OGH 8Ob20/13v

OGH8Ob20/13v4.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) M* B*, vertreten durch Graff Nestl & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2) Verlassenschaft nach dem am * verstorbenen Dkfm. H* B*, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Georg Unger, dieser vertreten durch Schulyok Unger & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei B* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts‑Partnerschaft in Wien, wegen 92.075,93 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 7. November 2012, GZ 22 R 350/12t‑28, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 15. Juli 2012, GZ 2 C 26/12m‑22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E103573

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die erstklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.933,16 EUR (darin enthalten 488,86 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 7.818,92 EUR (darin enthalten 352,02 EUR USt und 5.706,80 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Rekurses an den Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Erstklägerin und ihr ehemaliger Ehegatte, der am 29. 1. 2009 gestorben ist, betrieben das Unternehmen „B und Co“ sowie ein Unternehmen, das sich mit „Vermietung und Verpachtung“ beschäftigte. Zudem waren beide an der Beklagten beteiligt. Die Geschäfte der Beklagten wurden bis zu seinem Tod vom Ehegatten der Erstklägerin geführt.

Die Beklagte betrieb seit 1991 in S* eine Filiale. Da die räumlichen Verhältnisse zu klein geworden waren, kauften die Erstklägerin und ihr ehemaliger Ehegatte im Jahr 2000 eine Liegenschaft samt Betriebsgebäude und vermieteten das Objekt an die Beklagte. Die Geschäftseinrichtung und das Warensortiment stammten von der Beklagten. Diese übernahm auch weitgehend die Instandhaltung des Objekts. Die öffentlichen Steuern und Abgaben zahlte das Unternehmen „Vermietung und Verpachtung“. Ein schriftlicher Bestandvertrag wurde nicht abgeschlossen. Der monatliche Mietzins wurde mit 72.000 ATS (5.232,44 EUR) vereinbart, der in den Folgejahren auf Basis einer angenommenen Wertsicherung erhöht wurde. Im Jahr 2008 belief sich der Mietzins daher auf 7.665,41 EUR. Kurz vor seinem Tod beschloss der ehemalige Ehegatte der Erstklägerin, den Mietzins ab 2009 auf 12.000 EUR zu erhöhen. Trotz Bedenken gegen die Zulässigkeit dieses Mietzinses zahlte die Beklagte den verlangten Betrag von Februar 2009 bis November 2010. In der Folge forderte die Beklagte die behaupteten Überzahlungen zurück und nahm außergerichtliche Aufrechnungen vor.

Die Nutzfläche des Bestandobjekts beträgt 858,79 m2. Der ortsübliche Bestandzins für dieses Objekt liegt bei 7,41 EUR netto pro Quadratmeter, der übliche Betriebskostenanteil bei 0,12 EUR netto pro Quadratmeter und der Hausverwaltungskostenanteil bei 0,26 EUR netto pro Quadratmeter. Der angemessene, die Besonderheiten des Falles berücksichtigende und daher fremdübliche Mietzins beträgt 7,38 EUR netto oder 8,856 EUR brutto pro Quadratmeter; insgesamt ergibt dies einen angemessenen Mietzins von 7.605,44 EUR monatlich.

Mit ihrer „Mietzinsklage“ begehrten die Kläger ‑ ausgehend von der Mietzinsanhebung ab 2009 ‑ ausständige Mietzinse. Der ehemalige Ehegatte der Erstklägerin habe den Bestandzins für das Bestandobjekt beginnend ab 1. 2. 2009 mit 12.000 EUR festgelegt. Der erhöhte Bestandzins sei jedenfalls angemessen. In einen Fremdvergleich seien alle Vorteile einzubeziehen, die der Gesellschaft zukommen. Die Beklagte habe sich die Kosten der Standortsuche und der Standortauswahl erspart. Außerdem sei das Betriebsgebäude mit der typischen Wellblechfassade in gelber Farbe und mit dem typischen Logo versehen worden. Die Erstklägerin und ihr ehemaliger Ehegatte hätten auch große Investitionen vorgenommen. Der angehobene Bestandzins sei von der Beklagten anerkannt worden.

