RS0061475). Der von den Revisionsrekurswerbern angestrebten Vereinfachung dieser Vorgangsweise kann aber - wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat - ohne weiteres durch eine entsprechend gestaltete Firmenstampiglie Rechnung getragen werden.
4.1. Zu Unrecht wenden sich die Revisionsrekurswerber auch gegen die Abweisung des Teilbegehrens auf Eintragung der Anschriftsänderungen. Nach herrschender Rechtsprechung gebietet es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Firmenbuchgesuchs, dass das Gericht einem Antrag nur entweder zur Gänze stattgeben oder ihn zur Gänze abweisen kann (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 16 Rz 18 mwN). Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung für den Fall eine Ausnahme, dass nur einem Teil der begehrten Eintragung Hindernisse entgegenstehen und die einzelnen Eintragungstatbestände ein getrenntes rechtliches Schicksal haben können. Diesfalls ist ein Verbesserungsauftrag zu erteilen und der Einschreiter zur Klarstellung aufzufordern, ob auch eine nur teilweise Eintragung begehrt wird; diesfalls hat das Gericht nur mit einer Teilabweisung vorzugehen (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 16 Rz 19).
4.2. Wenn die Vorinstanzen in der Äußerung der Antragsteller, dass mit der Eintragung der Geschäftsanschrift „bis zum Ende des Rechtsmittelverfahrens zugewartet" werden könne, keine ausreichende Klarstellung im Sinne der dargelegten Grundsätze erblickten, ist dies nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass der Äußerung, mit der Eintragung könne „zugewartet" werden, schon nach dem äußerst möglichen Wortsinn gerade nicht die Bedeutung beigelegt werden kann, dass damit die sofortige Eintragung der Anschriftsänderung im Fall einer (Teil‑)Abweisung des Antrags auf Eintragung der Prokura begehrt wird, verkennen die Revisionsrekurswerber, dass der Grundsatz der Einheitlichkeit des Firmenbuchgesuchs keineswegs eine Formalschikane für den Einschreiter darstellt, sondern auch der Übersichtlichkeit des Firmenbuchverfahrens und der Gerichtsentlastung und damit der Verfahrensökonomie dient, weil das Firmenbuchgericht über eine Eingabe in einem einzigen Beschluss abzusprechen hat. Dadurch wird die Notwendigkeit der wiederholten Befassung des Firmenbuchgerichtes mit einer einzigen Eingabe vermieden. Aus der Auffassung der Vorinstanzen erwächst den Revisionsrekurswerbern auch kein Nachteil, können diese doch jederzeit über gesonderten Antrag eine Eintragung der neuen Geschäftsanschrift erreichen. Auch eine besondere Dringlichkeit dieses Antrages, die ein Abweichen von den angeführten Grundsätzen erfordern würde, ist nicht erkennbar, haben doch die Revisionsrekurswerber selbst angegeben, dass mit der Erledigung ihres Antrags zugewartet werden könne.
5. Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.
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