Die Beklagte entgegnete, dass der vorgeschriebene Mietzins über der Marktmiete liege. Die Mietzinsanhebung im Jahr 2009 halte auch einem Fremdvergleich nicht stand, weshalb es sich um eine verbotene Einlagenrückgewähr handle. Entgegen der Ansicht der Kläger liege kein Pachtvertrag, sondern ein Mietverhältnis vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da der fremdübliche Mietzins 7.605,44 EUR betrage, halte der ab 2009 erhöhte Mietzins dem Fremdvergleich nicht statt. Im Fall einer verdeckten Einlagenrückgewähr stehe der Gläubigerschutz derart im Vordergrund, dass sich die Kläger nicht auf ein Anerkenntnis der Beklagten berufen könnten. Die Kläger hätten der Beklagten kein lebendes Unternehmen in Bestand gegeben, weshalb ein Mietverhältnis und kein Pachtverhältnis vorliege.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge und hob die abweisende Entscheidung des Erstgerichts auf. Entgegen der Ansicht der Kläger könne von der Inbestandgabe eines lebenden Unternehmens bzw einer organisierten Erwerbsgelegenheit keine Rede sein. Es liege daher ein Mietverhältnis vor. § 16 MRG sei zufolge des Teilausnahmetatbestands des § 1 Abs 4 Z 1 MRG auf den Anlassfall nicht anwendbar. Aus diesem Grund sei der zulässige Mietzins am Kapitalerhaltungsgrundsatz des § 82 Abs 1 GmbHG zu messen. Eine verdeckte Einlagenrückgewähr könne jedoch damit gerechtfertigt werden, dass besondere betriebliche Gründe im Interesse der Gesellschaft vorliegen, wenn dies nach der Formel des Fremdvergleichs gedeckt sei. Bei Prüfung der Frage, ob ein objektiv sorgfältig handelnder Geschäftsführer das konkrete Rechtsgeschäft unter den gleichen Bedingungen auch mit einem außenstehenden Dritten abgeschlossen hätte, sei umfassend auf alle Vorteile abzustellen, die der Gesellschaft zukommen. Im Anlassfall sei zudem zu prüfen, ob mehrere gleichzeitig erfolgte Mietzinsanhebungen nach dem Parteiwillen als einheitlicher Vertrag zu werten seien, sodass ein angemessener Gesamtmietzins für die Gesamtheit der von der Beklagten gemieteten Objekte zu bestimmen sei. Dazu habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zu den möglichen Gründen der betrieblichen Rechtfertigung eines nicht marktkonformen Mietzinses sowie zu den Fragen, ob beim Fremdvergleich nur isoliert auf die Mietzinsanhebung oder auf das gesamte Vertragsverhältnis abzustellen sei, sowie ob in dieser Hinsicht eine Einzelbetrachtung des konkreten Mietvertrags oder eine Gesamtbetrachtung aller zwischen den Streitteilen bestehenden Mietverträge vorzunehmen sei, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen den Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten, der auf die Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts abzielt.

Mit ihrer Rekursbeantwortung beantragt die Erstklägerin, dem Rekurs der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil die rechtlichen Überlegungen des Berufungsgerichts einer Korrektur bedürfen. Der Rekurs ist auch berechtigt, weil sich die vom Berufungsgericht verfügte Ergänzung des Sachverhalts als entbehrlich erweist.

1. Die Erstklägerin beharrt in ihrer Rekursbeantwortung auf die Qualifikation des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses als Unternehmenspacht.

Die Vorinstanzen haben die Grundsätze für die Abgrenzung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht zutreffend wiedergegeben. Danach liegt Unternehmenspacht im Allgemeinen dann vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrags ist. Grundsätzlich ist die Vereinbarung einer Betriebspflicht das wesentlichste Kriterium für die Qualifikation als Pachtvertrag, sofern diese Pflicht auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers an der Art des Betriebs und an seinem Bestehen sowie seiner Weiterführung beruht (RIS‑Justiz RS0020398; RS0020351). Verträge, die keine reinen Miet‑ oder Pachtverträge sind, müssen im Rahmen eines Vergleichs der typischen Merkmale der Vertragstypen danach untersucht werden, welche Elemente in einer Gesamtbetrachtung überwiegen. Für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht kommt es immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls an (RIS‑Justiz RS0031183).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass ausgehend von den ermittelten vertragstypischen Merkmalen von einem Mietverhältnis auszugehen sei, ist nicht zu beanstanden.

2.1 Gegenstand der Klage sind (angeblich) offene Mietzinse aufgrund der Mietzinsanhebung ab 2009 betreffend ein einziges Objekt. Dementsprechend beziehen sich die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auf dieses konkrete Objekt, wobei sie von „Objekt“, „Gebäude“ oder „Standort“ sprechen. Dazu haben die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, dass ihre Privatgutachterin für den fraglichen Standort zu einem angemessenen Bestandzins von 9.486,43 EUR netto komme. Der der Beklagten vorgeschriebene Betrag von 10.000 EUR netto liege daher im üblichen Bereich, weil die Bestandzinsvereinbarung der freien Parteienvereinbarung unterliege. Der angehobene Bestandzins sei daher jedenfalls angemessen.

In ihrem Vorbringen haben die Kläger zwar auf die angeblich bekannte Tatsache hingewiesen, dass die Bestandzinse einer „Gesamtbetrachtung“ unterliegen. Dazu führten sie in der Folge aber aus, dass kein Verbotsverstoß (gegen § 82 GmbHG) vorliege, wenn betriebliche, im Eigeninteresse der Gesellschaft liegende Gründe vorliegen, die einen sorgfältig handelnden Geschäftsführer auch veranlasst hätten, das Geschäft mit einem gesellschaftsfremden Dritten abzuschließen. Bei Prüfung der Frage, ob ein objektiv sorgfältig handelnder Geschäftsführer ein konkretes Rechtsgeschäft unter den gleichen Bedingungen auch mit einem außenstehenden Dritten abgeschlossen hätte, sei umfassend auf alle Vorteile abzustellen, die der Gesellschaft zukommen. Im Weiteren nahmen die Kläger auf den Fremdvergleich Bezug, wobei sie die aus ihrer Sicht zu berücksichtigenden Vorteile anführten. Eine verdeckte Einlagenrückgewähr könne auch damit gerechtfertigt werden, dass besondere betriebliche Gründe im Interesse der Gesellschaft vorliegen, wenn dies nach der Formel des Fremdvergleichs dahin gedeckt sei, dass das Geschäft, das mangels objektiver Wertäquivalenz ein Vermögensopfer der Gesellschaft bedeute, auch mit einem Außenstehenden geschlossen worden wäre.

Aus diesem Vorbringen ergibt sich klar, was die Kläger unter „Gesamtbetrachtung“ verstanden haben. Sie gehen in dieser Hinsicht davon aus, dass eine fehlende objektive Wertäquivalenz und damit eine verdeckte Einlagenrückgewähr durch einen Fremdvergleich gerechtfertigt werden könne. Bei den „besonderen betrieblichen Gründen“ handelt es sich somit um die Kriterien für den Fremdvergleich. Die Kläger unterscheiden demnach zwischen (orts‑)üblichem Bestandzins einerseits und „Fremdvergleichs‑Bestandzins“ andererseits.

2.2 Demgegenüber bezieht das Berufungsgericht den Begriff „Gesamtbetrachtung“ auf alle zwischen den Streitteilen bestehenden Mietverträge. Entscheidend sei, ob nach dem Parteiwillen alle gleichzeitig erfolgten Mietzinsanhebungen als einheitlicher Vertrag zu werten seien. In diesem Fall liege ein Verstoß gegen § 82 GmbHG nur vor, wenn die Summe der zwischen den Streitteilen vereinbarten erhöhten Mietzinse die Summe der für die einzelnen Mietobjekte marktkonformen Mietzinse übersteige.

Abgesehen davon, dass sich die Kläger auf eine Gesamtbetrachtung nach dem Verständnis des Berufungsgerichts im erstinstanzlichen Verfahren nicht berufen haben, reicht ihr Vorbringen für die Prüfung eines einheitlichen Vertrags und die Ermittlung eines Gesamtmietzinses jedenfalls nicht aus. Das Erstgericht hat daher zutreffend eine „Einzelfallbetrachtung“ zur Mietzinsanhebung für das konkrete Objekt vorgenommen. Die vom Berufungsgericht als erheblich beurteilte Rechtsfrage, ob betreffend die Fremdüblichkeit des Mietzinses eine Einzelfallbetrachtung des konkreten Mietvertrags oder eine Gesamtbetrachtung aller zwischen den Streitteilen bestehenden Mietverträge vorzunehmen ist, stellt sich damit nicht.

3.1 Für die weiteren Ausführungen wird nochmals klargestellt, dass sich das Klagebegehren nur auf die ab 2009 erfolgte Mietzinsanhebung bezieht. Die Mietzinse vor diesem Zeitpunkt spielen keine Rolle.

Das Berufungsgericht unterscheidet (so wie die Kläger) zwischen (orts‑)üblichem Mietzins und einem dem Drittvergleich standhaltenden Mietzins. Zunächst ist zu klären, ob es bei einem für das Unternehmen üblichen Umsatzgeschäft allein auf den ortsüblichen (allgemein marktkonformen) Mietzins oder auf einen Fremdvergleich ankommt. Diese Frage ist in der Rechtsprechung geklärt.

3.2 Die Kapitalerhaltungsvorschriften erfassen nach ihrem Sinn und Zweck jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft verringert (RIS‑Justiz RS0105518; RS0105532). In der Entscheidung 6 Ob 110/12p hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass nicht nur in steuerlicher Hinsicht, sondern auch gesellschaftsrechtlich auf einen Drittvergleich abzustellen ist. Im Rahmen des Drittvergleichs ist zu prüfen, ob das fragliche Geschäft auch mit einem anderen, unbeteiligten Dritten und bejahendenfalls auch zu diesen Bedingungen geschlossen worden wäre (RIS‑Justiz RS0105540; nach Milchrahm,Kapitalerhaltungsrechtliche Gedanken zum Bestandrecht, wobl 2011, 29 [31], ist darauf abzustellen, ob ein gewissenhaft und sorgfältig nach unternehmerischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter gleichen Umständen ein solches Geschäft nicht oder nicht zu diesen Bedingungen abgeschlossen hätte). Entgegen der Ansicht der Beklagten gelten diese Überlegungen sowohl für übliche Umsatzgeschäfte als auch für Rechtsgeschäfte außerhalb des Unternehmensgegenstands. Es ist somit zu prüfen, ob ein unangemessener Mietzins und daher eine verbotene Einlagenrückgewähr vorliegt. Ein Verbotsverstoß ist gegeben, wenn der Mietzins dem Fremdvergleich nicht standhält. Beim angemessenen „Mietzins“ handelt es sich demnach um den „Fremdvergleichszins“. Ergibt die Prüfung einen Verstoß gegen § 82 GmbHG, so ist der Mietvertrag im Umfang der Überschreitung des angemessenen Mietzinses teilnichtig. In diesem Fall fehlt es dem Vermieter an der Anspruchsgrundlage für die Einhebung jener Mietzinse, die die Angemessenheitsgrenze überschreiten. Die (Teil‑)Nichtigkeit wirkt ex tunc. Daher ist für die Beurteilung der Nichtigkeit auf den Abschlusszeitpunkt bzw im Anlassfall auf den Anhebungszeitpunkt abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war auch noch der ehemalige Ehegatte der Erstklägerin Gesellschafter der Beklagten (vgl auch 6 Ob 132/10w).

Nach den dargestellten Überlegungen bildet der angemessene Mietzins die Grenze für die geltend gemachten Ansprüche der Kläger. Jener Teil der geforderten Beträge, der den angemessenen Mietzins übersteigt, ist hingegen als verbotene Einlagenrückgewähr einzustufen.

3.3 Der Unterschied zwischen dem ortsüblichen (allgemein marktkonformen) Mietzins und dem angemessenen Mietzins besteht darin, dass für Letzteren alle Umstände und Vorteile zu berücksichtigen sind, die für die Gesellschaft aus dem zu beurteilenden Rechtsgeschäft Bedeutung haben. Die Kläger haben in dieser Hinsicht auch konkrete Kriterien für den Fremdvergleich angeführt.

Damit ist die vom Berufungsgericht weiters als erheblich qualifizierte Frage geklärt, ob beim Drittvergleich „nur isoliert“ auf die Mietzinsanhebung oder auf das gesamte Vertragsverhältnis „abzustellen“ ist. Unter der Wendung „auf das gesamte Vertragsverhältnis abzustellen“ versteht das Berufungsgericht die Berücksichtigung „aller der Beklagten entstandenen konkreten Vorteile“.

4.1 Im Anlassfall ist damit zu klären, ob die Zinsanhebung ab dem Jahr 2009 einer Überprüfung nach § 82 GmbHG standhält, das heißt, ob das Geschäft (von einem sorgfältigen Geschäftsführer) auch mit einem anderen, unbeteiligten Dritten und bejahendenfalls auch zu den konkreten Bedingungen geschlossen worden wäre.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts auf dieselbe Fragestellung hinausläuft. Die betrieblichen Rechtfertigungsgründe für eine höhere als die ortsübliche Mietzinsanhebung münden in den Fremdvergleich. Hält die Mietzinsanhebung dem Fremdvergleich nicht stand, so liegt eine verbotene Einlagenrückgewähr vor. Die Ansicht der Beklagten, dass eine Einlagenrückgewähr im Sinn der Vorschreibung nicht allgemein marktkonformer (ortsüblicher) Mietzinse nicht betrieblich rechtfertigbar sei, ist damit unrichtig. Die Frage der Rechtfertigung ist vielmehr am Fremdvergleich nach Maßgabe der Umstände und Vorteile für die Gesellschaft aus dem konkreten Rechtsgeschäft zu messen.

Die vom Berufungsgericht als erheblich beurteilte Frage nach den möglichen Gründen der betrieblichen Rechtfertigung eines höheren als des ortsüblichen Mietzinses lässt sich allerdings nicht abstrakt beantworten, weil die aus Sicht der Gesellschaft mietzinsbestimmenden Faktoren für den Fremdvergleich von den Umständen des Einzelfalls abhängen und von der Gesellschaft vorgetragen werden müssen.

4.2 Das Erstgericht ist vom ortsüblichen Bestandzins für das Mietobjekt ausgegangen und hat daran anknüpfend auf die konkreten zinserhöhenden und zinsmindernden Kriterien aus Sicht der beklagten Gesellschaft Bedacht genommen und davon ausgehend den angemessenen, fremdüblichen Mietzins ermittelt. In diesem Sinn spricht es ausdrücklich vom angemessenen und die Besonderheiten des Falles berücksichtigenden und daher fremdüblichen Mietzins. Das Erstgericht hat seiner Entscheidung damit zutreffend den „Fremdvergleichs‑Mietzins“ zugrunde gelegt.

Für einen von den Klägern ins Treffen geführten Zuschlag für die Standortsuche besteht schon deshalb kein Raum, weil nach den Feststellungen der Filialleiter der Beklagten das in Rede stehende Ersatzobjekt ausfindig machte. Bei diesem Objekt handelte es sich um ein Betriebsgebäude, weshalb keine Errichtungskosten anfielen. Allfällige Umbau‑ und Investitionskosten dienten dazu, die vertragsgemäße Grundlage für die Vermietung des Betriebsgebäudes zu schaffen. Auf die typische Außengestaltung des Gebäudes sowie auf die Ausstattung hat das Erstgericht bei der Mietzinsermittlung Bedacht genommen. Die Geschäftseinrichtung und das Warensortiment stammt nach den Feststellungen von der Beklagten. Warum der Beklagten der Kundenstock zur Verfügung gestellt worden sein soll, ist nicht verständlich, zumal die fragliche Filiale der Beklagten bereits seit 1991 betrieben wurde. Warum „das Filialnetz im Familienunternehmen“ einen zinserhöhenden Faktor für den konkreten Standort darstellen soll, wurde nicht nachvollziehbar dargelegt.

5. Insgesamt hat das Erstgericht im Einklang mit den dargestellten Grundsätzen den für das konkrete Bestandobjekt unter Bedachtnahme auf die für die Beklagte bedeutenden Umstände angemessenen, fremdüblichen Mietzins ermittelt. Für eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage besteht damit kein Raum.

Da die Mietzinsanhebung ab dem Jahr 2009 dem Fremdvergleich nicht standhält, war in Stattgebung des Rekurses der Beklagten die Entscheidung des Erstgerichts zufolge verbotener Einlagenrückgewähr wiederherzustellen. Auf die weiteren Argumente der Beklagten, insbesondere zum Vorliegen eines unwirksamen In‑sich‑Geschäfts, muss nicht mehr eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO (iVm § 50 ZPO). Im Rechtsmittelverfahren war auf Klagsseite nur mehr die Erstklägerin beteiligt. Der Streitgenossenzuschlag gebührt daher nicht. Auch die Voraussetzungen für den verzeichneten Zuschlag nach § 21 RATG sind nicht gegeben.

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